Vor genau 30 Jahren, am 23. März 1992, notifizierte die Schweiz mittels Fernschreibens die Anerkennung Georgiens (dodis.ch/61323). Den Entscheid über die Anerkennung der Nachfolgestaaten der Sowjetunion hatte der Bundesrat bereits im Dezember 1991 gefällt (dodis.ch/57514), aber den Vollzug aufgrund der verworrenen innenpolitischen Lage in Georgien noch aufgeschoben. Mit der Überreichung des Beglaubigungsschreibens durch Botschafter Jean-Pierre Ritter beim georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern offiziell aufgenommen (dodis.ch/61191).
Die Frage der Anerkennung Georgiens stellte sich für die Schweiz indes nicht zum ersten Mal: Bereits beim Zerfall des Zarenreichs im Zuge der Russischen Revolution von 1917 bemühte sich die «Demokratische Republik Georgien» international anerkannt zu werden. Der junge Staat versuchte auch mit der Schweiz diplomatische Beziehungen aufzunehmen (dodis.ch/60566). Im Juli 1921 entschied der Bundesrat «aus prinzipiellen Gründen» Georgien nicht anzuerkennen (dodis.ch/60569). Im Februar 1921 war die Rote Armee einmarschiert und die Regierung der «Demokratischen Republik» befand sich bereits im Exil in Paris.
An ihrer statt war es dann vor 100 Jahren, im März 1922, die von Moskau installierte Räteregierung in Tiflis, die sich um die Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen mit der Schweiz bemühte (dodis.ch/44817). Der Bundesrat lehnte allerdings auch dieses Ersuchen ab (dodis.ch/60571). Mit der Gründung der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik, ihrer Eingliederung in die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik im Dezember 1922 und dem damit verbundenen Souveränitätsverlust des Landes war die Anerkennungsfrage für die nächsten 70 Jahre vom Tisch.
Die Basler Historikerin Fenja Läser befasst sich seit längerem mit der Geschichte der schweizerisch-georgischen Beziehungen. Das Ergebnis ihrer Forschungsarbeit ist ein soeben in der Zeitschrift Saggi di Dodis erschienener Artikel: «‹L’appui de la sœur aînée›? Die Schweiz, die Demokratische Republik Georgien und die Anerkennungsfrage 1918–1921» zeichnet diese spannenden Zeiten anhand zahlreicher Dokumente aus unterschiedlichen Archiven nach. Die zentralen Dokumente aus dem Bundesarchiv wurden auf Dodis publiziert, mit allen Metadaten erschlossen und können unter der Zusammenstellung dodis.ch/C2137 konsultiert werden.
Am 23. März 2022 findet dazu an der Universität Basel der Themenabend «Die Schweiz und Georgien» statt: dodis.ch/W30283.
Der Artikel von Fenja Läser steht unter dodis.ch/saggi/3-2 Open Access zum Download bereit.
Für weitere Artikel der Zeitschrift Saggi di Dodis: dodis.ch/saggi.