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New Yorker Studentenprotest gegen «Schweizer Imperialismus»

Mit Transparenten marschierte am 26. Oktober 1968 die studentische Jugend vor dem schweizerischen Generalkonsulat in New York auf. In dem Flugblatt, das die Aktivisten der Gruppe «Studenten für die Rechte Liechtensteins» verteilten, riefen sie unverblümt zum Boykott von Schweizer Käse, Schokolade und Kukuksuhren auf. Die «militaristische Politik imperialistischer Aggression» gegen das «freiheitsliebende Volk der ruhmreichen Liechtensteinischen Nation» sei vielleicht nur der Auftakt, warnten sie die Passanten: «Wir müssen die Schweizer JETZT stoppen, bevor sie auch uns angreifen» (dodis.ch/36176).

Schweizer Granaten auf Malbun

Am 14. Oktober hatte die Schweizer Armee wohl von der Festung Magletsch im St. Galler Rheintal aus versehentlich fünf Artillerie-Übungsgranaten auf benachbartes Liechtensteinisches Territorium gefeuert. Die Splitter waren beim Ferienort Malbun niedergegangen; verletzt wurde zum Glück niemand. Der peinliche Zwischenfall sorgte für eine empörte Debatte über die Respektierung Liechtensteinischer Souveränität in den Medien. Sogar die «New York Post» berichtete kurz über die Begebenheit im europäischen Zwergstaat. Die Meldung hatte den scherzhaften Aufmarsch inspiriert.

«Pille» statt Liechtenstein

Die Schweizer Botschaft in Washington liess die Urheber der humorvollen Aktion übrigens diskret überwachen. «Angesichts des Ausmasses und der Häufigkeit von Protestbewegungen an den amerikanischen Universitäten kann man nie wissen, wohin solche Manifestationen umschlagen können», berichteten die Diplomaten besorgt nach Bern. Eine für den 9. November geplante Demonstration vor der Botschaft kam schliesslich nicht zustande. Die Studentenschaft nahm stattdessen an einer Aktion liberaler Katholiken für die Empfängnisverhütung teil: die «Pille» hatte den «Schweizer Imperialismus» offenbar von der Prioritätenliste verdrängt (dodis.ch/36177).

 

Für weitere Informationen zur Haltung der schweizerischen Diplomatie gegenüber den globalen Jugendrevolten um 1968 vgl. www.dodis.ch/q9.

24. 10. 2018