Classement thématique série 1848–1945:
2. RELATIONS BILATÈRALES
2.20. SOLVAQUIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 202
volume linkBern 1997
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#4011* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 174 | |
Dossier title | Rassenfragen in der Slowakei (1942–1945) | |
File reference archive | B.34.9.05.10 • Additional component: Slowakei |
dodis.ch/47388
Unter Bezugnahme auf Ihrer Schreiben vom 18. Mai2 nebst Beilage betreffend die Vertretung schweizerischer Exportfirmen in der Slowakei beehre ich mich Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass ganz allgemein festgestellt werden muss, dass der Vertrieb schweizerischer Waren auf dem slowakischen Markte zu einem wesentlichen Teil in jüdischen Händen liegt. Dies gilt insbesondere für die Textil-, die Uhren- und die chemische Branche. Die hiesige Agentur der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung3 hat diesem Problem schon längere Zeit ihre Aufmerksamkeit gewidmet und hatte schon mehrmals, in letzter Zeit auch mit Unterstützung des Generalkonsulats, Gelegenheit, dieserhalb bei den zuständigen innern Behörden vorstellig zu werden. Die hierorts getroffenen, strengen Massnahmen gegen die Juden4 haben in der Tat für den schweizerischen Export oft nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten zur Folge, da es vielfach beinahe unmöglich ist, die branchekundigen und mit den hiesigen Verhältnissen vertrauten jüdischen Vertreter durch Arier zu ersetzen. Selbstverständlich besteht seitens slowakischer Personen grosses Interesse an der Übernahme derartiger Vertretungen, wobei jedoch gelegentlich Leute als sogenannte «Arisatoren» eingesetzt werden sollen, denen es weniger um die Wahrung der Interessen ihrer schweizerischen Auftraggeber als darum zu tun ist, die Provisionen einzukassieren.
Die Agentur der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung hat bereits auf Einladung der zuständigen Stellen eine Liste derjenigen jüdischen Vertreter eingereicht, deren Beibehaltung im Interesse der Aufrechterhaltung des schweizerisch-slowakischen Warenverkehrs als erwünscht erscheint. Diese Liste umfasst rund 40 Namen. Über das Schicksal dieser Intervention erging bis jetzt noch kein endgültiger Beschluss, ich bin jedoch mit Unterstützung der hiesigen Agentur bemüht, eine für die schweizerischen Belange befriedigende Lösung zu erzielen.
Ohne mich in die slowakische Judenpolitik einmischen zu wollen, habe ich die Absicht, diese für die gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen wichtige Frage an den kommenden schweizerisch-slowakischen Wirtschaftsverhandlungen aufzugreifen. Die Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements wurde von mir bereits in diesem Sinne kurz verständigt. Sie erhält auch einen Durchschlag dieses Schreibens zur Kenntnisnahme5.
[...]6
- 1
- Lettre: E 2001 (D) 3/174. Vertretung schweizerischer Firmen.↩
- 2
- Non reproduit.↩
- 3
- Un Délégué de l’Office suisse d’Expansion commerciale a été nommé à Bratislava, en avril 1940; il s’agit du Dr. H. Keller, 2e Secrétaire de la Chambre de Commerce suisse à Vienne. E 2200 Bratislava 1/1.↩
- 4
- Dans son rapport du 22 mai 1942, Grässli commente la loi sur les Juifs adoptée par le Parlement slovaque le 15 mai 1942: Die Aktion, die man etwas euphemistisch mit Aussiedlung bezeichnet, aber in ihrer Wirkung einer reinen Deportation gleichkommt, hat schon längst vor Erlass des oben erwähnten Verfassungsgesetzes begonnen. Es wird ihr nachträglich eine gesetzliche Grundlage gegeben, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass sich verschiedene Kreise über die Art und Weise des Vorgehens aufgehalten haben. Dass dem so ist, wird indirekt durch Reden bestätigt, die anlässlich einer Veranstaltung der Hlinka-Garde gehalten worden sind, und in deren Verlauf auch der Innenminister, Alexander Mach, das Wort ergriffen hat. Bei diesem Anlass wurden die Juden und ihre angeblichen Beschützer, sowie auch gewisse Kreise nicht näher bezeichneter hoher Beamter angegriffen. Auf dem Gebiete der Slowakei lebten insgesamt etwa 90000 Personen, die nach den Bestimmungen des Judenkodexes als Juden bezeichnet werden. Davon sind bereits etwa 30000 deportiert und zwar teilweise vor Erlass des Aussiedlungs-Gesetzes. Gegenwärtig werden fast täglich Verschickungen vorgenommen. Die Betroffenen werden vorerst in Sammellagern konzentriert und nachher nach dem Generalgouvernement verbracht, wo sie in der Industrie und in der Landwirtschaft beschäftigt werden. Sie erhalten beiliegend 2 Ausschnitte aus dem «Grenzbote» vom 17. Mai, worin die erwähnten Reden und eine deutsche Übersetzung des Gesetzes über die Juden-Aussiedlung abgedruckt sind (E 2001 (D) 3/174).↩
- 5
- Dans une notice du 19 juin 1942 au sujet de l’opportunité suggérée par Grässli de discuter avec la délégation slovaque, chargée des négociations commerciales, de la question des effets négatifs de la déportation de Juifs slovaques et notamment de ceux qui représentent des produits suisses en Slovaquie, sur les relations commerciales entre les deux pays, on lit: Eine Behandlung der Angelegenheit vor dem Plenum kommt deshalb nicht in Betracht, weil es sich um eine Frage innerpolitischer Natur handelt, die von den Slowaken auch durchaus als eine solche gewertet wird. Herr Grässli nimmt sich jedoch vor, die Angelegenheit beiläufig und in offiziösen Rahmen zur Sprache zu bringen. Nach der Ansicht des Politischen Departements befragt, antworte ich weisungsgemäss, dass gegen eine derartige inoffizielle Behandlung dann keine Bedenken bestünden, wenn der Schein vermieden werde, dass es sich dabei unsererseits um eine Einmischung in innere slowakische Verhältnisse handle (E 2001 (D) 3/174). La notice est signée: Lacher. Sur la négociation commerciale du 20 juin au 9 juillet 1942, cf. E 2001 (D) 3/174 et E 2001 (D) 3/233.↩
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