Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
B. AVEC LES ÉTATS EUROPÉENS NON LIMITROPHES
6. Grande-Bretagne
6.2. Affaires économiques
Également: PVCF No 29 du 9.1.1940 (CH-BAR#E1004.1#1000/9#13557*).
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 220
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110-01#1973/134#84* | |
Old classification | CH-BAR E 7110-01(-)1973/134 15 | |
Dossier title | Kreditverhandlungen und Verhandlungen über ein Zahlungsabkommen (1939–1940) | |
File reference archive | 2110 |
dodis.ch/46977
Rapport du Délégué du Conseil fédéral aux accords commerciaux, P. Keller1
ZAHLUNGSABKOMMEN MIT GROSSBRITANNIEN.
1. Allgemeines. In den Wirtschaftsverhandlungen mit Grossbritannien sind drei Fragenkomplexe zu behandeln2:
1. Importfragen: Hier handelt es sich darum, trotz der scharfen britischen Einfuhrbeschränkungen der schweizerischen Produktion genügende Absatzmöglichkeiten auf dem britischen Markt zu sichern.
2. Exportfragen: Hier geht es darum, die Versorgung der Schweiz mit Rohstoffen und Fertigfabrikaten, die traditionsgemäss aus dem United Kingdom und dem britischen Weltreich bezogen wurden, auch während des Krieges sicherzustellen und diese Bezüge dort zu steigern, wo andere Lieferantenländer infolge des Krieges ausfallen.
3. Fragen des gegenseitigen Zahlungsverkehrs, die uns hier im besondern beschäftigen.
Alle drei Fragenkomplexe bilden zusammen eine Einheit. Ohne eine Übereinstimmung auf allen 3 Gebieten kann kein befriedigendes Ergebnis der Verhandlungen erreicht werden. Sowohl bei der Behandlung der Import- wie der Exportfragen ist die Schweiz in der Stellung des Fordernden, während in der beabsichtigten Neuordnung des Zahlungsverkehrs England an die Schweiz Zumutungen stellt, deren Erfüllung als schweizerische Konzession gewertet werden müsste.
2. Britische Vorschläge. Am 1. Dezember 1939 machte das Treasury Department
a) vom 1.12.39. einen Vorschlag für ein Zahlungsabkommen, der in diesem Kreise eingehend diskutiert worden ist und der aus folgenden Überlegungen als unannehmbar betrachtet wurde:
1. Die ganze Konstruktion des Vorschlages liess die vorgeschlagene Lösung als eine Kreditierung der britischen Kriegsmaterialkäufe in der Schweiz erscheinen, was gegen unsere Neutralitätsgesetzgebung verstösst.
2. Der Nationalbank würde ein Kursrisiko, ja sichere Kursverluste zugemutet, die sie nicht tragen kann.
Das Resultat unserer damaligen Beratungen war: es solle versucht werden, durch das Angebot einer Kreditöffnung durch eine schweizerische Bankengruppe an eine englische Bankengruppe um das vorgeschlagene Zahlungsabkommen herumzukommen. In diesem Sinne hat der Bundesrat der Verhandlungsdelegation neue Instruktionen erteilt.
Die Verhandlungsdelegation hat schriftlich und mündlich den schweizerischen Standpunkt vertreten. Die Engländer haben die schweizerische Kreditofferte wohl als Versuch eines schweizerischen Entgegenkommens anerkannt, sie jedoch als nicht ihren Absichten entsprechend abgelehnt. Die Engländer treiben eine planvolle Politik des £-Schutzes. Sie wollen den freien Markt für englische £ schliessen. Sie wollen vor allem durch zweiseitige Zahlungsabkommen den Eingang des Gegenwerts ihrer Ausfuhren in fremder Währung (Fr) sicherstellen und zugleich den Partner zu vermehrten Käufen im £-Kreis veranlassen, was nichts anderes heisst als: sie wollen einen möglichst hohen Teil ihrer notwendigen Auslandskäufe mit britischen Waren bezahlen. Da ihnen bis heute sowohl die Gesetzgebung wie vor allem auch der notwendige Apparat für eine umfassende Devisenkontrolle und Devisenbewirtschaftung fehlen, versuchen sie, ihr Ziel durch bilaterale Abkommen zu erreichen. Dieses Vorgehen hat vor einer generellen und einseitigen Regelung den Vorteil, der Elastizität, welche gewisse Anpassungen an die besonderen Verhältnisse in den Beziehungen zu einem bestimmten Partner gestattet. So ist im Währungs- und Zahlungsabkommen mit Frankreich überhaupt kein Bartransfer mehr vorgesehen; nach den über das britisch-schwedische Zahlungsabkommen vorliegenden Nachrichten werden die Einzahlungen für den gesamten Warenverkehr auf ein Sonderkonto gemacht. Der neue britische Vorschlag an die Schweiz scheint einige wichtige Bestimmungen zu enthalten, die in den Abkommen mit ändern Staaten wohl kaum enthalten sein werden. Auf meine Frage, ob Grossbritannien ändern Staaten gleichlautende Vorschläge für ein Zahlungsabkommen unterbreiten werde, erhielt ich die Antwort: «ähnliche Vorschläge; wir haben im neuen Vorschlag an die Schweiz versucht, der schweizerischen Kritik an unserem 1. Vorschlag gerecht zu werden.»
b) vom 20.12.39. Zum neuen Vorschlag vom 20. Dezember 1939 ist auf Grund der stattgefundenen Besprechungen folgendes zu sagen:
1. Es handelt sich nicht um einen ausgearbeiteten Vertragsentwurf, sondern um eine rasche Skizzierung der britischen Absichten in « broad lines». Der neue Entwurf ist durch den ersten in mancher Hinsicht (Verwendung der gesperrten £, Geltungsbereich) zu ergänzen.
[...]3
Zusammenfassend kann der neue britische Vorschlag wie folgt charakterisiert werden:
Die britischen Zahlungen an die Schweiz erfolgen zum offiziellen Kurs in englischen Pfunden auf ein Sonderkonto. Die Schweizerische Nationalbank zahlt dagegen in Franken an die schweizerischen Exporteure aus.
Die Schweiz disponiert von diesem Sonderkonto für Zahlungen in den £-Kreis. Die Saldi auf dem Sonderkonto sind durch Gold in ihrem Kurswert gesichert.
Der Saldo zu Gunsten der Schweiz auf Sonderkonto soll 5 Mill. £ nicht übersteigen; überschiessende Zahlungen können in Gold gefordert werden.
3. Notwendige Schweiz. Massnahmen. Ein britisch-schweizerisches Zahlungsabkommen im vorgeschlagenen Sinne würde auf schweizerischer Seite eine gesetzliche Ordnung notwendig machen, welche für sämtliche Leistungen, die aus der Schweiz nach dem £-Kreis für jene im 1. britischen Vorschlag angeführten Zwecke zu machen sind, den Kauf von Pfunden bei der Nationalbank oder den von ihr autorisierten Banken zum offiziellen Kurs vorschreibt.
4. Wirtschaftspolitische Würdigung. Eine kurze wirtschaftspolitische Würdigung ergibt:
1) Es handelt sich um ein Teilclearing mit fester Kursbasis.
2) Im Verkehr der Schweiz mit dem £-Kreis tritt kein schweizerischer Verlust
3) Da Grossbritannien diese Regelung nicht durch einen allgemeingültigen einseitigen Akt, sondern über zweiseitige Abkommen durchsetzen will, besteht die Möglichkeit, dass einzelne Länder von dieser Regelung nicht ergriffen werden, d.h. weiterhin mit £ zum freien Marktkurs wirtschaften können. Überall dort, wo die schweizerische Wirtschaft mit solchen Ländern in Konkurrenz steht, wird sich ein «handicap» des schweizerischen Exporteurs, der britische Rohstoffe teurer kaufen muss, zeigen. Dieses handicap ist heute nicht abzuschätzen. Wir kennen weder die künftigen Zahlungsabkommen Grossbritanniens noch die künftigen Differenzen zwischen dem offiziellen und freien Marktkurs für Pfunde.
4) Es scheint mir aber notwendig zu sein, auf die britischen Vorschläge einzutreten und sie an all ihren Seiten durchzuberaten. Wir stehen vor Vorschlägen, die noch nicht so weit ausgearbeitet sind, dass keine Einflussnahme von unserer Seite mehr möglich wäre. Jedenfalls müssen wir in der grundsätzlichen Frage zu einer Stellungnahme zu Händen das Bundesrates kommen4.
- 1
- (Copie): E 7110 1973/134/15.↩
- 2
- Cf. Nos 208, 211, 212, 215 et 219.↩
- 3
- Suit un résumé de la proposition britannique. Au centre de cette proposition se trouve le vœu, die schweizerische Nationalbank möge (wie bis zum Jahre 1931) £ als durch Gold gesicherte Anlage in London stehen haben.↩
- 4
- Cf. le document reproduit en annexe.↩
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