Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. DIE SCHWEIZ UND DER VÖLKERBUND
1. Abrüstung und Waffenhandel
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 403
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1535#1005* | |
Dossier title | Attitude de la Suisse (1924–1932) | |
File reference archive | B.56.13.7.4 |
dodis.ch/45420
Wir beehren uns, mit nachstehenden Ausführungen auf Ihr Schreiben vom 12. April betreffend die Ratifikation der von der Konferenz für die Kontrolle des internationalen Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial im Jahre 19252 aufgestellten Texte zurückzukommen.
In dem Ihrem Schreiben beigegebenen Berichte der Generalstabsabteilung wird zunächst der Standpunkt vertreten, dass mit der Ratifikation des Gaskriegprotokolls zugewartet werden sollte, bis das Protokoll von sämtlichen europäischen Staaten ratifiziert sein wird und wir selbst genügende Vorbereitungen für den Gaskrieg getroffen haben werden. Diese Auffassung wird unter anderm damit begründet, dass es in der Schweiz kaum verstanden würde, wenn wir dieses Protokoll ratifizierten, dessen ungeachtet jedoch die Rüstungen für den Gaskrieg fortsetzen würden.
Wir fragen uns, ob dieser Erwägung nicht ein Missverständnis zugrunde liege. Gemäss dem Schlussabsatze des Protokolls sollen dessen Bestimmungen nur gelten zwischen denjenigen Staaten, die dem Protokolle beigetreten sind. Rechtlich besteht somit kein Zweifel darüber, dass Rüstungen der einzelnen Staaten für den Gaskrieg zulässig bleiben, auch nachdem sie das Protokoll ratifiziert haben. Es will uns sogar scheinen, dass die Rechtfertigung ihrer Rüstungen für den Gaskrieg denjenigen Staaten leichter fallen wird, die ihrerseits diese Ratifikation vollzogen haben. Sie werden umso eher darauf hinweisen können, dass es nicht in ihrer Macht liegt, dem Protokoll universelle Anerkennung zu verschaffen, dass aber die Gefahr des Gaskrieges nach wie vor besteht, solange einzelne Staaten dem Protokolle fern bleiben. Da die schweizerische Delegation bekanntlich seinerzeit sehr aktiv an der Aufstellung des Gaskriegprotokolls mitgewirkt hat3 und da es auch nach der Auffassung Ihres Departements ausserordentlich wünschenswert wäre, wenn das im Protokoll niedergelegte Verbot allgemeine Geltung erlangte, würden wir besonderen Wert darauf legen, wenn schweizerischerseits die Ratifikation der Vorlage nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden müsste.
Unseres Erachtens wäre es durchaus möglich, die Ratifikation des Gaskriegprotokolls getrennt von der Ratifikation des Übereinkommens betreffend die Kontrolle des internationalen Waffen- und Munitionshandels vorzunehmen. Wir hätten es allerdings begrüsst, die Ratifikation auch dieses Übereinkommens, wenigstens durch Ausarbeitung der erforderlichen Botschaft an die Räte, vorzubereiten. Der Bundesrat hat bekanntlich seinerzeit beschlossen, das Übereinkommen unterzeichnen zu lassen, in der Meinung, dass dessen Ratifikation «erst dann vorgenommen werden soll, wenn die wichtigeren an der Produktion von Waffen, Munition und Kriegsmaterial beteiligten Staaten ihrerseits die Konvention endgültig annehmen». In der an die Räte zu richtenden Botschaft wäre also gegebenenfalls darauf hinzuweisen, dass die Ratifikation durch den Bundesrat erst nach Erfüllung dieser Voraussetzung erfolgen wird. Sollten Sie indessen die von der Generalstabsabteilung am Schluss ihres Berichtes erwähnte Auffassung teilen, dass als weitere Voraussetzung für die Ratifikation dieses Übereinkommens auch noch das Inkrafttreten einer Konvention über die Fabrikation von Waffen, Munition und Kriegsmaterial treten müsse, so dürfte es als verfrüht erscheinen, mit unsern Vorschlägen schon heute an die Bundesversammlung heranzutreten.
Wir wären Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie den vorstehend berührten Fragen Ihre nochmalige Aufmerksamkeit widmen wollten.