Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS BILATERALES ET LA VIE DES ETATS
II.17. Liechtenstein
II.17.1. L’accord douanier
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 58
volume linkBern 1988
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1504#76* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(B)1000/1504 5 | |
Dossier title | Zollvertrag mit Liechtenstein. Chemise III. Allgemeine Korrespondenz. siehe: B.14.2.Liecht.2.(27) B.14.2.Liecht.5 (1927) B.14.2.Liecht.2 (1926) (1920–1923) | |
File reference archive | B.14.24.P.4.3 |
dodis.ch/44700
Im Frühling 1919 hat die Regierung des Fürstentums Liechtenstein bei der Zolldirektion Chur die Frage des Zollanschlusses aufgeworfen2, in dem Sinne, dass Liechtenstein seine politische Verfassung beibehalten und nur mit Bezug auf die Zollordnung eine Verbindung mit der Schweiz eingehen würde. Die fürstliche Regierung hat alsdann die Angelegenheit in Verbindung mit dem eidg. Politischen Departement weiter verfolgt.3 Die Verhandlungen führten schliesslich zu der Konferenz vom 23./24. Januar 1920, wo die gegenseitigen Beziehungen der beiden Länder besprochen wurden.4
Die Konferenz fand in Bern unter dem Vorsitz von Hrn. Minister Dinichert statt. Die Zollverwaltung war vertreten durch Hrn. Zollkreisdirektor Vögeli in Chur. An der Spitze der liechtensteinischen Delegation stand der fürstliche Gesandte in Wien, Prinz Eduard Liechtenstein. Dieser erklärte, dass das wichtigste ihrer Begehren der Zollanschluss an die Schweiz sei. Nur bei einem Zollanschluss an die Schweiz könne das Land, das sich in einer sehr schwierigen Lage befinde, wieder gesunden. Die ändern Begehren und Wünsche wie Post-, Telegraphen- und Telephonanschluss, Aufnahme eines Anleihens in der Schweiz behufs Einführung der Frankenwährung fallen erst in zweiter Linie in Betracht. Die Verhandlungen mit Deutsch–Österreich um Gewährung von Erleichterungen für die Warenausfuhr aus Liechtenstein seien nicht zu einem befriedigenden Abschluss gelangt, indem liechtensteinische Waren von seiten Österreichs mit dem Generalzolltarif belastet würden.
Seitens der schweizerischen Delegierten konnten selbstverständlich keine verbindlichen Zusicherungen im Namen des schweizerischen Bundesrates abgegeben werden. Es konnte sich nur darum handeln, zu einer erschöpfenden gegenseitigen Aussprache zu gelangen und die Wünsche der Liechtensteiner Vertreter zur Prüfung und Berichterstattung an den Bundesrat entgegenzunehmen.
Am 16. Februar 1920 hat dann der fürstliche Landesverweser auf Grund eines vom Landesfürsten genehmigten Beschlusses des liechtensteinischen Landtages beim Bundesrat das Ersuchen gestellt5, Verhandlungen wegen Abschluss eines Zollvertrages zwischen der Schweiz und dem Fürstentum einzuleiten unter Berufung auf die am 23./24. Januar in Bern gepflogenen Besprechungen. Es wurde dabei namentlich betont, dass das Fürstentum und seine Bewohner infolge des katastrophalen Niedergangs der bisher im Lande geltenden Kronenwährung den Wunsch hegen, möglichst bald zur Frankenwährung überzugehen und dass für diese Währungsänderung ein Zollanschluss an die Schweiz von grossem Vorteil sei. Gleichzeitig wurde das weitere Ersuchen gestellt, in nächster Zeit eine schweizerische Kommission abzuordnen, um die lokalen Verhältnisse einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und eine Übersicht zu gewinnen, wie sich die Personalverhältnisse gestalten werden.
Auf Grund eines Berichtes und Antrags des politischen Departements hat dann der Bundesrat am 22. März 19206 die Bereitwilligkeit ausgedrückt, die gegenseitigen Beziehungen zwischen dem Fürstentum und der Schweiz vertraglich zu regeln. Gleichzeitig wurde das Finanz- und Zolldepartement beauftragt, alle mit dem Abschluss eines Zollanschlussvertrages mit dem Fürstentum Liechtenstein zusammenhängenden Fragen zu prüfen und ermächtigt, eine Kommission nach Liechtenstein abzuordnen mit der Aufgabe, die örtlichen Verhältnisse mit Bezug auf Personalerfordernisse und Lokalbedürfnisse für die Grenzbewachung zu prüfen.
Diese Grenzbereinigung hat vom 23. bis 30. Mai 1920 unter der Leitung des Oberzolldirektors stattgefunden.7 Am 24. und 25. Mai ist die offene Grenze von Schaanwald bis an den Rhein begangen worden, während vom 26. bis 30. Mai die Berggrenze von den drei Schwestern bis zum Naafkopf besichtigt wurde.
Auf Grund dieser Besichtigung beehren wir uns, Ihnen folgenden Bericht abzugeben.Land, Leute, Behörden und wirtschaftliche Verhältnisse.
Das Fürstentum Liechtenstein hat einen Flächeninhalt von 157,8 km2. (Kanton Appenzell Innerrhoden 159 km2) und wies laut Volkszählung von 1913 eine Einwohnerzahl von 10716 Personen auf, die fast ausschliesslich katholischer Konfession sind. Gegenwärtig soll die Bevölkerung etwas unter 10000 Seelen betragen. Hauptort ist Vaduz mit ca. 1200 Einwohnern.
Der grösste Teil des Landes ist Gebirgsland. Das Flachland liegt im Rheingelände. Eine schöne Strasse durchzieht das Ländchen von Balzers bis Schaan. Querstrassen und vier gedeckte Holzbrücken verbinden das Land mit der Schweiz. Daneben besteht die Eisenbahnlinie Feldkirch–Buchs, welche dem Freistaat Deutsch–Österreich gehört. Mit Ausnahme der Dörfer Triesenberg & Planken liegen alle Dörfer in der Rheinebene, die Orte Mauren und Schellenberg an den Abhängen des Eschnerberges. Die Talebene die in der grössten Breite sich bis 5 km vom Rheine ins Land erstreckt, ist fruchtbar. Hier wird Wiesen-, Acker-, Obst- und Weinbau betrieben. Als Hauptnahrungsmittel werden neben Gemüsen Mais und Kartoffeln gepflanzt, weniger Weizen und Roggen.
Die Verfassung ist eine monarchisch-repräsentative. Sie stammt aus dem Jahr 1862 und wurde in den Jahren 1878, 1895, 1901 und 1918 teilweise abgeändert. An der Spitze des Staates steht der Fürst von Liechtenstein, der Sprosse eines alt adeligen Geschlechtes. Der gegenwärtige Fürst, Johann der II., wohl einer der reichsten Grundbesitzer, wohnt meistens in Wien oder zu Eisgrub in Mähren, und es wird das Fürstentum schon seit langen Jahren von einem Landesverweser verwaltet.
Der Landesverweser ist der Chef der fürstlichen Regierung und des Landesschulrates. Der Regierung, die ihren Sitz in Vaduz hat, gehören noch an: 2 Landräte, 2 Stellvertreter und 1 Sekretär. Diese 5 Beamten werden vom Fürsten auf 6 Jahre ernannt; der Regierung unterstehen der Kassenverwalter, der Landesphysikus, der Landestechniker, der Forstinspektor und der Landestierarzt.
Als Berufungsbehörde gegen Entscheide der Regierung besteht eine politische Rekursinstanz in Wien, die aus drei vom Fürsten ernannten Mitgliedern besteht.
Im Jahre 1920 funktionnierte als Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein, ein Vetter des regierenden Fürsten. Prinz Karl wurde dann für längere Zeit beurlaubt und die Landesverwesung wurde dem Hrn. Dr. J. Peer, Richter am Verwaltungsgerichtshof in Wien, übertragen. Die Ernennung dieses Beamten, die ohne Begrüssung des Landtages geschah, hat in Liechtenstein grosse Erregung hervorgerufen. Wie wir übrigens in den letzten Tagen gelesen haben, ist Hr. Dr. Peer von seinem Amt zurückgetreten und es ist seither der liechtensteinische Regierungssekretär zum Landesverweser ernannt worden.
Die gesetzgebende Behörde ist der Landtag. Er besteht aus 15 Mitgliedern und 5 Ersatzmännern. Von den Landtagsabgeordneten werden 3 vom Fürsten ernannt, die übrigen zwölf vom Volke gewählt. Die Wahl erfolgt auf die Dauer von vier Jahren.
Der Landtag genehmigt den Voranschlag, bewilligt die Steuern und entscheidet über die Aufnahme von Landesanleihen. Die Einberufung erfolgt jährlich einmal durch den Fürsten auf die Zeit vom 15. bis 30. Oktober.
Neben dem Landtag besteht der Landesausschuss von 3 Mitgliedern, dem Präsidenten des Landtages, zwei Landtagsabgeordneten und zwei Ersatzmännern. Dem Landesausschuss liegen ob die Prüfung der Landeskassenrechnung, die Vorberatung der vom Landtage erhaltenen Aufträge und die Einberufung ausserordentlicher Landtagssitzungen.
Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt:
vom Landgericht in Vaduz, dem ein geprüfter Landrichter vorsteht als erster Instanz,
vom Appellationsgericht in Wien mit drei geprüften Richtern als zweiter Instanz, und vom Oberlandesgericht Innsbruck mit 5 Mitgliedern, die geprüfte Richter sein müssen. Das gerichtliche Verfahren in zweiter und dritter Instanz ist in der Regel nur schriftlich.
Die Leitung des Schulwesens ist dem Landesschulrat übertragen, der unter Vorsitz des Landesverwesers aus 5 Mitgliedern besteht.
Kirchlich gehört das Fürstentum zum Sprengel der Diözese Chur. Es bildet ein eigenes Kapitel mit einem bischöflichen Landesvikar.
Seit 1868 leisten die Liechtensteiner keinen Militärdienst mehr.
Den grössten Reichtum des Landes bilden die zahlreichen Alpen im Saminatal und dessen beiden Nebentälern (Malbun- und Valorschtal) sowie im Gemeratal. Diese Alpen bilden die Grundbedingung für die beträchtliche Viehzucht des Fürstentums.
Auch die grossen und schönen Wälder, die Tannen, Föhren, Lärchen, weniger Laubholz aufweisen, liefern schöne Erträgnisse, sodass das Land Nutz- und Bauholz ausführen kann. Brennholz hat es für sich genügend. In den Steinbrüchen von Balzers wird ein ausgezeichneter Baustein gewonnen. Auch reiche Gipslager sind vorhanden.
In Vaduz und Triesen befinden sich eine grössere Baumwollspinnerei und drei mechanische Baumwollwebereien. In guten Zeiten beschäftigten diese von Schweizern geleiteten Fabriken 650 Arbeiter & Arbeiterinnen.
In Eschen bildet die Maschinenstickerei einen nennenswerten Erwerbszweig. Es sind vorhanden 40 Handmaschinen und eine Schifflistickmaschine.
Mehrere Sägereien versorgen das Land mit Brettern und Bauholz und führen diese beiden Artikel in grösseren Mengen aus.
Die Bevölkerung des Fürstentums ist arbeitsam, hat aber teilweise unter den moralischen Einflüssen des Krieges stark gelitten. Viele Liechtensteiner und Liechtensteinerinnen wandern jährlich aus, um als Maurer, Gipser, Waldarbeiter, Dienstmädchen etc. namentlich in der Schweiz ihr Brot zu verdienen und Ersparnisse zu machen. Andere gehen täglich in die Schweiz zur Arbeit.
Infolge des Waldreichtums, des Wein- und Obstbaues, der einträglichen Viehzucht und der Verdienstmöglichkeiten in den bestehenden Fabriken und Sägereien sowie in der benachbarten Schweiz ist die Kaufkraft Liechtensteins eine ordentliche. Die Liechtensteiner kaufen die Lebensmittel, soweit ihre Eigenproduktion den Bedarf nicht deckt, in der Schweiz und liefern dafür Eier, Gemüse, Häute, Felle, Torf, Bau- und Nutzholz und auch Brennholz. Von Österreich wurden vor dem Kriege hauptsächlich bezogen Konfektionswaren, Wollgewebe, Schuhe und landwirtschaftliche Werkzeuge und Maschinen, Mehl, Salz und Zukker, dafür wurde hauptsächlich Vieh nach Österreich ausgeführt.
Seitdem der Zollvertrag mit Österreich aufgelöst ist erfolgt die Lieferung des Viehes nach der Schweiz. Im Jahre 1919 wurden aus Liechtenstein, dessen Viehstand während der Kriegsjahre zurückgegangen ist, nach der Schweiz ausgeführt ca. 400 Stück Rindvieh und 90 Schafe im Werte von ca. Frs. 350000.–.
Die Steuern im Lande sind mässige, hauptsächlich weil die von Österreich bezahlte Zollquote einen grossen Teil der Ausgaben zu decken vermochte, und auch weil der Landesfürst an Kirchen- und Schulhausbauten jeweilen aus seinem Privatvermögen grössere Summen spendete. Seit 1919 ist die Einnahme aus der Zollquote dahingefallen, und Liechtenstein muss sich nach neuen Einnahmequellen umsehen.
Im Fürstentum besteht nur ein Bankinstitut in Vaduz. Dieses soll vor dem Kriege an Bankdepositen etwas über 5 Millionen aufgewiesen haben, während des Krieges stiegen sie auf 18 Millionen. Laut Zählung vom 7./8. März 1920 waren im Lande vorhanden 22 Millionen Kronen, ebenso viel soll in den österreichischen Banken angelegt sein. Infolge des niedrigen Kronenkurses sind aber bedeutende Werte verloren gegangen, sodass das Liechtensteinervolk gezwungen ist, von vorn anzufangen und zu sparen.
Gegenwärtig wird in Liechtenstein, das offiziell immer noch die österreichisehe Kronenwährung hat, nur in Franken gehandelt. Ärzte, Apotheker, Handwerker, Händler, Wirte und Landwirte verlangen Bezahlung in Franken, und die Arbeiter erhalten ihren Lohn demgemäss auch in Franken ausbezahlt.
Für die Berechnung des mutmasslichen Zollertrages für das liechtensteinische Gebiet nach Massgabe des schweizerischen Zolltarifs fehlt fast jedes statistische Material. Wie schon erwähnt, pflanzt Liechtenstein nicht genügend Nahrungsmittel, um den eigenen Bedarf zu decken. Nach einer unvollständigen Statistik bezog Liechtenstein aus dem Auslande:
[...]8
Über die Einfuhr anderer Waren nach Liechtenstein, von denen namentlich die Einfuhr von Eisen, Eisenwaren, landwirtschaftlichen Werkzeugen und Maschinen sowie von Geweben, Konfektion und Schuhwaren eine ganz beträchtliche sein muss, fehlen nähere Angaben.II.
Der Zollvertrag.
Da die Zollverwaltung vom Bundesrat auch mit den Vorarbeiten betreffend Abschluss des Zollvertrages betraut wurde, hat sie dieselben sofort an die Hand genommen und einen Vertragsentwurf ausgearbeitet. Da die Zollorgane nicht bloss den Zollbezug an der Grenze besorgen, sondern zugleich auch den Vollzug von zahlreichen Bundesgesetzen übernommen haben, deren Vorschriften beim Überschreiten der Zollgrenze gehandhabt werden müssen, so muss das Fürstentum den Vollzug dieser Gesetze an seiner Grenze ohne weiteres zulassen.
Der ursprünglich von der Zollverwaltung aufgestellte Vertragsentwurf ist den beteiligten Departementen zur Begutachtung vorgelegt worden, und auf Grund der eingegangenen Bemerkungen wurde alsdann der Entwurf bereinigt. Nachträglich sind vom Justizdepartement Aussetzungen gemacht worden und es wurde eine teilweise Umarbeitung des Entwurfes verlangt. Diese Umarbeitung hat alsdann stattgefunden und ergab als Resultat den beiliegenden Vertragsentwurf. Die von der Zollverwaltung aufgestellten zollrechtlichen Bestimmungen sind im allgemeinen beibehalten worden. Hingegen haben einzelne Artikel, namentlich betreffend die in Liechtenstein anwendbare Bundesgesetzgebung sowie betreffend den Gerichtsstand der Beamten und Angestellten Abänderungen erfahren. Wir werden bei den einzelnen Vertragsartikeln auf die Abänderungen zu sprechen kommen.
Der Vertrag zerfällt in 7 Abschnitte:
1. Allgemeine Bestimmungen,
2. Die in Liechtenstein anwendbare Bundesgesetzgebung,
3. Der Zolldienst,
4. Das Zollpersonal,
5. Verfolgung und Bestrafung von Widerhandlungen gegen die in Liechtenstein anwendbare Bundesgesetzgebung,
6. Finanzielle Leistungen des Bundes an das Fürstentum,
7.Übergangs- und Schlussbestimmungen.
Unter Abschnitt 1 gibt Art. 1 zu Bemerkungen nicht Anlass.
Zu Art. 2 fügen wir bei, dass das Fürstentum beabsichtigt, die Frankenwährung einzuführen, wodurch die gegenseitige Anwendung der Frankenwährung bei Bezahlung von Abgaben, Entschädigungen oder Bussen selbstverständlich wird.
Die Anwendbarkeit der in Art. 4 und 7 erwähnten Gesetze und Verträge wird den schweizerischen Zentralbehörden viele Arbeit verursachen, wobei die vermehrte Inanspruchnahme der mit der Ausführung dieser Gesetzgebung betrauten eidg. Behörden (Zoll- & Volkswirtschaftsdepartement, Departement des Innern) namentlich in Betracht fällt. Um in diesen Verkehr Erleichterungen zu schaffen, ist die Bestimmung aufgenommen worden, dass Korrespondenzen zwischen den eidg. und fürstlichen Behörden vom diplomatischen Weg ausgenommen werden und auf dem direkten Korrespondenzweg erledigt werden können, sofern sie die Ausführung der in Liechtenstein anwendbaren Bundesgesetzgebung beschlagen.
Dieser Artikel sieht vor, dass die Bestimmungen der Zollgesetzgebung sowie die gesamte Bundesgesetzgebung, bei deren Ausführung die Zollverwaltung mitzuwirken hat, oder deren Vollziehung ihr noch übertragen wird, im innern Verkehr des Fürstentums in gleicher Weise gehandhabt werden wie in der Schweiz, da angesichts der stattfindenden Verlegung der Zollgrenze diese Gesetzgebung in der Schweiz selbst zum grössten Teil illusorisch gemacht würde, wenn sie in Liechtenstein nicht in ihrer Gesamtheit angewendet würde. Mit Bezug auf diese Gesetzgebung kommt dem Fürstentum die gleiche Rechtsstellung zu wie einem schweizerischen Kanton (Art. 6.).
Gemäss Art. 5 müssen die Vorschriften betreffend die Fremdenpolizei an der schweizerisch-liechtensteinischen Grenze gehandhabt werden. Was die Frage anbetrifft, wie es sich gegenüber Liechtenstein mit der vom Bund an die Kantone nach Massgabe der Bundesgesetzgebung zu leistenden Beiträgen verhält, so sind wir der Ansicht, dass eine innere Berechtigung der liechtensteinischen Staatsangehörigen auf diese Beiträge nicht besteht. Solche Entschädigungen sind z.B. vorgesehen in Art. 26/27 des Bundesgesetzes betr. Tierseuchen mit Bezug auf die den Viehbesitzern zu leistenden Entschädigungen für die ihnen durch verschiedene Tierseuchen erwachsenden Schäden und für die den Kantonen erwachsenden Kosten aus der Durchführung von Schutzimpfungen; ferner in Art. 8 des B. G. betreffend gemeingefährliche Epidemien, wonach der Bund den Kantonen die Hälfte der Auslagen ersetzt, die ihnen aus der Durchführung der Absonderungs- und Desinfektionsmassnahmen erwachsen sind; ferner in Art. 12 des B. G. betr. Förderung der Landwirtschaft vom 22. Dezember 1893 und Art. 54 ff der Vollziehungsverordnung dazu mit Bezug auf die den Kantonen aus der Bekämpfung der Reblaus erwachsenden Kosten. Hierher gehören auch die Betreffnisse, die den Kantonen aus der Verteilung der Reineinnahmen der Alkoholverwaltung zukommen; auch hier sind wir der Ansicht, dass ein Grund für Verabfolgung des Anteils der Reineinnahmen der Alkoholverwaltung nicht besteht, da seitens der Kantone Einsprachen zu gewärtigen wären und dadurch das Abrechnungsverfahren nach Mitteilungen der Alkoholverwaltung stark kompliziert würde. Immerhin könnte dem Umstand, dass diese Entschädigungen nicht ausgerichtet werden, in der Festsetzung des jährlichen Beitrages an das Fürstentum Rechnung getragen werden. Wir werden bei Art. 33 auf diesen Punkt zurückkommen.
Der Abschluss einer Zollunion mit Liechtenstein hat jedoch nicht nur zur Folge, dass die beiden Staaten nach innen ein Staatsgebiet werden, soweit die Zollgesetzgebung und die Gesetzgebung in Frage steht, bei deren Vollzug die Zollorgane mitwirken, sondern dass die beiden Länder mit Bezug auf die Zollund Handelspolitik auch nach aussen als eine Einheit auftreten. Dieses Verhältnis kommt in Art. 7 und 8 des Entwurfs zum Ausdruck. Wie von den Delegierten des Fürstentums versichert wurde, ist der Zollanschlussvertrag mit Österreich gekündigt worden und befindet sich ausser Kraft.
Die Gesetzgebung, die von Liechtenstein übernommen werden soll, ist eine äusserst umfangreiche, indem nicht nur die Gesetze, sondern auch die dazu gehörigen Vollziehungsverordnungen, Regiemente und Ausführungsbeschlüsse in Liechtenstein Geltung haben müssen. Es wird daher längere Zeit dauern, bis das neue Recht sich eingelebt hat, und es werden deswegen von Anfang an Friktionen unvermeidlich sein. Um von vornherein über die Anwendung der Gesetze und Vorschriften Klarheit zu schaffen, soll in einer Anlage zum Vertrag jedes einzelne Gesetz, nebst allen Ausführungsbeschlüssen und Verordnungen genau angegeben werden. In gleicher Weise soll es gehalten werden mit Bezug auf die Handelsund Zollverträge, die von Liechtenstein übernommen werden müssen. Auch diese sollen in einer Anlage zum Vertrag genau aufgeführt werden. Dies wird in Art. 9 stipuliert. Die Anlage I ist indessen noch nicht aufgestellt, weil die Departemente über die aufzunehmenden Gesetze und Vorschriften erst befragt werden müssten und die Antworten noch nicht eingetroffen sind. Wir werden Ihnen die beiden Anlagen in einigen Tagen zusenden. Wir erwähnen, dass in Anlage I die Gesetze und Verordnungen über nachfolgende Gegenstände Aufnahme finden werden:
Alkohol, Absinth, Brieftauben, Ein-, Durch- & Ausfuhrverbote, Epidemien, Fischerei, Jagd- & Vogelschutz, Handelsstatistik, Kontrolle der Gold- & Silberwaren, Kunstwein, Lebensmittelpolizei, Mass & Gewicht, Patenttaxen für Handelsreisende, Zündhölzchen & Pulverregal.
Neue Gesetze sowie Ergänzungen und Abänderungen der in Anlage I7 erwähnten Bundesgesetzgebung und der in Anlage II9 erwähnten Staatsverträge müssen vom Bundesrat der Regierung des Fürstentums mitgeteilt und öffentlich bekannt gemacht werden. Auch die Bestimmungen der zu übernehmenden Gesetze und Verordnungen müssen vor dem Inkrafttreten des Vertrages auf geeignete Weise veröffentlicht werden. Dies ist in den Artikeln 9 und 10 festgelegt.
Der Abschnitt 3 behandelt den Zolldienst.
Derselbe ist an der liechtensteinischen Grenze der Zolldirektion Chur unterstellt (Art. 11), was sich aus der geographischen Lage des Landes ergibt. Da bei der Grenzbegehung festgestellt wurde, dass die Grenzvermarchung nicht überall deutlich genug durchgeführt ist, wurde in Art. 12 die Bestimmung aufgenommen, dass da, wo es von der schweizerischen Zollbehörde als notwendig befunden wird, der Verlauf der Grenze durch die fürstliche Behörde sichtbar gemacht werde.
Die im Fürstentum zu errichtenden Zollämter werden als «schweizerische Zollämter im Fürstentum Liechtenstein» bezeichnet und mit den Wappen der beiden Länder versehen (Art. 13.). Zollämter und Grenzwachtposten werden im Einvernehmen mit der fürstlichen Regierung von der schweizerischen Oberzolldirektion festgesetzt (Art. 14).
Es hat sich gezeigt, dass für den Bahndienst nur am Bahnhof Nendeln ein Zollamt errichtet werden kann. Dann muss die vor Nendeln liegende Haltestelle in Schaanwald aufgehoben werden. Es wird Sache der liechtensteinischen Regierung sein, sich hierüber mit der österreichischen Staatsbahn zu verständigen (Art. 15).
Im übrigen sollen Zollämter in Schaanwald und Ruggell errichtet werden; für die Kosten der Zollhäuser in diesen Ortschaften hat die liechtensteinische Regierung aufzukommen, ebenso auch für die Kosten des zu erstellenden Revisionsund Zollschuppens am Bahnhof Nendeln. Die Auslagen für die Ausstattung der Diensträume, für die Heizung und Beleuchtung derselben fallen zu Lasten der schweizerischen Zollverwaltung, wie dies auch bei ändern Zollämtern der Fall ist (Art. 16).
Auch für die Kosten der Unterbringung des Grenzwachtpersonals hat die schweizerische Zollverwaltung aufzukommen (Art. 17). Falls jedoch in einer Ortschaft die Beschaffung der Unterkunft auf Schwierigkeiten stossen sollte, so ist vorgesehen, dass die fürstliche Regierung die Unterkunfträume zu beschaffen hätte, wogegen die Zollverwaltung den üblichen Mietzins entrichtet (Art. 17).
Da nach Art. 54 des Zollgesetzes die kantonalen Polizeiorgane verpflichtet sind, das eidg. Zollpersonal in Ausübung seiner Funktionen nach Möglichkeit zu unterstützen, ist diese Beistandspflicht in Art. 18 auch für die liechtensteinischen Behörden stipuliert worden.
Im 4. Abschnitt werden die Dienstverhältnisse des schweizerischen Zollpersonals geregelt. Bezüglich des schweizerischen auf liechtensteinischem Boden stationierten Personals ist wie selbstverständlich Unterstellung in allen Dienstangelegenheiten unter die schweizerischen Zollbehörden vorgesehen (Art. 19), und für das Grenzwachtkorps wird das Tragen der Dienstuniform und Bewaffnung Vorbehalten (Art. 20). Der fürstlichen Regierung wird indessen von den Pesonalzuteilungen Kenntnis gegeben und allfällige Bedenken gegen die Stationierung eines Angestellten im Fürstentum sowie auch begründete Begehren um Versetzung sollen berücksichtigt werden (Art. 21). Art. 22 stipuliert die Befreiung der schweizerischen Beamten und Angestellten, sofern sie Schweizerbürger sind, von Steuern- und Personalleistungen mit Ausnahme der indirekten Steuern und der Grundsteuern. Diese Vorschrift trifft selbstverständlich nicht zu für liechtensteinische Staatsangehörige, die im schweizerischen Zolldienst angestellt werden (s. Art. 26).
Die Art. 23–25 regeln den Gerichtsstand für die in Liechtenstein stationierten schweizerischen Beamten und Angestellten.
In Analogie mit zahlreichen Verhältnissen unserer auf ausländischem Gebiet gelegenen Zollämter (z.B. Konstanz, Singen, Waldshut, Luino und Domodossola), wo überall der ausländische Gerichtsstand in zivilen und Strafangelegenheiten für unser Personal Vorbehalten wurde, war im ursprünglichen Entwurf auch das liechtensteinische Gericht als zuständig erklärt worden. Das Justizdepartement hat indessen die vorgesehene Regelung der zivilrechtlichen Verhältnisse des im Fürstentum stationierten eidgen. Personals, wonach die Beamten dem liechtensteinischen Privatrecht und der liechtensteinischen Gerichtsbarkeit unterstehen, als unhaltbar erklärt. Dieser Standpunkt wird damit begründet, dass in appellabeln Sachen ein eidg. Beamter, solange der Justizvertrag mit Österreich in Kraft besteht, vor dem Oberlandesgericht in Innsbruck sein Recht suchen müsste, während nach Ablauf dieses Vertrages das Urteil des Landgerichtes Vaduz endgültig wäre. Auf Scheidung klagen könnte der schweizerische Beamte überhaupt nicht, weil das in Liechtenstein geltende österreichische bürgerliche Gesetzbuch die Scheidungsklage nicht kennt.
Wir bemerken, dass dieselben Verhältnisse auch für das schweizerische Zollamt Luino (Italien) zutreffen, wo sich zur Zeit 15 Beamte und Angestellte befinden. Auch dieses Personal muss allfällige zivile Streitigkeiten vor dem italienischen Gericht zum Austrag bringen, auch für dieses Personal ist eine Ehescheidung nicht möglich, weil sie nach dem italienischen Gesetz ausgeschlossen ist. Wir geben indessen zu, dass die vom Justizdepartement vorgesehene Lösung für unser Personal vorteilhafter ist, und sind mit der vorgeschlagenen Lösung einverstanden.
Im vorliegenden Entwurf wird die Frage des Gerichtsstandes in der Weise geregelt, dass für das in Liechtenstein stationierte schweizerische Personal die Exterritorialität beansprucht wird, wobei der ordentliche Gerichtsstand in Buchs begründet wird. Auch mit Bezug auf die Strafgerichtsbarkeit wird das in Liechtenstein stationierte Zollpersonal dem St. Gallischen Strafrecht unterstellt, soweit nicht das Militärstrafgericht in Betracht fällt. Die Aburteilung würde durch das Bezirksgericht Werdenberg erfolgen. Diesem Bezirksgericht muss daher gestattet werden, auf liechtensteinischem Boden Verfahrenshandlungen vorzunehmen und die fürstlichen Behörden sind zur Gewährung von Rechtshülfe verpflichtet. Diese Verhältnisse finden sich in diesem Sinne in den Art. 23 & 24 geregelt.
Für die Angehörigen des Grenzwachtkorps, die gemäss Art. 54 des Zollgesetzes unter dem Militärstrafgesetz stehen, bleibt die militärgerichtliche Abwandlung Vorbehalten und die Organe der schweizerischen Militärjustiz sind berechtigt, zur Verfolgung solcher Handlungen das Gebiet des Fürstentums zu betreten und daselbst Amtshandlungen vorzunehmen.
Art. 26 behandelt die Frage der Einstellung von liechtensteinischen Staatsangehörigen in den schweizerischen Zolldienst. Dabei ist zu bemerken, dass die Aufnahme von Liechtensteinern ins eidg. Grenzwachtkorps ausgeschlossen ist. Nicht nur kann von der Vorschrift, wonach die Grenzwächterpostulanten eine schweizerische Rekrutenschule bestanden haben müssen, nicht abgegangen werden, sondern gemäss Art. 13, Ziffer 5 der Militärorganisation hat der Bundesrat das Recht, über das Grenzwachtkorps zu Kriegszwecken zu verfügen. Es erscheint ohne weiteres klar, dass unter diesen Umständen Ausländer im Corps keinen Platz finden können.
Immerhin sieht die Zollverwaltung kein Hindernis, dass nicht einige wenige Liechtensteiner als Zivileinnehmer oder Aufseher in den Schweiz. Zolldienst eingestellt werden. Über die Zuteilung dieses Personals muss aber die Zollverwaltung verfügen können und es ist ausgeschlossen, dass die als Aufseher oder Beamte zu verwendenden Liechtensteiner im eigenen Lande angestellt werden, da darauf Bedacht zu nehmen ist, das Personal in möglichst unabhängige Verhältnisse zu stationieren. Dieser Grundsatz wird auch bei Einstellung der eigenen Landsleute befolgt.
Der 5. Abschnitt enthält die Vorschriften betr. Verfolgung und Bestrafung von Widerhandlungen gegen die in Liechtenstein anwendbare Bundesgesetzgebung. Solche Widerhandlungen werden nach Massgabe des Bundesgesetzes betr. das Verfahren bei Übertretung fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze vom 30. Juni 1849 verfolgt und beurteilt, sofern in der Bundesgesetzgebung dieses Verfahren vorgesehen ist. Als Appellationsinstanz wird das Kantonsgericht des Kantons St. Gallen, als Kassationsgericht der Kassationshof des Schweiz. Bundesgerichtes bezeichnet (Art. 27). Widerhandlungen, die nicht nach dem Bundesgesetz über das Fiskalstrafverfahren abgeurteilt werden, sondern den kantonalen Gerichten zugewiesen sind, werden ebenfalls durch das fürstliche Landgericht beurteilt. Gegen die Urteile des letztem ist die Appellation an das Kantonsgericht St. Gallen unter Anwendung des St. Gallischen Strafprozessrechtes zulässig.
Mit Bezug auf die Verfolgung der Widerhandlungen werden den fürstlichen Behörden hinsichtlich Strafbefugnis und Bussenanfall die gleichen Rechte und Pflichten eingeräumt wie den kantonalen Behörden (Art. 29). Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit des Schweiz. Bundesstrafgerichts, soweit sie nach Massgabe der im Fürstentum geltenden Bundesgesetzgebung Anwendung findet (Art. 30). Auch für die Vollstreckung der Strafen, welche auf Grund der im Fürstentum anwendbaren Bundesgesetzgebung ausgesprochen werden, kommt dem Fürstentum die gleiche Rechtsstellung zu wie einem schweizerischen Kanton (Art. 31).
Gemäss Art. 32 steht das Begnadigungsrecht in den nach eidg. Recht zu beurteilenden Strafsachen den eidg. Behörden zu. Diese Vorschrift bildet allerdings einen erheblichen Eingriff in das Souveränitätsrecht des Fürsten. Aber eine andere Lösung ist nicht denkbar. Denn die Übertragung des Begnadigungsrechtes an die Bundesversammlung ist die logische Folge des Zollvertrages und des dadurch bedingten Verzichtes des Fürsten auf einen Teil der Souveränität.
Der 6. Abschnitt enthält die Bestimmungen über die finanziellen Leistungen des Bundes an das Fürstentum. Es ist ausserordentlich schwierig, den richtigen Anteil des Landes an den Zolleinnahmen festzustellen. Nach unserer Ansicht wäre dasjenige Vertragssystem das richtige, das auf der Verteilung der Zolleinkünfte nach der Konsumkraft eines jeden Staates begründet ist. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, die Konsumkraft jedes Teils zu bemessen, besonders auch deswegen, weil letztere grossen Schwankungen unterworfen ist und in Liechtenstein statistische Aufzeichnungen hierüber gänzlich fehlen. Man ist daher genötigt, die am wenigsten anfechtbare Verteilungsweise anzuwenden. Es ist jene aus der Bevölkerungszahl.
Wenn wir die Bevölkerungsziffern der Schweiz mit den Erträgnissen der Eingangszölle vergleichen, so ergeben sich für die Periode von 1908/1913 pro Kopf der Bevölkerung folgende Belastungsziffern:
[...]10
Diese Ziffern sind in den Jahren 1918 & 1919 auf Frs. 10.80 bezw. Frs. 15.81 gesunken, haben indessen im Jahre 1920 bereits wieder die Höhe von beinahe Frs. 25.– erreicht. Wir glauben daher annehmen zu dürfen, dass wir mit einer Durchschnittsbelastung von Frs. 20.– per Kopf rechnen können. Die gleiche Konsumkraft in den beiden Ländern vorausgesetzt, würde das für Liechtenstein mit einer ungefähren Einwohnerzahl von 10000 Seelen einen Betrag von Frs. 200000.– ausmachen.
Im Hinblick auf die ganz landwirtschaftlichen Verhältnisse des Füstentums muss aber gegenüber der Schweiz eine um ca. 25% reduzierte Konsumkraft angenommen werden. Wir glauben daher mit einer Beitragsquote von Frs. 150000 inklusive Beitrag aus den Einnahmen der Alkoholverwaltung das Richtige getroffen zu haben.
Sollten indessen die Mehrauslagen für die Grenzbewachung auf den von der Schweiz zu leistenden Beitrag angerechnet werden, so würde sich letzterer noch ganz erheblich reduzieren.
Gemäss Art. 34 ist die Festsetzung des in Art. 33 genannten Beitrages von neuem vorzunehmen, wenn von einem der beiden Vertragsschliessenden Teile mindestens ein Jahr vor Ablauf einer vom Inkrafttreten dieses Vertrages an zu berechnenden 3 jährigen Periode ein bezügliches Begehren gestellt wird.
Der 7. Abschnitt enthält die Übergangs- und Schlussbestimmungen. Damit die erwähnten Teile der Bundesgesetzgebung in Liechtenstein Anwendung finden können, bedarf es noch einer Reihe liechtensteinischer Ausführungsbestimmungen, wie für diese Gesetzte in allen Kantonen auch kantonale Ausführungsbestimmungen aufgestellt sind. Bevor diese Ausführungsbestimmungen erlassen sind, die sich allerdings an kantonale Ausführungsgesetze anlehnen können, kann der Vertrag nicht in Kraft gesetzt werden. Diese Ausführungsbestimmungen bedürfen der Genehmigung des Bundesrates (Art. 35).
Über die Vorschriften des Art. 36 besteht eine Kontroverse zwischen dem Zoll- und dem Justizdepartement. Letzteres ist nämlich der Ansicht11, dass der Vertrag nicht in Kraft treten kann, ohne dass diejenigen Länder, mit denen die Schweiz Handelsverträge abgeschlossen hat, ihre Zustimmung zur Ausdehnung der Wirksamkeit dieser Verträge auf das Fürstentum Liechtenstein erteilt haben. Das Justizdepartement hat in dieser Richtung ausgeführt, dass nach Abschluss des Vertrages die beiden Länder auch nach aussen als eine Einheit auftreten, indem sie dem nämlichen Handels- und Zollvertragsrecht unterliegen müssen. Der Vertragsentwurf bestimmt denn auch in Art. 7, dass die beiden Staaten dem nämlichen Handels- und Zollvertragsrecht unterstehen. Nach Ansicht des Justizdepartementes liegt es nun nicht im Ermessen des Bundes, die schweizerischen Handelsverträge auf das Fürstentum anwendbar zu erklären, vielmehr hätten die Gegenkontrahenten der Schweiz hiezu das entscheidende Wort zu sagen. Es wären daher, bevor der Vertrag in Kraft tritt, Erklärungen aller derjenigen Staaten einzuholen, die mit der Schweiz Handelsverträge abgeschlossen haben, dass sie gegen die Ausdehnung dieser Verträge auf das Fürstentum nichts einzuwenden haben.
Obwohl wir nun zugeben, dass es formell nicht einzig im Ermessen des Bundes und des Fürstentums liegt, die schweizerischen Handelsverträge auch für das Fürstentum anwendbar zu erklären, dass vielmehr auch die Gegenkontrahenten hiezu gehört werden müssen, legen wir diesem Punkt keine grosse Bedeutung bei und glauben, dass wir ruhig den Schritt wagen dürfen ohne die Gegenkontrahenten anzufragen.
Denn die Handelsverträge mit den wichtigsten Staaten sind gekündigt, so z. B. die Verträge mit Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Jugoslavien, Spanien, der Tschechoslovakei, mit Russland und Griechenland.
Es müssen demgemäss innerhalb kurzer Frist Verhandlungen mit den genannten Staaten eingeleitet werden behufs Abschluss neuer Verträge, wobei dann, falls bis dahin der Zollanschluss noch nicht zustande gekommen ist, ein Vorbehalt in den Vertrag aufgenommen werden kann. Es sind auch nur diese Staaten, welche ebenfalls ein Interesse am Eintritt des Fürstentums in die Zollunion mit der Schweiz haben könnten. Bei den übrigen nicht erwähnten Vertragsstaaten erscheint irgendwelches Interesse am Vertrage direkt ausgeschlossen. Wir sind unter diesen Umständen der Ansicht, dass eine Befragung unserer Gegenkontrahenten unnötig ist. Wir machen auch darauf aufmerksam, dass im Handelsvertrag mit Deutschland (s. Art. 10) die Bestimmung aufgenommen ist, dass der Vertrag sich auf alle mit einem der Vertragsschliessenden Teile gegenwärtig oder künftig zollgeeinten Länder oder Gebiete sich erstreckt. Eine ähnlich lautende Bestimmung findet sich in Art. 15 des schweiz.-österreichischen Handelsvertrages vor. Eine Befragung dieser beiden am meisten interessierten Länder fällt damit zum vornherein dahin.
Die Frage, ob die Schweiz ihre Zoll- und Handelsverträge mit dritten Staaten nur nach Einholung der Zustimmung dieser letztem auf Liechtenstein ausdehnen könne, ist dann auch Herrn Prof. Max Huber zur Begutachtung vom völkerrechtlichen Standpunkt aus vorgelegt worden.12 In seinem beiliegenden Rechtsgutachten kommt Herr Prof. Huber zu einem verneinenden Schluss, hält aber dafür, dass in das Abkommen mit Liechtenstein eine Klausel aufzunehmen wäre, durch die sich die Schweiz ihre aus bestehenden Verträgen resultierenden Verpflichtungen vorbehält.
Hr. Prof. Huber ist der Ansicht, dass die Frage wohl ein Interesse habe mit Bezug auf unsere Nachbarschaft. Mit dem Deutschen Reich und mit Österreich ist jedoch die Frage vertraglich im Sinne unserer Auffassung geregelt. Gegenüber Frankreich kann auf die französische Praxis verwiesen werden, indem das Fürstentum Monaco in zollpolitischer Beziehung ohne weitere Mitteilung von Frankreich einfach absorbiert wurde. Was Italien anbelangt, so ist jedenfalls sicher, dass dieses Land seine Verträge immer stillschweigend auf San Marino ausgedehnt hat.
Wir können uns den Ausführungen des Herrn Prof. Huber anschliessen, der zum Schlüsse gelangt, dass wir auf Grund des Abkommens mit Liechtenstein ohne weiteres unsere Zoll- und Handelsverträge auf das zollgeeinte Gebiet ausdehnen und es darauf ankommen lassen können, ob einer unserer Gegenkontrahenten Einsprache erhebt. Durch Einholung der Zustimmung würde die Schweiz ohne Not ihre günstige Rechtsstellung aufgeben.
Zum Vertrage müssen alsdann Ausführungsbestimmungen erlassen werden, was in Art. 37 stipuliert wird.
Sodann wird in Art. 38 vorgesehen, dass zur Verhinderung der spekulativen Wareneinfuhr in der Übergangszeit, namentlich mit Bezug auf die hochbelasteten Warenartikel wie Tabak und Alkohol, auf Verlangen der Zollbehörde von der fürstlichen Regierung Sicherungsmassregeln angeordnet werden können.
Art. 40 enthält die Vertragsdauer und die Vorschriften betr. Kündigung. Durch gegenseitiges Einverständnis können Abänderungen am Vertrage auch ohne Kündigung vereinbart werden.
Art. 41 und 42 enthalten die Bestimmungen über die Ratifikation und den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages.III.
Personalerfordernis, Unterkunft.
Mit Bezug auf die Zahl des zur Überwachung notwendigen schweizerischen Personals hat sich bei Prüfung der Verhältnisse folgendes ergeben.
Grenzbewachungsposten sind vorgesehen in Steg, Triesenberg, Planken, Schaanwald, Bienzen, Mauern, Hinterschellenberg, Ruggell und Nendeln. Überdies erweist es sich als notwendig, die an der bündnerisch-vorarlbergischen Grenze gelegenen Grenzwachtposten Schiers und Seewies um je einen Mann zu verstärken. In Nendeln, wo ein Bahnzollamt vorgesehen wird, ist an Zivilpersonal ein Zivileinnehmer und ein Aufseher erforderlich. Der Gesamtpersonalbedarf würde für einstweilen auf einen Beamten, einen Aufseher und 48 Unteroffiziere und Grenzwächter ansteigen, total also 50 Mann. Das jetzt an der liechtensteinisch-schweizerischen Grenze stehende Grenzwachtpersonal von Jenins bis Salez beträgt 38 Mann, die beim Vorschieben der Grenzbewachung an die liechtensteinische Grenze frei würden. Die nötige effektive Personalverstärkung würde somit 12 Mann betragen, was einen Auslageposten von ca. Frs. 60000.– ausmacht.
Mit Bezug auf die Unterkunftsverhältnisse wurde festgestellt, dass in Schaanwald und Ruggell Zollhäuser mit einem Zollamt und je 3 Mietwohnungen für das Zollpersonal errichtet werden müssen, während in Nendeln für den Zollabfertigungsdienst am Bahnhof ein Zollbureau samt Revisionsraum zu erstellen wäre. Für die Kosten dieser Neubauten hätte das Fürstentum aufzukommen. Die Unterbringung des Personals an den übrigen Posten kann in Mietwohnungen geschehen.
Die schweizerischen Nebenzollämter Haag, Buchs-Strasse, Sevelen, Trübbach und Luziensteig müssen für die Dauer der Zollunion aufgehoben werden. Bei der bestehenden Wohnungsnot wird es nicht schwierig sein, diese Gebäude zu vermieten.IV. Schlussbemerkungen.
Mit diesen Ausführungen erachtet die Zollverwaltung die ihr seinerzeit durch Bundesratsbeschluss vom 26. März 192013 gestellte Aufgabe als durchgeführt. Da es sich um den Abschluss eines Staatsvertrages handelt, sind wir der Ansicht, dass die weitere Behandlung dieser Angelegenheit in den Geschäftskreis des Politischen Departements gehört, welches das Begehren des Landes vor dem Bundesrat zu vertreten hat. Es wird in erster Linie Sache des Bundesrates sein, zu entscheiden, ob grundsätzlich der Abschluss einer Zollunion mit Liechtenstein befürwortet wird. Ist dies der Fall, so wäre alsdann über die zwischen dem Zollund dem Justizdepartement bestehende Kontroverse zu befinden, ob die einzelnen Staaten, mit denen die Schweiz Handels- und Zollverträge abgeschlossen hat, ihre Zustimmung zu geben haben, oder ob die Schweiz einseitig ohne Rücksicht auf die bestehenden Verträge Liechtenstein in ihr Zollgebiet einschliessen kann.
Was die Voraussetzungen für die Zollunion anbetrifft, so scheinen uns die geographischen Vorbedingungen erfüllt zu sein, und es ist auch eine gewisse Gleichartigkeit der Bevölkerung der beiden Staaten in Sitten und Gewohnheiten vorhanden, was in gleicher Weise für das sprachliche Moment gilt. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass zwischen den Bevölkerungen der beiden Staaten Verwandschaftsbande bestehen, zumal die älteste Bevölkerung des Landes ein rätoromanischer Stamm und mit den Bündnern nahe verwandt ist. Viele Namen von Orten, Flurbezirken, Bergen, Alpen und Flüssen klingen fremdartig und deuten auf romanischen oder rätischen Ursprung.
Es ist Sache der politischen Behörden, zu beurteilen, ob und welcher Zusammenhang besteht zwischen der geplanten Zollunion und dem Anschluss des Landes Vorarlberg an die Schweiz. Wie festgestellt werden konnte, ist das Fürstentum mit dem Lande Vorarlberg seit langen Zeiten eng verwachsen.
Wie oben schon bemerkt wurde, ist der Zollanschlussvertrag mit Österreich gekündet worden und befindet sich ausser Kraft. Österreichische Zollbeamte befinden sich nicht mehr auf liechtensteinischem Gebiet. Die Verhandlungen mit Deutsch–Österreich um Gewährung von Erleichterungen für die Warenausfuhr aus Liechtenstein nach Deutsch–Österreich sind nicht zu befriedigendem Abschluss gelangt. Liechtenstein wird für Wareneinfuhr nach Deutsch–Österreich mit den Zollansätzen des Generalzolltarifs belastet. Dieser Zustand ist für das Fürstentum unhaltbar. Das kleine Land, dessen hauptsächlichste Einnahme bis anhin in der von Österreich bezahlten Zollquote bestanden, bedarf dringend neuer Einnahmen, die man durch Abschluss des Zollvertrages zu erlangen sucht. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass für den Abschluss des Vertrages mit der Schweiz auch der Wunsch bestimmend war, die seit undenklichen Zeiten bestehenden freundnachbarlichen Verhältnisse, die namentlich während der verflossenen Kriegszeit sich wieder neu bewährt haben, immer inniger zu gestalten.
- 1
- E 2001 (B) 4/5.↩
- 2
- Au sujet de cette première démarche du gouvernement de la Principauté du Liechtenstein, par lettre du Dr Beck à la Direction des Douanes à Coire, du 1er mai 1919, cf. E 6350 (B) 3/317.↩
- 3
- Sur ces contacts, cf. DDS 7/1, nos 406, 409, 422, 426, 443, 449.↩
- 4
- Pour les procès-verbaux de séance et les rapports relatifs à ces négociations, cf. E 6350 (B) 3/317.↩
- 5
- Cette lettre non reproduite est signée: Karl Prinz Liechtenstein.↩
- 6
- // s’agit de laproposition du Département politique adressée au Conseil fédéral le 22 mars 1920 (E 1001.1); la décision du Conseil fédéral a été prise le 26 mars (E 1004 1/274, no1103).↩
- 7
- Sur cette visite, cf. E 6350 (B) 3/317.↩
- 8
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/44700. Pour le tableau, cf. dodis.ch/44700. For the table, cf. dodis.ch/44700. Per la tabella, cf. dodis.ch/44700.↩
- 9
- Non reproduite.↩
- 10
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/44700. Pour le tableau, cf. dodis.ch/44700. For the table, cf. dodis.ch/44700. Per la tabella, cf. dodis.ch/44700.↩
- 11
- Pour le rapport du DJPdu 29 novembre 1920 etson projet de convention douanière du 18 janvier 1921, cf. E 2001 (B) 4/5.↩
- 12
- Cf. n“ 29.↩
- 13
- E 1004 1/274, no1103.↩
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