dodis.ch/43223 Der schweizerische Handelsagent in Shanghai, M. Winteler, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departementes, E. Müller1
handschriftlich Shanghai, 7. Mai 1913
Auf die am 2. Mai erfolgte Anerkennung der chinesischen Republik seitens der Vereinigten Staaten hin regte ich eine Versammlung von Vertretern der hiesigen Schweizerkolonie an, um auf diesem Wege zu erfahren, wie man auch anderweits über diese Frage der Anerkennung denkt2. So wie die Dinge heute liegen, drängte sich mir die Überzeugung mehr und mehr auf, dass, falls die Schweiz überhaupt die chinesische Republik anerkennen will, jetzt der richtige Moment wäre, es zu tun. Ich möchte mich aber selbst von dem Vorwurf, der Angelegenheit eventuell eine unnötige Wichtigkeit beizumessen, frei wissen u. lud infolgedessen - in Ermangelung eines Schweizervereins - die beiden Vorstände der «Helvetia» (Unterstützungsverein) und des schweizerischen Schützenvereins, zusammen mit einigen weiteren Schweizern ein, die Frage gemeinsam zu discutieren. Von den anwesenden zwölf Leuten traten nach gewalteter Discussion zehn für die sofortige Anerkennung ein; zwei waren dagegen, der eine unter der Begründung, die Angelegenheit betreffe die hiesigen Schweizer überhaupt nicht; es genüge, wenn der Handelsagent dazu Stellung nehme; der andere meinte, allerdings im Gegensätze zur Versammlung, die Handelsagentur hätte damit nichts zu tun.
Die Versammlung erklärte sich als repräsentativ u. hat mir vorgeschlagen, der zuständigen Stelle wie folgt zu telegraphieren.: «Appuyé par réunion représentant Colonie Suisse recommande reconnaissance immédiate république Winteler», was denn auch in dieser Form geschehen ist.
Mit mir war die grosse Mehrheit einig, dass der Schritt in diesem Momente für die schweizerischen Interessen nur von Nutzen sein könnte; einen Nachteil konnte keiner der Anwesenden erblicken. Nach den gefallenen Voten war man allgemein der Ansicht, dass eine Anerkennung mit oder, was wahrscheinlicher, nach den fünf Mächten ohne Eindruck bleiben müsse.
Ihre klare und präzise Antwort lässt keine weitere Discussion zu. Gemäss Ihrer Depesche werde ich Ihnen die Wahl des Präsidenten telegraphisch übermitteln.