Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
11. Espagne
11.1. Traité de commerce
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 85
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E13#1000/38#537* | |
Old classification | CH-BAR E 13(-)1000/38 100 | |
Dossier title | Kündigung des Handelsvertrages durch Spanien am 27.01.1891; Übereinkunft vom 25.01.1892 betr. die Verlängerung des Vertrages bis 30.06.1892 [AS, 12, 644]; Akten der Bundesversammlung; Unterhandlungen über einen neuen Handelsvertrag (1891–1892) |
dodis.ch/42495
Nachdem der offizielle Empfang seitens der Königin3 und die in unmittelbarem Gefolge stehenden wichtigsten Formalitäten erledigt sind, wurde unsere Delegation gestern im Bureau des Staatsministers, Duc de Tetuan, der spanischen Kommission für die Vertragsunterhandlungen vorgestellt.
Wir hatten Gelegenheit, schon vorher auf privatimem Wege mit dem Chef derselben, Herrn Navarro Reverter, Secretär des Finanzministeriums, Fühlung zu nehmen und die Ideen dieser Herren gegenüber unserer Sache einigermassen kennen zu lernen. Die erste, gemeinschaftliche Sitzung fand nun heute Nachmittag um 2 Uhr statt.
Herr Navarro Reverter, zum Präsidenten ad hoc ernannt, versichert uns der Sympathien seiner Regierung zur Schweiz und gab dem Wunsche Ausdruck zu einem Vertrage zu gelangen, der den Handel zwischen beiden Ländern hebe, wobei insbesondere auch darauf Bedacht genommen werden müsse, dass der Verkehr mehr direkte Gestalt annehmen müsse, statt des bisherigen Charakters eines Transitverkehrs. Nachdem die freundlichen Gesinnungen unserseits erwiedert waren, übermittelten wir auftragsgemäss der spanischen Kommission unseren Vertrags-Entwurf, sowie die aufgestellten Tarif Begehren und stellten das grundsätzliche Verlangen, dass die Verhandlungen auf Grundlage der Meistbegünstigung geführt werden.
Die Antwort, die uns auf diesen Punkt ertheilt wurde, lautete categorisch dahin, dass über diesen Punkt eine Discussion nicht möglich sei, wie uns übrigens die spanische Regierung schon anlässlich ihres Einladungsschreibens bestimmt erklärt habe.4 Darüber sei an Hand gemachter Erfahrung nicht nur die Regierung, sondern auch der spanische Handel völlig einer Meinung. Immerhin würde an die Stelle der allgemeinen und bedingungslosen Meistbegünstigung die gegenseitige Verpflichtung treten, auf dem Boden des Conventionaltarifs kein Land gegenüber dem anderen zu begünstigen. Auf unsere Zwischenfrage, wie es gehalten werden soll, wenn einem dritten Staate (beispielsweise Frankreich) dennoch die allgemeine Meistbegünstigungsclausel zugestanden werden sollte, wurde erwidert, es mache dies keine Schwierigkeit sich gegen diese Eventualität zu sichern, indem man eine Bestimmung in den Vertrag aufnehme, «durch welche gegenseitig diejenigen Vorteile zugesichert werden, die später einem dritten Staate eingeräumt werden.» Diesen Eröffnungen setzten wir die Erklärung gegenüber, dass wir Kraft unserer bestimmten Instruktion von der Meistbegünstigungsclausel nicht abgehen können und dass solches auch von Seite unserer Regierung nicht zu erwarten sei.
Dabei wollen wir nun aber Ihnen, Herrn Bundesrath gegenüber, unsere Meinung offen dahin aussprechen, dass die Erlangung der Meistbegünstigungsclausel im Sinne der bisherigen Verträge unmöglich sein wird. In diesem Geiste haben sich nicht nur der Präsident des Ministeriums (Canovasdel Castillo), der im übrigen uns günstig gesinnt scheint, sowie der Minister des Auswärtigen ausgesprochen, sondern es stehen auch die englischen und schwedischen Unterhändler vollkommen unter dem Eindruck dieser Unmöglichkeit.
In eine weitere Berathung der Punkte unseres Vertragsentwurfes und der Tarifbegehren konnte die spanische Kommission heute selbstverständlich noch nicht eingehen, machte sich aber verbindlich, die beiden Actenstücke zu prüfen und in der nächsten Sitzung zu discutieren und es wurde hiefür den Sonntag 1. Mai, vm. 10 Uhr, angesetzt. Am Schluss der Sitzung kam der Präsident auf den schon Eingangs dieses Berichtes erwähnten Punkt zurück, nämlich den Verkehr zwischen der Schweiz und Spanien vertragsgemäss zu einem mehr directen zu gestalten, indem die Regierung hierauf einen grossen Werth lege. Herr Navarro Reverter sagte, er könne hierüber bestimmte Anträge noch nicht stellen, sondern müsse selbst die Sache noch näher studieren; seine Absicht gehe im allgemeinen dahin, den Verkehr mit der Schweiz von dem Zwischenhandel mit Frankreich und von dem Transit durch dieses Land möglichst unabhängig zu machen und die Transportkosten als einen wichtigen Factor der Concurrenzfähigkeit durch alle Mittel zu vermindern. Als ein solches Mittel betrachtet er namentlich auch die Instradierung über den Seeweg Barcelona–Genua, wobei eventuell eine Subvention der spanischen Schiffe seitens der hiesigen Regierung in Aussicht genommen würde. Wir baten unsererseits um nähere und bestimmtere Formulierung dieses Gedankens, ohne uns von vorneherein ablehnend dagegen zu verhalten.
An das Departement richten wir nun die höfliche Bitte, uns alles Material, welches über die Transportverhältnisse Schweiz–Genua Aufschluss gibt, beförderlichst einzusenden (Gotthardverträge und schweizerisch-italienische Tarife).
Bezüglich der schwebenden Unterhandlungen mit England und Schweden-Norwegen haben wir in Erfahrung gebracht, dass dieselben noch immer mangels neuer Instruktionen aus diesen Staaten in suspenso sind. Auch bleibt noch zu erwähnen, dass in einer gestrigen Conferenz die spanische Kommission auf dessen im Namen seiner Regierung gestellten Anfrage die positive Antwort ertheilte, es werde Spanien in keinem Vertrage mehr irgend einem Staate die Meistbegünstigungsclausel zugestehen.
- 1
- Le Conseil fédéral nomma E. Welti, ancien conseiller fédéral, en qualité d’envoyé extraordinaire et ministre plénipotentiaire auprès de la cour d’Espagne chargé des négociations commerciales, cf. PVCF u 25 mars 1892 (E 1004 1/168, no 1428).↩
- 2
- Lettre: E 13 (B)/253.↩
- 4
- Cf. PVCF u 22 décembre 1891 (E 1004 1/167, no 5647).↩
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