Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
1. Bilaterale Verhandlungen
1.1. Der Handelsvertrag mit Frankreich
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 130
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.41-02#1000/1671#944* |
Old classification | CH-BAR E 2200.41-02(-)1000/1671 348 |
Dossier title | Handel (01.01.1878–01.01.1881) |
File reference archive | 2/78 |
dodis.ch/42109 Der Vorsteher des Eisenbahn- und Handelsdepartements, J. Heer, an den schweizerischen Gesandten in Paris, J. K. Kern1
Ich habe Ihnen bisher auf Ihre sehr interessanten u. wichtigen Berichte vom 20.2 & 23. März3 nicht geantwortet, weil ich im Grunde nicht wusste, was ich antworten sollte. Wenn es in Wahrheit Frankreichs Absicht ist, im ganzen Laufe des Jahres 1878 die Verhandlungen wegen der Vertrags-Erneuerung nicht zu eröffnen, so werden wir daran nichts ändern können; aber ich muss, im Anschlüsse an früher Gesagtes, wiederholen, dass eine Verschiebung von solcher Ausdehnung für die Schweiz eine ausserordentlich fatale Lage schafft. Die nationalräthl[iche] Commission, welche sich mit dem Zolltarif zu beschäftigen hatte, hat in diesen Tagen ihre Arbeit vollendet u. sich dabei im Wesentlichen ganz auf den Standpunkt der bundesräthl[iche] Vorlage u. des Ständerathsbeschlusses gestellt4, so dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten darf: es werde der neue Tarif in der Junisession durch übereinstimmenden Beschluss beider Räthe ungefähr in der bekannten Gestalt zu Stande kommen5; allerdings noch Vorbehalten die Volksabstimmung. Wenn aber auch diese dem Werke günstig ausfällt, so läge kein weiterer Grund vor, die Inkraftsetzung über den 1. Jan[uar] 1879 hinaus zu vertagen, u. wie sehr unsere Finanzen die baldige Aufschliessung dieser neuen Quelle erheischen, ist Ihnen sattsam bekannt. Ich bitte Sie, sich diese Situation gegenwärtig zu erhalten u. danach Ihre Schritte zu bemessen; ich zweifle doch noch daran, ob Frankreich, wenn wir insistieren, sich absolut auf der Negative halten wird, sobald wir das Begehren darauf beschränken, dass etwa im September od. meinetwegen im October die Verhandlungen beginnen sollen. Wird man dann auch vor Jahresschluss nicht fertig, so bleibt doch zu hoffen, dass man etwa auf 1. April 1879 sowohl den neuen Vertrag mit Frankreich, als auch den neuen Tarif wird in Kraft setzen können, u.eine solche Verschiebung blos um drei Monate wäre dann auch wohl zu ertragen. Da ich hoffe, Sie werden im Laufe Sommers Ihren gewohnten Ferien-Aufenthalt in der Schweiz machen, so wird sich dann wohl Anlass bieten, diese Fragen mündlich zu erörtern u. ich will mich also, da ja für den Moment so wie so nichts zu thun ist, auf diese wenigen Bemerkungen beschränken.
In Ihrer verehrl. Zuschrift vom 23. März machten Sie u.A. die Bemerkung, es dürfte nützlich sein, Ihnen Material in die Hände zu legen, mittelst dessen Sie den französ. Ministern den Nachweis leisten könnten, dass, wenn in Frankreich seit 1864 die steuerlichen Lasten zugenommen haben, dies ganz ebenso u. vielleicht noch in höherem Masse in der Schweiz der Fall gewesen sei. Ich habe nun versucht, zuerst von einem einzelnen Kanton mir ein Bild über die daherigen Verhältnisse zu verschaffen, u. ich wählte dazu den Ct. Zürich, nicht blos weil derselbe die höchst entwikkelte Industrie in seinem Schoosse birgt, sondern namentlich auch deshalb, weil dort ein eigenes statistisches Bureau besteht, welches Gewähr dafür bietet, dass man gute & zuverlässige Arbeit erhält. Gestern nun gieng das Ergebniss in Gestalt der Tabelle6 ein, die ich Ihnen in der Anlage mittheile u. die Sie behalten können: Die Ziffern sind sprechend genug, um für ihren Zwekk nützlich verwendet werden zu können. Bei ändern Kantonen habe ich bisher noch nicht angeklopft, weil ich leider aus Erfahrung weiss, wie unendlich schwer es hält, in derartigen Dingen auch nur halbwegs brauchbares Material zu bekommen. Wenn Sie aber einen Werth darauf setzen, so will ich nachträglich doch einen Versuch machen, hoffend, dass, wenn die Zürcherische Arbeit als Muster gegeben werden kann, das Verständniss eher zu erreichen sein werde.
Von Italien ist in letzten Tagen der Bericht eingegangen, dass man nicht abgeneigt sei, die Negotiation wegen eines neuen Handelsvertrags demnächst zu eröffnen u.zu diesem Behufe Unterhändler hieher zu entsenden; ganz positiv ist die Zusage noch nicht, u. wir werden also gewärtigen müssen.
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Taxation issues Custom and duties