Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.3. AUTRICHE-HONGRIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 405
volume linkBern 1985
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#574* | |
Old classification | CH-BAR E 2(-)1000/44 104 | |
Dossier title | Dr. Brunner von Wattenwyl Carl; Aepli Arnold Otto, St. Gallen; Dr. von Tschudi Johann Jakob, Glarus (1866–1883) | |
File reference archive | C.220.11 |
dodis.ch/41938
In meiner Depesche vom lOten diess2 habe ich Ihnen Mittheilung über den Wunsch des Grafen Andrassy gemacht, das diplomatische Corps in Pest zu begrüssen und dabei bemerkt, dass ein Theil desselben dieser quasi Einladung nicht folgen werde, und ich glaube das Richtige zu treffen, wenn ich mich denselben anschliesse und hier in Wien bleibe. Am 1 lten diess begab ich mich zu Sectionschef Baron Orczy und sagte ihm, ich habe den Bundesrath um Instructionen ersucht und werde höchst wahrscheinlich nicht nach Pest gehen. Baron Orczy war sichtlich sehr unangenehm berührt und theilte mir mit, dass er bereits von allen Gesandten, mit Ausnahme des würtembergischen, dessen beide Söhne schwer krank darnieder liegen, die Zusicherung erhalten habe, dass sie sich nach Pest begeben werden; selbst diejenigen, von denen es noch zweifelhaft war, seien von ihren Regierungen dazu beauftragt worden. Ich telegraphirte Ihnen daher diese Mittheilung3, da sie nicht in Übereinstimmung mit meinem, den Tag vorher per Post abgegangenen Brief war; erkundigte mich aber auch noch persönlich bei meinen Collegen, die mir Baron Orczy’s Angabe bestätigten. Es wurde nämlich, theils von Mitgliedern des Ministeriums des Äusseren gesprächsweise, theils von mehreren Gesandten und deren Regierungen geltend gemacht, dass das diplomatische Corps beim Kaiser von Österreich und beim König von Ungarn accreditirt sei, dass, wenn also der König sein Hoflager in Pest halte und seinen Minister des Äusseren bei sich habe, die Gesandten dem ausgesprochenen Wunsche des Ministers, sich an das Hoflager zu begeben, Folge leisten sollten.
Es sind vorzüglich zwei offen darliegende Gründe, welche es dem Grafen Andrassy besonders wünschenswerth machten, das diplomatische Corps für ein Paar Tage in Pest zu sehen. Erstens findet den 16ten diess die feierliche Schliessung des ungarischen Reichstages durch den Kaiser persönlich statt. Da nun in Wien, wenn der Reichsrath der diesseitigen Kronländer durch den Monarchen eröffnet oder geschlossen wird, das diplomatische Corps jedesmal zu der Feierlichkeit eingeladen wird und auch erscheint, so war es den massgebenden Kreisen daran gelegen, um auch in diesem Punkte die Parität beider Reichshälften zu manifestiren, dass wenigstens einmaldie fremden Gesandten dieser Ceremonie in Pest beiwohnen. Der zweite Grund bildet die Verlobung der Kaiserlichen Tochter, die bei dieser Gelegenheit zum ersten Male öffentlich auftretten und dem diplomatischen Corps vorgestellt werden soll.
Die ganze Angelegenheit ist zwar nur eine Sache der Etiquette, aber man legt hier einen grossen Werth darauf. Da nun sämmtliche Gesandte im Aufträge ihrer Regierungen sich nach Pest begeben, so sah ich mich veranlasst, Ihnen auf Ihr heute erhaltenes Telegramm diess noch einmal zu telegraphiren4. Wenn ich mich nicht den übrigen Diplomaten anschliesse, komme ich in eine Ausnahmestellung, die mir sowohl hier, als besonders auch in Ungarn übel vermerkt werden wird. Die Ungarn haben bei jeder Gelegenheit eine grosse Sympathie für die Schweiz an den Tag gelegt (ich erinnere nur an die grossen Geldbeiträge, die s.Z. bei der Rheinüberschwemmung aus Ungarn nach der Schweiz gesendet wurden) und werden es bei ihrer bekannten Empfindlichkeit sehr unfreundlich aufnehmen, wenn gerade der Gesandte der Schweiz bei den Feierlichkeiten fehlt. Ich muss mich natürlich auch beim Grafen Andrassy, der die Empfindlichkeit mit seinen Landsleuten gemein hat, nach seiner Rückkehr entschuldigen und muss es gewissermassen motiviren, warum der hohe Bundesrath nicht wünschte, dass ich nach Pest ging.
Würden von den zwei und zwanzig hier beglaubigten fremden Gesandten nun 4 oder 5 nicht nach Pest gehen, so würde ich mich ihnen, wie Sie meiner Depesche vom lOten diess entnehmen können, mit Freuden angeschlossen haben, denn die ganze Excursion ist ja nur mit persönlichen Unannehmlichkeiten verbunden.
Ich erwarte im Laufe des heutigen Tages Ihr Antworttelegramm, an dessen Bestimmungen ich mich strenge halten werde.
P.S. Das Telegramm5 ist eingetroffen und ich werde morgen Nachts (14ten) nach Pest fahren.
Tags