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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 24, doc. 34
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2807#1974/12#518* | |
Old classification | CH-BAR E 2807(-)1974/12 67 | |
Dossier title | Wirtschafts- und Finanzhilfe an die Entwicklungsländer (IDA) (Botschaft des Bundesrates vom 7.7.1967) (1966–1967) | |
File reference archive | 14-10 |
dodis.ch/32830
Notiz für den Vorsteher des Politischen Departements, W. Spühler1
Botschaft2 über das Darlehen an die IDA3
Die Vorlage ist wegen ihres sehr umfangreichen und substantiellen allgemeinen Teiles von grosser Bedeutung für unsere aussenpolitische Orientierung. Es ist deshalb ausserordentlich bedauerlich, dass sie in aller Eile im Bundesrat durchgepeitscht werden muss. Der Bundesrat soll sie in der Sitzung vom 7. Juli4 behandeln. Der Antrag an den Bundesrat5 ist unserem Departement noch nicht zugekommen. Dagegen übergebe ich Ihnen in der Beilage eine undatierte Vorauskopie6, die ich soeben erhielt und von der ich annehme, sie werde mit dem offiziellen Antrag übereinstimmen. Der deutsche Text der Botschaft ist noch nicht bereit, soll aber noch vor der Sitzung des Bundesrates herauskommen.
Teile I und II der Botschaft (S. 1–44) befassen sich im allgemeinen mit Fragen der Entwicklungshilfe und münden in eine Skizze der schweizerischen Entwicklungshilfepolitik aus7. Hier werden zahlreiche Fragen berührt, die das Politische Departement sehr direkt interessieren. Wir haben ja die wenig befriedigende Situation8, dass sich zwei Departemente mit diesen Fragen befassen, das Volkswirtschaftsdepartement unter dem handelspolitischen Gesichtspunkt, das Politische Departement unter dem aussenpolitischen Gesichtspunkt. Die aussenpolitischen Aspekte werden in der Botschaft meines Erachtens in dieser Vorlage des Volkswirtschaftsdepartementes genügend berücksichtigt, sodass wir dem Text zustimmen können. Nichtsdestoweniger erlaube ich mir die Bemerkung, dass es sich hier um ein sehr weitgehendes Hinübergreifen des Volkswirtschaftsdepartementes in die Sphäre des Politischen Departementes handelt. Dem möchte ich allerdings gleich beifügen, dass die Handelsabteilung das Gespräch mit uns über Entwicklungshilfepolitik nicht etwa ablehnt. Es wird lediglich immer deutlicher, dass sie die Federführung innehaben möchte.
In dem beiliegenden Entwurf zu einem Mitbericht9 habe ich einen Punkt, den einzigen, erwähnt, wo eine Einigung mit der Handelsabteilung nicht zustande kam. Das Volkswirtschaftsdepartement wird versuchen, diesen Punkt als einen unfruchtbaren Terminologiestreit abzutun (der Vertreter des Finanzdepartementes in den Vorbesprechungen schien diese Auffassung zu teilen)10. In Wirklichkeit geht es aber um wesentlich mehr. Die Unklarheit, mit der die verschiedenen Begriffe in der Botschaft verwendet werden, ist für mich ein Zeichen, dass es trotz der vielen gescheiten Dinge, die in der Botschaft gesagt werden, an einer klaren Konzeption fehlt. Jeder wird das Gesagte nach seiner Art auslegen, wo doch für das an sich schon schwierige Gespräch über Entwicklungshilfe – in der Öffentlichkeit, aber auch innerhalb der Verwaltung – die Klarheit der Begriffe so wichtig wäre. Nur ein Beispiel: Die Wirtschaftshilfe (aus der Botschaft wird man nicht klug, was damit gemeint ist) wird gemeinhin als eine Angelegenheit des Volkswirtschaftsdepartementes betrachtet. Was wir in der Technischen Zusammenarbeit tun, ist aber zum weitaus grössten Teil Wirtschaftshilfe, wenn man darunter die Förderung der Wirtschaft der Entwicklungsländer versteht. Daraus könnte gefolgert werden, dass die Technische Zusammenarbeit dem Volkswirtschaftsdepartement angegliedert werden sollte und überhaupt die ganze Entwicklungshilfe nicht mehr Sache des Politischen Departements sein sollte. Dem Politischen Departement bliebe noch die humanitäre Hilfe. Dabei handelt es sich bei der Entwicklungshilfe um eine eminent politische Frage, wenn auch mit weitgehenden wirtschaftlichen Implikationen.
Man kann vielleicht sagen, in dieser Argumentation liege zu viel Spekulation. Ich halte es aber für meine Pflicht, darauf hinzuweisen. Sicher darf das Politische Departement verlangen, dass in einer Botschaft von dieser Bedeutung klare Begriffe verwendet werden und nicht eine Situation geschaffen wird, in der man in der Folge gezwungen ist, im Trüben zu fischen.
- 1
- Notiz: E2807#1974/12#518* (14-10). Verfasst und unterzeichnet von R. Pestalozzi, visiert von W. Spühler. Kopie an P. Micheli.↩
- 2
- Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Wirtschafts- und Finanzhilfe an die Entwicklungsländer und insbesondere die Gewährung eines Darlehens an die Internationale Entwicklungs-Organisation (IDA) vom 7. Juli 1967, BBl, 1967, II, S. 1–45.↩
- 3
- Vgl. das Schreiben von P. R. Jolles an G. Woods vom 12. Januar 1967, dodis.ch/32816; die Notiz von P. R. Jolles an H. Schaffner vom 2. Juni 1967, dodis.ch/32828 sowie das Protokoll der Sitzung vom 12. September 1967 der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 20. September 1967, dodis.ch/32213.↩
- 4
- Vgl. das BR-Prot. Nr. 1185 vom 7. Juli 1967, Doss. E1004.1#1000/9#724*.↩
- 5
- Vgl. den Antrag des Volkswirtschaftsdepartements an den Bundesrat vom 5. Juli 1967, Doss. wie Anm. 4.↩
- 6
- Vgl. Doss. E7110#1978/50#224* (712).↩
- 7
- Laut P. R. Jolles wird hier erstmals eine Gesamtkonzeption der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit entworfen. Vgl. die Notiz von P. R. Jolles an H. Schaffner vom 19. August 1967, dodis.ch/32934 und das Protokoll der Sitzung vom 16. August 1968 der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 9. Oktober 1968, dodis.ch/32151. Zu den Grundsätzen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 100, dodis.ch/31763, bes. Anm. 2 sowie die Notiz vom 2. Oktober 1968, dodis.ch/32930.↩
- 8
- Zur Frage der Koordination und den Divergenzen zwischen Politischem Departement und Volkswirtschaftsdepartement in Sachen Entwicklungszusammenarbeit, resp. Wirtschaftsförderung, vgl. ferner DDS, Bd. 24, Dok. 122, dodis.ch/33047; das Referat von R. Pestalozzi vom 27. November 1967, dodis.ch/32898; das Referat von R. Pestalozzi vom 10. September 1968, dodis.ch/32899; das Referat von P. R. Jolles vom 2. Oktober 1968, dodis.ch/32918; die Notiz von R. Pestalozzi an W. Spühler vom 21. Januar 1969, dodis.ch/32900; das Votum von W. Spühler im Ständerat vom 7. Oktober 1969, dodis.ch/32849; die Notiz von R. Pestalozzi an W. Spühler vom 24. November 1969, dodis.ch/32895 und das Referat von R. Pestalozzi vom 27 November 1967, dodis.ch/32898.↩
- 9
- Für den Mitbericht des Politischen Departements vom 6. Juli 1967 vgl. Anm. 4.↩
- 10
- B. Müller. Zur Diskussion über die Terminologie «Wirtschafts- und Finanzhilfe» vgl. die Notiz von H. Bühler an P. R. Jolles vom 5. Juli 1967, Doss. wie Anm. 6: Herr Dr. Müller versuchte, Herrn Pestalozzi davon zu überzeugen, dass wir bei dem in der Besprechung vereinbarten Terminus bleiben sollten.[...] Im Hinblick auf die Behandlung des Geschäftes in der nächsten Bundesratssitzung würde es sich m. E.empfehlen, Herrn Bundesrat Schaffner über dieses Problem zu orientieren, damit er der Auffassung des Dienstes für technische Zusammenarbeit entgegentreten kann.↩
Relations to other documents
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