Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 23, doc. 109
volume linkZürich/Locarno/Genève 2011
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1978/84#5452* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1978/84 896 | |
Dossier title | Behandlung feindlichen Eigentums im indisch-pakistanischen Konflikt (1965–1966) | |
File reference archive | B.51.31.0 • Additional component: Pakistan |
dodis.ch/30890
Interne Notiz des Politischen Departements1
Indisch-pakistanischer Konflikt: Beschlagnahmte schweizerische Lieferungen
Am 26. Oktober 1965 um 09.00 Uhr treffen sich die Herren Vizedirektor H. Bühler, O. Morand, H. Zoelly, H. Zimmermann, A. Geiser und R. Beaujon zu einer Besprechung über die im Rande erwähnte Angelegenheit2. Hier die aus diesem Gedankenaustausch zu ziehenden Schlüsse:
1. Prisengerichte
Eine Demarche, die zum Zwecke hätte, die Legitimität des Prisengerichtes in Frage zu stellen, kann unternommen werden, insofern eine Beurteilung der Lage in Karachi durch Herrn Botschafter Stoudmann dies nicht als inopportun erscheinen lässt. Die Demarche sollte mit dem Vorgehen anderer Staaten abgestimmt werden, jedoch soll es sich unter keinen Umständen um eine gemeinsame Aktion handeln; vor allem sollte die Demarche unterbleiben, falls Grossbritannien als einziger Staat gegen die Existenz des Prisengerichtes opponiert3.
2. Einlagerung beschlagnahmter Waren
Das Aussenministerium Pakistans wäre durch unsere Botschaft auf die Notwendigkeit einer sachgemässen Lagerung der beschlagnahmten Güter4 bis zu ihrer Freilassung aufmerksam zu machen5. Über die Einzelheiten (so z. B. in bezug auf delikate Waren, die im Freien lagern) soll sich der Anwalt mit den Lieferanten direkt verständigen.
3. Legalisierungen
Wir telegraphieren nach Karachi6, dass wir mit Erstaunen vernehmen, die pakistanische Botschaft in Bern sei in den Beschlagnahmefällen nicht in der Lage, Unterschriften auf schweizerischen Dokumenten und Erklärungen der Lieferanten ohne Rückfrage in Karachi zu beglaubigen (!). Unsere Botschaft in Karachi wird ersucht, beim Aussenministerium zu intervenieren, damit die pakistanische Botschaft in Bern die von schweizerischen Lieferanten vorgelegten Dokumente in eigener Kompetenz bei Sicht beglaubigen kann.
4. ERG7
Wir werden bei schweizerischen Lieferanten nachfragen, ob die in Indien und Pakistan beschlagnahmten Güter ERG-versichert seien.
5. Eigentumsverhältnisse
Dies ist ein sehr komplexes Problem, über das man sich im Moment nicht schlüssig werden kann. (Es wird weiterhin mit dem Rechtsdienst verfolgt). Immerhin kann folgendes festgehalten werden:
Wenn feststeht, dass eine exportierte Ware im Moment der Konfiskation nicht bezahlt oder eine exportierte Ware bereits vom schweizerischen Empfänger bezahlt war, kann der Lieferant8 wohl ohne weiteres eine Eigentumserklärung abgeben. Wenn die Ware durch den indischen Abnehmer bereits bezahlt ist, wäre eine flexiblere Formel denkbar (z. B.: Es handelt sich um Schweizer Ware, die sich noch nicht in den Händen des Abnehmers befindet; die Sendung wird nicht, wie ursprünglich vorgesehen, nach Indien gesandt, sondern repatriiert).
In erster Linie wird es Sache der Lieferanten sein, die Eigentumsverhältnisse laut Vertrag und weiteren Unterlagen abzuklären.
6. Transferkredit9
Unser Departement wird zwei rechtliche Fragen abklären:
6.1) Können wir für eine durch Indien vorläufig bezahlte Ware nach erfolgter Konfiskation die Inanspruchnahme des Transferkredites Indien verweigern?
6.2) Kann Indien für eine bezahlte und dem Transferkredit belastete Ware, die wegen Beschlagnahme ihren Empfänger nie erreichte, später die Rückzahlung des Kreditbetrages verweigern?
- 1
- Notiz: E 2001(E) 1978/84 Bd. 896 (B.51.31). Verfasst und unterzeichnet von R. Beaujon. Kopien an H. Zoelly, H. Zimmermann, H. Bühler und an die schweizerischen Botschaften in New Delhi und Karachi.↩
- 2
- Zu den von Indien und Pakistan beschlagnahmten Schiffen während des Kaschmir-Konfliktes und für die Interessen der Schweizerischen Rückversicherungsgesellschaft vgl. die Notiz von R. Fässler vom 3. November 1965, dodis.ch/30897.↩
- 3
- Zur Problematik der Demarchen vgl. Doss. wie Anm. 1.↩
- 4
- Vgl. dazu Doss. E 2001(E) 1978/84 Bd. 896 (B.21.31).↩
- 5
- Vgl. die Note der schweizerischen Botschaft an das pakistanische Aussenministerium vom 2. November 1965, Doss. wie Anm. 1.↩
- 6
- Telegramm Nr. 94 vom Politischen Departement an die schweizerische Botschaft in Karachi vom 28. Oktober 1965, Doss. wie Anm. 1.↩
- 7
- Zur Handhabung der Exportrisikogarantie vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 62, dodis.ch/31530, Anm. 5.↩
- 8
- Zusatz in Marginalien: bzw. Empfänger.↩
- 9
- Zur Frage der Transferkredite für Indien und Pakistan vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 79, dodis.ch/30926 und bes. Anm. 2 und 7; die Notiz von H. Hess vom 14. Januar 1964, dodis.ch/30927; das Schreiben von E. Stopper an R. Fässler vom 22. Januar 1966, dodis.ch/30928 und das Schreiben von H. Bühler an R. Stoudmann vom 2. Dezember 1965, dodis.ch/30893.↩
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