dodis.ch/44282 Le Chef de la Division pour la Représentation des Intérêts étrangers et pour l’Internement, P. Dinichert, au Chargé d’Affaires de Suisse à Rome, H. von Segesser1
Die in Ihrem vertraulichen Schreiben an die Abteilung für Auswärtiges vom 22. vorigen Monats2 enthaltenen Ausführungen haben wir mit Herrn Minister Wagnière zu besprechen Gelegenheit gehabt. Bei seiner Rückkehr nach Rom werden Sie die aufgeworfenen Fragen auch noch mit ihm erörtern können.
Für heute beschränken wir uns auf einige kurze Bemerkungen, in denen wir mit Herrn Wagnière vollkommen einig gehen.
Es kann dermalen nicht unsere Sache sein, wie Sie es vorschlagen, in Berlin auf eine baldige Entsendung eines diplomatischen Vertreters nach Italien hinzu wirken. Solange der Friedensvertrag nicht in Kraft getreten ist, besteht völkerrechtlich zwischen Deutschland und seinen Feinden noch der Kriegszustand, der die Wiederaufnahme normaler diplomatischer Beziehungen wohl nicht zulässt. Wir hätten auch kaum einen Grund, uns hinsichtlich der Beziehungen zwischen Deutschland und Italien anders zu verhalten als zwischen Deutschland und den zahlreichen gegnerischen Staaten, in denen wir die Interessen Deutschlands wahrnehmen.
Ferner sehen wir nicht ein, warum durch die Verhandlungen, die gewisse Deutsche in mehr oder weniger offiziöser Weise in Italien führen oder anzubahnen suchen, unsere eigenen Interessen deshalb gefährdeter wären, weil wir noch die diplomatische Vertretung Deutschlands besorgen.
Eine Frage für sich ist diejenige, ob und inwiefern einem der deutschen Mitarbeiter Ihrer Gesandtschaft zu gestatten ist, mit italienischen Regierungsorganen Beziehungen zu unterhalten, die sich der Kontrolle der Gesandtschaft entziehen. Fest steht, dass auf die deutschen Herren, die unserer Gesandtschaft zugeteilt sind, auch unbedingt die Regel anwendbar ist, wonach es einem Mitglied der Gesandtschaft ohne Auftrag oder Erlaubnis des Missionschefs nicht gestattet ist, mit italienischen Behörden in offiziellen oder offiziösen Verkehr zu treten. Wenn Sie es zweckmässig finden, mögen Sie noch vor Rückkehr des Herrn Minister Wagnière Herrn Dr.Toepke darauf aufmerksam machen.
Ihre Bemerkung, Herr Comm. Bordonaro habe seit Monaten die offiziöse Leitung der italienischen Botschaft in Berlin übernommen, ist nicht zutreffend. In Wirklichkeit existiert diese Botschaft nicht. Herr Bordonaro hat allerdings im vergangenen Juni von seiner Regierung die Mission erhalten, sich in Berlin mit allen Fragen politischer und wirtschaftlicher Natur zu befassen. Indem sie uns hiervon Mitteilung machte, fügte die italienische Regierung aber ausdrücklich bei: «Pour ce qui a trait à la protection des intérêts italiens en Allemagne, il n’y aura naturellement aucun changement, et la Légation de Suisse à Berlin en gardera la protection jusqu’à la reprise des relations diplomatiques entre l’Italie et l’Allemagne.»
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse in Wien in bezug auf Herrn Allizé und die Wahrung der französischen Interessen durch unsere Gesandtschaft. Auch in Frankreich ist durch die Gegenwart des Herrn von Lersner und der ändern deutschen Unterhändler in Versailles an der Vertretung der deutschen Interessen durch unsere Pariser Gesandtschaft bis dahin nichts geändert worden.