Classement thématique série 1848–1945:
III. RELATIONS ÉCONOMIQUES INTERNATIONALES
III.1. ALLEMAGNE
III.1.2. RELATIONS FINANCIÈRES AVEC L’ALLEMAGNE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 446
volume linkBern 1992
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2800#1967/61#122* | |
Old classification | CH-BAR E 2800(-)1967/60 79 | |
Dossier title | Avoirs allemands (1939–1955) | |
File reference archive | 37 |
dodis.ch/48050
Rapport de la Direction générale de la Banque nationale sur les relations de la Banque nationale et de la Reichsbank pendant la Guerre mondiale (1939-1945)1
1. Die rechtlichen Grundlagen der Goldpolitik
Die Goldpolitik der Notenbank ist wesentlicher Bestandteil der staatlich geregelten Währungspolitik.
Gemäss Bundesratsbeschluss vom 27. September 1936 betreffend Währungsmassnahmen hat die Schweizerische Nationalbank den Goldwert des Frankens innerhalb bestimmter Gewichtsgrenzen, nämlich zwischen 190 und 215 Milligramm Feingold, entsprechend einer Abwertung von im Mittel 30 Prozent gegenüber der gesetzlichen Münzparität, zu halten2. Durch besondere Weisung des Bundesrates wurde die Nationalbank in weiterer Ausführung dieses Bundesratsbeschlusses verhalten, den Goldwert des Frankens auf einer Höhe zu halten, die ungefähr einer dreissigprozentigen Abwertung entspricht.
Diese Verpflichtung bedingt, dass die Nationalbank Gold zu festen Preisen kauft und verkauft, um dergestalt, entsprechend der ihr vom Bundesrat erteilten Weisung, grössere Disparitäten gegenüber den massgebenden ausländischen Valuten zu vermeiden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Nationalbank durch den genannten Bundesratsbeschluss von der Einlösung ihrer Noten in Gold und Golddevisen entbunden worden ist. Soweit dies die Haltung des Frankens auf dem vorgeschriebenen Goldwert nötig macht, hat sie nach wie vor Gold aufzunehmen oder abzugeben.
Diese Einstelllung der Nationalbankleitung ergibt sich auch aus einem Zirkular, das vom Direktorium der Bank am 29. August 1940 an die Nationalbankstellen gerichtet wurde3. Darin wird ausdrücklich bestätigt, dass die Nationalbank dieser ihr durch das Gesetz auferlegten Verpflichtung zur Haltung der Währung auf der vorgeschriebenen Höhe weiterhin nachkommen werde, «indem sie Gold, das ihr im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Transaktion angeboten wird, entgegennimmt». Das Gold, wurde beigefügt, erfülle nach wie vor die Aufgabe als unentbehrliches Zahlungsmittel im internationalen Verkehr.
Die sich aus der gesetzlichen Ordnung ergebende Verpflichtung gilt gegenüber allen Ländern. Die Nationalbank kann nicht gewissen Ländern oder Ländergruppen gegenüber Gold aufnehmen und ändern gegenüber Gold ablehnen. Die internationale Arbitrage hätte, da die Schweiz keine Devisenkontrolle kennt, im Falle einer Verweigerung der Goldübernahme gegenüber einem Land oder einer Ländergruppe bewirkt, dass ihr das Gold einfach über den Weg anderer Länder zugeflossen wäre.
Im Verkehr mit Deutschland hat sich die Goldbewegung nicht während des ganzen Krieges nur in der Richtung des Goldzuflusses nach der Schweiz vollzogen. Noch in der ersten Hälfte des Jahres 1940 hat die Deutsche Reichsbank neben ändern Notenbanken Gold in der Schweiz gekauft. Mit diesem Hinweis soll diesen Goldkäufen nicht besondere Bedeutung beigemessen werden; wohl aber mag er als Zeugnis für die Automatik des Währungsausgleichsmittels Gold dienen.2. Die währungspolitischen Aspekte der Goldpolitik
In den Jahren vor Kriegsausbruch wickelte sich der internationale Zahlungsverkehr hauptsächlich in den beiden Welt währ ungen, dem U.S.A.-Dollar und dem englischen Pfund, ab. Die weltwirtschaftliche Bedeutung der angelsächsischen Wirtschaftsräume, die Vielgestaltigkeit und die Intensität ihrer Wirtschaftsbeziehungen zur gesamten übrigen Welt brachten es mit sich, dass Dollar und Pfund Sterling, mit denen in New York wie auch in London jede andere Währung beschafft werden konnte, überall als Zahlungsmittel entgegengenommen wurden. Zu dieser Weltgeltung der beiden Valuten hatte nicht zuletzt der Umstand beigetragen, dass der Dollar seit Januar 1934 auf der Basis von 35 Dollar je Unze Feingold fest im Golde verankert war und dass auch das Verhältnis des Pfundes zum Dollar unter dem Dreimächteabkommen vom Jahre 1936 wenn nicht de jure, so doch de facto stabil gehalten wurde. So kam es, dass die ganze Welt sich Dollars und Pfund Sterling durch Verkauf von Gold zu beschaffen oder die Möglichkeit der Beschaffung durch Errichtung von Golddepots in New York oder London sich zu erleichtern suchte. Daraus resultierte damals ein ganz gewaltiger Goldstrom namentlich nach den U.S.A., deren Goldbestand von 8,2 Milliarden Ende 1934 auf rund 22 Milliarden Dollars Ende 1941 sich erhöhte, um vom Jahre 1942 an wiederum rückläufige Bewegung einzuschlagen. Trotz alledem büsste das Gold die Funktion eines internationalen Zahlungsmittels nie ein, wenn es auch zeitweise mehr nur zum Spitzenausgleich verwendet wurde.
Die Situation änderte sich sofort, als bei Kriegsausbruch Grossbritannien die Devisenbewirtschaftung einführte und als Amerika im Jahre 1941 zur Sperrung der ausländischen Guthaben schritt, eine Reihe von Ländern somit über ihre alten und neu entstehenden Guthaben und Goldbestände in den U.S.A. nicht mehr verfügen konnten4. Da der internationale Zahlungsausgleich nicht mit illiquiden Währungsreserven sich vollziehen kann, trat das Gold als Mittel zur Regelung internationaler Zahlungen erneut in den Vordergrund. Aber auch der Schweizerfranken wurde im Zahlungsverkehr von Land zu Land wieder mehr verwendet, ja mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich in den Kriegsjahren der Versendung von Gold entgegenstellten, wurde die Devise Schweiz dem Gold vorgezogen. Damit wiederholte sich die Entwicklung, wie sie schon im Weltkrieg 1914/18 zu beobachten war. Nicht nur im Verkehr mit der Schweiz, sondern auch im Verkehr zwischen Drittländern wurde Zahlung in Schweizerfranken gefordert. So wurde ein Teil des Warenverkehrs zwischen Deutschland und den Oststaaten, zwischen Schweden und Portugal und der Türkei, der Türkei und Ungarn, zwischen Brasilien und Portugal zeitweise in Schweizerfranken abgewickelt. Der Bedarf an Schweizerfranken der beiden Kriegsparteien wurde daher immer grösser.
Auf Grund einer Verständigung mit den Bundesbehörden stellte die Nationalbank dem amerikanischen Schatzamt erhebliche Frankenbeträge zur Verfügung zur Aufrechterhaltung des diplomatischen und konsularischen Dienstes, für Zahlungen an Kriegsgefangene, für die Zwecke des Roten Kreuzes, für den Unterhalt amerikanischer Staatsbürger in der Schweiz sowie für andere kulturelle und humanitäre Zwecke. Nach Kriegsschluss kamen dazu Frankenbedürfnisse für die amerikanische Urlauberaktion, für Warenkäufe der amerikanischen Heeresstellen in der Schweiz etc. England wurden Schweizerfranken zur Verfügung gestellt zuerst gegen Dollars, dann gegen Gold in Kanada und mit Inkrafttreten des Finanzabkommens vom 5. Januar 1944 gegen frei verfügbares Gold in London5.
Aber auch der anderen Kriegspartei, den Achsenmächten, und namentlich Deutschland, mussten Frankenbeträge in erheblichem Umfange zur Verfügung gestellt werden, die teilweise für ähnliche Zwecke wie bei den Alliierten Verwendung fanden. Der Unterschied bestand aber darin, dass das Gold in die Schweiz geliefert wurde, somit nicht bloss dem Buchstaben nach, sondern tatsächlich für die Schweiz frei verfügbar war. Sofern es sich dabei um Zahlungen zugunsten von Drittländern handelte, blieb ein Teil des von Deutschland erhaltenen Goldes bisweilen nur kurze Zeit bei der Nationalbank liegen, da die Notenbanken der Lieferantenländer Deutschlands ihre Frankenguthaben nach Bedarf wieder in Gold umwandelten und diese Goldbestände meistens heimschafften.
Hätte die Nationalbank dem Ausland nicht Schweizerfranken zur Verfügung gestellt, um den enormen Bedarf, sei es zur direkten Zahlung nach der Schweiz für Warenbezüge oder Dienstleistungen, sei es für Zahlungen im internationalen Verkehr, zu befriedigen, so wäre der Kurs des Schweizerfrankens im Ausland zweifellos stark gestiegen. Das bedeutet anderseits, dass sich bei den fremden Währungen eine starke Unterwertigkeit eingestellt hätte, und zwar in einem Ausmass, dass der schweizerische Export zum Stillstand gekommen wäre. Eine solche Kursverschiebung hätte auch aussenpolitische Rückwirkungen gehabt. Ein Fallenlassen des Dollarkurses auch nur um eine unbedeutende Fraktion hätte zweifellos den energischen Protest der amerikanischen Regierung hervorgerufen, hatte doch das amerikanische Schatzamt die Nationalbank seinerzeit wissen lassen, dass eine Änderung des Kursverhältnisses unter den massgebenden Valuten sehr unerwünscht wäre. Bezeichnend für das allgemeine Interesse, das man damals einer Stabilhaltung der Kursrelation entgegenbrachte, war auch der Umstand, dass schweizerische Exportkreise eine Abschwächung des Dollarkurses mit dem Argument bekämpften, dass damit unweigerlich eine Senkung auch anderer Valuten, insbesondere des Reichsmarkkurses, verbunden gewesen wäre. Die Goldaufnahme zur Verhinderung einer Überwertigkeit des Schweizerfrankens hatte daher nicht bloss den Charakter einer währungsregulierenden, sondern auch den einer handels- und einer aussenpolitischen Massnahme.
Durch ihre Frankenzessionen an die kriegführenden Staaten zur Befriedigung ihrer mannigfaltigen Bedürfnisse suchte die Nationalbank den Zahlungsverkehr mit dem Ausland, so gut es ging, aufrechtzuerhalten und zu erleichtern, und zwar, zum Teil auf Veranlassung der Bundesbehörden, auch in Zeiten, da die Entgegennahme von Gold und Devisen aus währungs-, geldmarkt- und preispolitischen Überlegungen besser unterblieben wäre. Die Nationalbank hat sich dabei weder von Sympathien noch Antipathien gegenüber der einen oder ändern Kriegspartei, sondern lediglich von den währungspolitischen Überlegungen und den wirtschaftlichen Interessen des Landes leiten lassen.3. Die aussen- und militärpolitischen Beweggründe der Goldpolitik
Ausgangspunkt für Haltung und Einstellung der Schweiz gegenüber den kriegführenden Mächten war die Erklärung der Bundesversammlung vom 30. August 1939, durch welche dem festen Willen Ausdruck gegeben wurde, die Neutralität unseres Landes unter allen Umständen und gegenüber allen kriegführenden Staaten zu wahren6. Diese Neutralitätserklärung ist seinerzeit allen Staaten zur Kenntnis gebracht und von ihnen anerkannt worden. Sie bedeutete, dass die Schweiz gegenüber allen Kriegführenden sowohl in politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht eine absolut neutrale Haltung zu bewahren entschlossen war.
Diese Pflicht zur Neutralität schloss auf wirtschaftlichem Gebiet die Pflege des internationalen Zahlungsverkehrs und innerhalb des letzteren somit auch des Goldgeschäftes in sich. Sie stand im übrigen im Einklang mit der gegebenen Richtlinie, dass die Schweiz in allen ihren wirtschaftlichen Beziehungen mit den Achsenmächten wie auch mit den Alliierten sich strikte an die Vorschriften der Haager Konvention für den Landkrieg von 1907 sowie an die sukzessive mit einigen der Kriegführenden abgeschlossenen Verträge halten werde. Es handelte sich bei letzteren vor allem um das mit den Alliierten abgeschlossene sogenannte «WAR TRADE AGREEMENT» vom 25. April 1940, das genau den Rahmen festlegte, innerhalb welchem die Schweiz mit den Achsenmächten Handel treiben konnte7. Dieses sah u.a. vor, dass keine Waren in unverändertem Zustande exportiert werden durften und dass die ganze Ausfuhr nach Deutschland sich innerhalb des normalen Verkehrs der Vorjahre halten sollte.
Gar bald zeigte sich aber, dass die kriegführenden Staaten bestrebt waren, der feindlichen Mächtegruppe den Zugang zum wirtschaftlichen und finanziellen Potential der Schweiz zu erschweren oder dessen Nutzbarmachung durch die Kriegsgegner nach Möglichkeit zu verhindern. So gelangte die deutsche Regierung im Juli 1940 auf diplomatischem Weg an mehrere neutrale Länder mit dem Ansuchen, es möchte die Übertragung der in britischen, französischen, belgischen, niederländischen und norwegischen Händen befindlichen Beteiligungen an Unternehmungen der neutralen Staaten einer Genehmigungspflicht unterstellt werden, soweit sie in der Absicht erfolge, die fraglichen Vermögenswerte dem deutschen Einfluss zu entziehen. Deutschland werde die seit Kriegsausbruch vorgenommenen Übertragungen nicht als rechtskräftig anerkennen. Auch den schweizerischen Behörden wurde das deutsche Begehren auf Erlass einer Vorschrift zur Kenntnis gebracht, die verhindern sollte, dass britische, französische, belgische, niederländische und norwegische Beteiligungen an schweizerischen Unternehmungen auf Schweizerbürger oder auf sonstige Neutrale, insbesondere Amerikaner, übertragen werden. Der Bundesrat stellte sich damals auf den Standpunkt, das deutsche Begehren sei undurchführbar.
In dem Ausmasse, wie der Krieg an Ausdehnung gewann und an Erbitterung zunahm, verstärkte sich der wirtschaftliche Druck der kriegführenden Parteien auf die Schweiz, die mehr und mehr in den Schnittpunkt der gegnerischen Blockadefronten gelangte. Mit wachsendem Missbehagen verfolgten die Aliierten die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen der Schweiz zu Deutschland und den ändern Achsenmächten, eine zwangsläufige Folge der fortschreitenden Abschnürung der Schweiz von den alliierten und überseeischen Ländern. Umgekehrt war Deutschland dauernd bemüht, aus den der Schweiz noch belassenen Kommunikationen mit dem Westen für sich die grösstmöglichen Vorteile herauszuschlagen.
Begannen sich die Importe schon im Jahre 1942 zu verschlechtern, so hatten die Landung der Alliierten in Afrika und die Besetzung von ganz Frankreich durch Deutschland gegen Ende 1942 die völlige Umschliessung unseres Landes durch die Achsenmächte zur Folge. Diese waren damals auf dem Höhepunkt ihrer militärischen Machtentfaltung in Europa angelangt. Man muss sich diese militärpolitische Situation vor Augen halten, um zu verstehen, in welche ausserordentlich schwere und gefahrdrohende Lage die Schweiz auf einmal gekommen war. In der Aufrechterhaltung einer kleinen Zahl schmaler Verbindungswege zu den Alliierten und zu den neutralen Staaten über Deutschland, Italien und die von den Achsenmächten besetzten Gebiete geriet unser Land gänzlich unter die Willkür des ganz Europa dominierenden deutschen Reiches. Anderseits legten aber auch die Alliierten einen immer dichteren Blockadering um die Schweiz, mit dem Ziel, deren wirtschaftliche Beziehungen mit den Achsenmächten auf ein Minimumn zu reduzieren.
Mit beiden Mächtegruppen setzte ein verbissener Kampf um unsere Selbständigkeit und Eigenstaatlichkeit ein. Dass unser Land dabei namentlich von deutscher Seite wirtschaftlich einem ausserordentlich schweren Druck ausgesetzt war, ergab sich aus der äusserst exponierten militärischen Lage der Schweiz von selbst.
Allein auf sich gestellt und ohne auf eine wirksame militärische Hilfe seitens der Alliierten zählen zu können, sah sich die Schweiz genötigt, den deutschen Begehren auf Weiterführung der wirtschaftlichen Wechselbeziehungen nachzukommen, soweit sich dies mit den alliierten Forderungen vereinbaren liess. Dies zu tun, lag zum Teil aber auch in unserem ureigenen Interesse. Die Schweiz kämpfte in der Tat um ihre nackte Existenz. Dieser Existenzkampf konnte - dies darf man heute nicht vergessen - nur mit Erfolg durchgeführt werden, wenn es gelang, das Volk vor Hunger, Arbeitslosigkeit und Defaitismus zu bewahren und gleichzeitig die militärische Verteidigung unablässig zu verstärken. Das Ziel unserer Wirtschaftspolitik bestand daher in der Stärkung eines bis zur äussersten Abwehrbereitschaft gesteigerten Selbsterhaltungswillens. Hiezu brauchte es nicht nur Lebensmittel, sondern auch Rohstoffe aller Art, eine Unmenge von Zement, Eisen, Stahl und Sprengstoffen, Textilien, alles Dinge, die wir zu einem grossen Teil aus dem Gebiet der Achsenmächte und der von ihnen besetzten oder beeinflussten Länder erhalten konnten. Die Ausrüstung der Armee mit modernen Waffen und die Einkleidung und Bewaffnung der neuausgehobenen Mannschaften - die Schweiz hatte zeitweilig über eine halbe Million Mann mobilisiert - wären ohne ständige Importe unmöglich gewesen. Zu diesem Ziel trug die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland in hohem Umfange bei.
Es mag heute verwundern, dass die Schweiz in der Zeit vom 1. September 1939 bis 30. April 1945 trotz den gewaltigen Ansprüchen Deutschlands aus den Achsenmächten, ihren Satellitenstaaten und den von ihnen besetzten Gebieten Waren im Gewicht von 18 Millionen Tonnen im Werte von 5,7 Milliarden Franken einführte, während die Ausfuhr nur 2 Millionen Tonnen im Werte von 4,4 Milliarden Franken betrug. Wir importierten somit aus dem Achsengebiet nicht unwesentlich mehr, als wir dorthin exportierten, nämlich 16 Millionen Tonnen im Werte von 1,3 Milliarden Franken. Für alle übrigen Staaten belief sich in der gleichen Zeit die Einfuhr total auf 7,5 Millionen Tonnen oder 4 Milliarden Franken und die Ausfuhr auf 0,3 Millionen Tonnen oder 3,4 Milliarden Franken.
Nur dank dem Umstand, dass es der Schweiz gelungen war, sich allen Schwierigkeiten zum Trotz Import- und Exportmöglichkeiten nach verschiedenen Seiten offen zu halten, konnten wir letztendlich die seelische und militärische Widerstandskraft aufbringen, um uns im Sturm des Kriegsgeschehens zu behaupten. Es bedurfte hiezu eines starken Widerstandswillens, aber auch einer geschickten Verhandlungstaktik, um jeweils den harten Pressionen namentlich Deutschlands Stand zu halten. Oft ging es hart auf hart.
In diesem Zusammenhang ist als Beispiel auf eine dramatische Verhandlungsepisode im Jahre 1943 zu erinnern, wie sie von Herrn Nationalrat Dr. Speiser, ehemaliger Chef des Eidgenössischen Kriegswirtschaftsamtes, in seinem kürzlich in den «Schweizer Monatsheften» erschienenen Aufsatz über die schweizerisch-deutschen Handelsbeziehungen während des Krieges geschildert wird:
«In den gleichen Wochen des Frühlings 1943, wo, wie kürzliche Enthüllungen beweisen, starke Truppenteile einsatzbereit nahe unserer Nordgrenze standen, unterstrich der deutsche Unterhändler seine Forderungen mit der Drohung, Deutschland würde nicht zögern, unser Land die ganze Härte einer Einkreisung fühlen zu lassen. Er sprach sogar die Befürchtung aus, die Schweiz würde in den Strudel hineingerissen. Trotzdem wurde nicht nachgegeben....8»
Wie ein Damoklesschwert schwebte die Gefahr des Krieges während Jahren über unserem Volk. Man muss sich heute wieder in diese Situation hineindenken können, um richtig zu würdigen, dass manchmal Konzessionen unvermeidlich waren.
Dies alles gilt auch für die Goldtransaktionen. Waren es auf politischem Gebiet primär die Grundprinzipien unserer Neutralität, die mit Bezug auf die Entgegennahme von Goldsendungen gegenüber beiden Kriegsparteien eine gleiche Behandlung erforderten, so kam dazu noch die Tatsache, dass die Schweiz und damit auch die Nationalbank in den Jahren, als Deutschland uns gegenüber die ständige Bedrohung durch seine militärische Macht spüren liess, gar nicht anders handeln konnten. Es war schlechthin undenkbar, Deutschland gegenüber die Annahme von Gold zu verweigern. Was unsere Pflicht aus der Neutralitätspolitik anbelangt, gelangte ein eigens zur Abklärung der Goldfrage im Jahre 1943 ausgearbeitetes Gutachten des Staatsrechtslehrers Prof. Dr. Schindler von der Universität Zürich zum gleichen Ergebnis9.
Deutschland selbst legte auf die Erhaltung der Zahlungsverbindungen mit der Schweiz und über die Schweiz zu ändern Staaten mit Hilfe des Goldes grösstes Gewicht. Das geht mit aller wünschbaren Deutlichkeit aus einer Äusserung hervor, die der damalige Vizepräsident des Reichsbankdirektoriums, Puhl, im Jahre 1940 einer Persönlichkeit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gegenüber getan hatte. Auf die Bemerkung, es sei für Europa von besonderer Wichtigkeit, dass der Schweizerfranken eine freie Währung bleibe, um nach dem Kriege auf dem Kontinent eine starke Währung zu besitzen, in der frei gehandelt werden könne, habe Puhl sofort erwidert, er teile diese Auffassung voll und ganz. Puhl habe dann noch beigefügt: «Dass die Schweiz keine Devisenrestriktionen einführt, ist auch vom politischen Gesichtspunkt wichtig, da dies einen Grund dafür bildet, der Schweiz ihre Freiheit zu lassen» (Übersetzung aus der folgenden, in englischer Sprache gehaltenen Originalfassung: «That the Swiss do not introduce exchange restrictions is important also from a political point of view for it constitutes a reason for leaving Switzerland free»)10.
Hätte die Schweiz die Annahme deutscher Goldsendungen verweigert, in einem Zeitpunkt, da sie von den Alliierten Gold in noch grösserem Umfang entgegennahm, so hätte sich daraus für unser Land leicht ein Konflikt von grösster Tragweite, möglicherweise sogar Krieg ergeben können. Verschiedene Male hatte die Deutsche Reichsbank darauf hingewiesen, dass die Nationalbank zufolge der schweizerischen Neutralitätspolitik den Ankauf von deutschem Gold nicht refüsieren könne, da sie solches auch von den Alliierten übernehme.
Trotz dem Druck seitens Deutschlands, den es auf die Nationalbank zur Offenhaltung seiner Zahlungsmöglichkeiten mit Hilfe des Goldes ausübte, verlangte die Nationalbank von der Deutschen Reichsbank im Jahre 1943, d.h. schon vor den offiziellen Warnungen der Alliierten, eine Beschränkung der Goldremittierungen. Sie bezeichnete eine weitere Ausdehnung der deutschen Goldverkäufe nicht nur als unerwünscht, sondern ersuchte die Reichsbank darüber hinaus, Zahlungen an das Ausland nicht über den Schweizerfranken, sondern durch direkte Goldverschickung nach dem betreffenden Land vorzunehmen. Weiter stellte die Nationalbank für die Goldübernahme als Bedingung, dass Goldsendungen nur akzeptiert würden, wenn das Gold aus deutschen Vorkriegsbeständen stamme.
Diese Begehren der Nationalbank waren damals, in einer Zeit starker militärischer Bedrohung der Schweiz durch Deutschland, durchaus keine Selbstverständlichkeit. Sie wurden denn auch von deutscher Seite sehr übel aufgenommen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder die traditionelle Neutralitätspolitik der Schweiz, noch die einer ständigen und unmittelbaren Kriegsgefahr ausgesetzte Stellung unseres Landes in der Frage der Entgegennahme deutschen Goldes eine andere Haltung zugelassen hätten als diejenige, die von der Nationalbank in diesen schweren Jahren eingenommen wurde. Es darf ruhig behauptet werden, dass die Goldübernahmen aus deutschem Besitz damals kriegswirtschaftlich eine ebenso notwendige Massnahme darstellten wie die sogenannten Clearingvorschüsse des Bundes.
1. Der Goldverkehr der Nationalbank mit den ausländischen Zentralbanken in der Zeit vom 1. Januar 1939 bis zum 30. Juni 1945
Anlage 111
zu diesem Bericht orientiert über den Goldverkehr der Schweizerischen Nationalbank mit den ausländischen Notenbanken in der Zeit vom 1. Januar 1939 bis zum 30. Juni 1945. Gesamthaft stellen sich die Käufe und Verkäufe von Gold in der genannten Periode auf folgende Beträge:
[...]12
[...]13
Aus diesen Zahlen geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass der Goldverkehr mit den Alliierten wesentlich grösser war als mit den Achsenmächten. Was die in diesem Zusammenhang besonders interessierenden Goldkäufe anbetrifft, so machen die Übernahmen von Gold aus den U.S.A., Grossbritannien, Frankreich und Kanada erheblich mehr als das Doppelte der Übernahmen aus Deutschland und Italien aus.2. Der Goldverkehr mit der Deutschen Reichsbank
a. Gesamtübersicht
Anlage II gibt einen Gesamtüberblick über den Goldverkehr mit der Deutschen Reichsbank während der Kriegszeit (1. September 1939 bis 8. Mai 1945)
[...]14
[...]15
Es geht daraus hervor, dass die Goldübernahmen in grösserem Umfange im letzten Quartal 1941 einsetzten, um dann vom zweiten Quartal 1944 an stark zurückzugehen. Die grossen Goldkäufe der Nationalbank erstreckten sich somit auf den Zeitraum, während welchem die Schweiz vollständig von Deutschland eingeschlossen war.
Bis zum Eingang der offiziellen Warnungen der Alliierten, kein Gold aus besetzten Gebieten hereinzunehmen, d.h. bis zum 24. Februar 1944, hatte die Schweizerische Nationalbank der Deutschen Reichsbank für 1058,6 Millionen Franken Gold abgenommen.
c. Der Weiterverkauf von deutschem Gold
Wie bereits erwähnt worden ist, hat die Schweizerische Nationalbank im Zusammenhang mit internationalen Zahlungsverpflichtungen einen Teil des von der Deutschen Reichsbank erhaltenen Goldes an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und an ausländische Notenbanken weiterverkauft. Dieses Gold stellt einen Wert von insgesamt 827,2 Millionen Franken dar.
d. Verwendung des Gegenwertes der Goldabtretungen der Deutschen Reichsbank
Den Erlös des von der Schweizerischen Nationalbank gekauften Goldes hat die Reichsbank vorab verwendet zur Befriedigung deutscher Verpflichtungen in der Schweiz, soweit diese ausserhalb des Clearings abzuwickeln waren, so beispielsweise für die Bezahlung von gewissen Exporten, für die Bedürfnisse der Gesantschaft und des Konsulardienstes, für Zahlungen an das Internationale Rote Kreuz, für Leistungen an die Abteilung für fremde Interessen des Eidgenössischen Politischen Departements (Gefangenendienst), für Reise- und Kurkosten etc.
Einen namhaften Teil hat die Reichsbank ferner für Zahlungen an Drittländer verwendet, wobei diese Zahlungen fast ausnahmslos über die freien Banken geleitet worden sind. In grossem Umfange dienten die Zahlungen für die Abdeckung von in der Schweiz eröffneten Akkreditiven und Krediten.
DIE STELLUNGNAHME DER NATIONALBANK
ZU DEN GOLDABTRETUNGEN DER DEUTSCHEN REICHSBANK UND ZU DEN BEZÜGLICHEN INTERVENTIONEN VON ALLIIERTER SEITE
(in chronologischer Darstellung)1. Die Goldabtretungen im Jahre 1940
Die Goldabtretungen der Deutschen Reichsbank setzten erst im Jahre 1940 ein. Anfangs März erhielt die Nationalbank von der Reichsbank ohne vorherige Anzeige eine erste Sendung Goldbarren im Gesamtfeingewicht von ca. 2000 Kilogramm (Kassawert rund 9,8 Millionen Franken), welches Gold zum Preise von Fr. 4869,80 je kg fein übernommen wurde. Die Reichsbank wurde aber ersucht, sich künftig vor Absendung des Goldes jeweils mit der Nationalbank in Verbindung zu setzen. Weitere Sendungen wurden im Mai und Oktober eingeliefert und übernommen.
Bei Anlass dieser letzten Goldzession wurde entsprechend einer Anregung der Reichsbank in Erwägung gezogen, ob es nicht angezeigt wäre, in Berlin ein auf 20-30 Millionen Franken zu begrenzendes Golddepot zu errichten. Die Sache war als Geste gegenüber der Deutschen Reichsbank gedacht, wohl nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten, welche zu jener Zeit die schweizerische Verhandlungsdelegation in Berlin zu überwinden hatte. Dabei spielte der Nebengedanke mit, auf diese Weise der Idee der Verwendung des Goldes für internationale Zahlungen auch in Deutschland wieder neuen Auftrieb zu geben. In Abwägung der Vor- und Nachteile wurde dann aber der Anregung der Reichsbank keine weitere Folge gegeben.2. Der Goldverkehr im Jahre 1941
Die Goldabtretungen wurden namentlich im letzten Quartal dieses Jahres zahlreicher, was auf folgenden Umstand zurückzuführen war:
Die Reichsbank ging nach und nach dazu über, Goldbarren und Goldmünzen an die schweizerischen Banken zu verkaufen. Der Gegenwert diente zur Bezahlung von Escudos, welche sich die freien Banken durch Abgabe von Schweizerfranken in Lissabon verschafften. Das von der Reichsbank gelieferte Gold wurde von den schweizerischen Banken im Publikum verkauft und fand so restlos für Hortungszwecke Verwendung. Ein grösserer Teil des deutschen Goldes wurde an ausländische Notenbanken verkauft im Austausch gegen Goldmünzen, die dann von den schweizerischen Banken im Publikum untergebracht wurden. Für die durch die Escudosverkäufe an die schweizerischen Banken erhaltenen Schweizerfranken verlangte der Banco de Portugal aber von der Nationalbank Gold. Dieser erwuchs infolgedessen aus dem Geschäft ein Goldverlust, obschon die Reichsbank die gekauften Escudos den schweizerischen Banken mit Gold bezahlte. Diese Entwicklung war für die Nationalbank doppelt unangenehm. Einmal erfuhr ihr Goldbestand in der Schweiz zufolge grosser Zahlungen für Importe eine erhebliche Verminderung (der Goldbestand der Nationalbank im Inland sank zeitweise unter 700 Millionen Franken) und sodann erfolgte in diesem Jahre die Blockierung der schweizerischen Guthaben und Goldbestände in Amerika, über die daher nur noch in beschränktem Umfange verfügt werden konnte. Um dieser währungspolitisch höchst unbefriedigenden Entwicklung zu begegnen, wurde von der Reichsbank verlangt, das Gold zur Beschaffung der Franken für die Escudoskäufe in der Schweiz an die Nationalbank abzutreten. Die Reichsbank hat diesem Begehren entsprochen, was naturgemäss eine Vermehrung der Goldabtretungen der Reichsbank zur Folge hatte. So kam es, dass im letzten Quartal 1941 die Nationalbank in sieben Malen von der Reichsbank Gold im Betrage von insgesamt 127 Millionen Franken übernahm.3. Die Entwicklung der Goldzessionen im Jahre 1942 - Beginn der Einwendungen der Westmächte
Im Jahre 1942 erreichten die Goldverkäufe der Reichsbank an die Nationalbank mit einem Gesamtbetrag von rund 424 Millionen Franken den Höchstbetrag während des ganzen Krieges. Monatlich wurden zum Teil bis vier Posten im Betrage von je etwas über 14 Millionen Franken übernommen. Es ist klar, dass dieser rege Goldverkehr den Alliierten nicht entgehen konnte und dass sie ihn zu verhindern trachteten.
Zunächst ergaben sich Schwierigkeiten in Amerika, indem Goldüberweisungen an neutrale Notenbanken, insbesondere an den Banco de Portugal, verweigert wurden mit der Begründung, dass der Banco de Portugal in der Schweiz über beträchtliche Beträge Gold verfüge und dass durch diese Escudos- und die damit zusammenhängenden Goldoperationen Deutschland die Devisen- und somit die Warenbeschaffung in ändern Ländern erleichtert werde. Die Schweizerische Gesandtschaft in Washington wurde von der Nationalbank über den Weg des Eidgenössischen Politischen Departements darauf aufmerksam gemacht, dass der Devisenmarkt wie auch der Goldmarkt in der Schweiz frei seien. Wer Gold besitze, könne es in der Schweiz verkaufen und bekomme dagegen Schweizerf ranken, mit denen er Zahlungen leisten oder Devisen erwerben könne. Es sei zwar möglich, dass Deutschland mit den Schweizerfranken in ändern Ländern Waren kaufen könne. Deutschland sei es aber unbenommen, nach allen Ländern des europäischen Kontinents Gold zu senden und es dort zu verkaufen. Die Benützung des schweizerischen Marktes könne daher nicht als Grund dafür anerkannt werden, dass Deutschland sich Waren beschaffen könne.
Gegenüber den Bedenken, die damals mit Bezug auf die Goldoperationen mit der Deutschen Reichsbank in der Bankleitung und im Bankausschuss geäussert wurden, musste immer wieder darauf hingewiesen werden, dass diese Goldkäufe normale Handelsoperationen darstellen und dass im übrigen die Nationalbank sich hier in einer Zwangslage befinde, die ihr gar nichts anderes übrig lasse, als das Gold zu übernehmen. Restriktionen müssten gegenüber allen Staaten zur Anwendung kommen.
Später berichtete Herr Direktor Gautier aus New York, dass nach Meinung des Schatzamtes das Gold, das von Deutschland in die Schweiz komme, die Goldbestände der Nationalbank vergrössere und dass deshalb Zahlungen nach Spanien und Portugal ohne weiteres von der Schweiz aus geleistet werden könnten16. Herrn Gautier wurde zuhanden des Schatzamtes geantwortet, dass die Goldbestände der Nationalbank in der Schweiz seit Erlass des amerikanischen Embargos nicht zugenommen, sondern sich im Gegenteil nicht unbeträchtlich vermindert hatten, weil Deutschland den Gegenwert des gelieferten Goldes nicht ausschliesslich in der Schweiz verwende, sondern zur Zahlung an Drittländer benötige, die wiederum bei der Nationalbank gegen Schweizerfranken Gold beziehen, so dass die in der Schweiz verbleibende Goldreserve, die überdies ständig zur Bezahlung von Importen eingesetzt werden müsse, fortwährend zurückgehe.
In den im Jahre 1942 mit England geführten Handelsvertrags Verhandlungen wurde der schweizerischen Delegation bedeutet, dass England die Goldsendungen der Deutschen Reichsbank sehr ungern sehe, weil Berlin sich damit Frankenguthaben schaffe, die es zur Bezahlung kriegswichtiger Importe benötige17.
Die Nationalbank hat wiederholt daraufhingewiesen, dass es zweckmässiger wäre, wenn die Alliierten bei den Regierungen der Länder der iberischen Halbinsei auf eine Verminderung oder Sistierung des Warenverkehrs mit Deutschland hinwirken würden, woraus sich automatisch eine Reduktion des Goldverkehrs zwischen der Deutschen Reichsbank und der Nationalbank ergäbe, wie dies gegen Ende 1944 dann im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen auch eingetreten ist. Leider konnten die alliierten Regierungen nie zu einem solchen Schritt veranlasst werden, obschon dies der direktere Weg zur Einschränkung der Goldoperationen zwischen der Schweiz und Deutschland gewesen wäre. Nachträglich stellt sich heraus, dass der Warenstrom sich von der iberischen Halbinsel und namentlich von Portugal aus in grossem Umfange auch nach England ergossen haben muss, da, wie man erfährt, der Banco de Portugal heute ein Pfundguthaben von ca 90 Millionen Pfund oder I1/2 Milliarden Schweizerfranken besitzen soll.
[...]
DIE ANGELEGENHEIT DES SOGENANNTEN BELGISCHEN GOLDES
1. Die Mitteilungen des frühem Gouverneurs der Banque de France
Mitte August 1943 stattete der damalige Gouverneur der Banque de France, Boisanger, anlässlich seines Ferienaufenthaltes in der Schweiz der Nationalbank einen Besuch ab und kam bei dieser Gelegenheit auch auf die Frage der Goldzessionen der Deutschen Reichsbank zu sprechen. Er bemerkte, die Banque Nationale de Belgique habe seinerzeit bei der Banque de France ein Golddepot unterhalten. Was seit der Invasion der deutschen Armee mit diesem Gold geschehen sei, wisse man nicht. Für den Fall, dass Deutschland dieses Gold an sich gezogen und Teile davon an die Schweizerische Nationalbank verkauft hätte, müsste die Banque de France sich im Sinne der Erklärung der Alliierten an die Schweizerische Nationalbank als Käuferin des Goldes halten.
Die Mitteilung von Gouverneur Boisanger war sehr wenig präzis. Er war nicht in der Lage, nähere Angaben über dieses Gold zu machen, und er verschwieg, unter welchen Umständen das Gold an die deutsche Besetzungsmacht ausgeliefert worden ist, obschon er als Hauptakteur der Auslieferung darüber genau orientiert war. Auch nach seiner Heimkehr unterliess es Boisanger, der Nationalbank genaue Angaben über das in Frage stehende Gold zukommen zu lassen, welche es ermöglicht hätten, das Gold gegebenenfalls als das belgische Gold zu identifizieren.
Von der Nationalbank wurde Boisanger entgegengehalten, dass die Nationalbank von allen Notenbanken Gold entgegennehme. Es sei ihr nicht möglich, die Entgegennahme von Gold einem einzelnen Land gegenüber abzulehnen. Das würde auch der Neutralität der Schweiz widersprechen, und im übrigen könne die Nationalbank dem Gold, das ihr von der Deutschen Reichsbank verkauft werde, nicht ansehen, woher es komme. Die Nationalbank dürfe annehmen, dass das Gold, das sie von der Reichsbank erhalte, von dieser rechtmässig erworben worden sei und dass die Reichsbank über das Gold, das sie der Nationalbank verkaufe, frei verfügen könne. Es wurde noch beigefügt, die Nationalbank habe von der Banque de France seit dem Waffenstillstand für über 100 Millionen Franken Gold entgegengenommen, ebenfalls in der Annahme, dass es sich um Gold handle, das der Banque de France gehöre. 2. Die Besprechungen mit dem Vertreter der Deutschen Reichsbank
Anlässlich der Mitte Oktober 1943 mit dem Vizepräsidenten des Reichsbankdirektoriums geführten Verhandlungen wurde auch die Frage des belgischen Goldes berührt. Im Zusammenhang mit der Erklärung, die Nationalbank habe bis jetzt kein Gold erhalten, das aus ändern Ländern als aus Deutschland stamme, teilte er mit Bezug auf das belgische Gold mit, dass dieses Gold von der Banque de France der Reichsbank übergeben worden sei. Die Reichsbank hätte das Gold bezahlen wollen, was aber von Belgien abgelehnt worden sei. Darauf habe die Reichsbank den Betrag beim Gericht hinterlegt. Puhl erklärte: «Das Golddepot ist im übrigen noch intakt.»3. Das Ergebnis späterer Informationen
Wie man nachträglich erfuhr, soll es sich um ein Golddepot von angeblich einer Milliarde Schweizerfranken gehandelt haben, das seinerzeit von der Belgischen Nationalbank bei der Banque de France errichtet und bei Kriegsausbruch nach Dakar übergeführt worden sei. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutschen Armeen habe der französische Regierungschef Laval vom früheren Gouverneur der Banque de France, Fournier, verlangt, dass er das Gold den Deutschen ausliefere. Fournier habe sich geweigert, das zu tun. Die Folge sei gewesen, dass Fournier von der Regierung abgesetzt und durch Boisanger ersetzt worden sei, der dann das Gold unter Überwindung nicht unbeträchtlicher Schwierigkeiten aus Dakar nach Paris holen liess und es gegen eine Erklärung des französischen Staates ausgeliefert habe. Anscheinend hatte Boisanger wegen dieser Auslieferung ein schlechtes Gewissen und suchte nach einer Rückendeckung.
Weiter wurde berichtet, das belgische Gold sei von der Besetzungsmacht nach Deutschland übergeführt und dort teilweise in Barren umgeschmolzen worden, wobei diese Barren mit Vorkriegsdaten versehen worden seien. Die Reichsbank habe hierauf das Gold nach dem Ausland und namentlich nach der Schweiz verkauft. Dieses von der Reichsbank nach der Schweiz gelieferte Gold soll angeblich den Wert von einer halben Milliarde Franken übersteigen.
Interessant sind in dieser Hinsicht noch Informationen, die der Schweizerischen Nationalbank im Jahre 1945 mit Bezug auf dieses belgische Gold zugegangen sind. Danach seien die von den Franzosen ausgehändigten Barren in der Tat auf Geheiss der Regierung in der Berliner Münze umgeschmolzen worden. Die Reichsbank habe jedoch genaue Listen geführt. Auch sollen die neuen Barren von den übrigen Beständen getrennt gehalten worden sein. Eine der Listen soll von den amerikanischen Truppen, als sie in einem Bergwerk in Thüringen Gold fanden, übernommen worden sein.4. Die Anfrage der Belgischen Nationalbank
Vor einiger Zeit hat der Gouverneur der Belgischen Nationalbank der Schweizerischen Nationalbank ein Verzeichnis von Barren und Münzen, die von der Reichsbank an die Schweizerische Nationalbank gesandt worden seien, Übermacht mit dem Ersuchen, zu prüfen, ob die darin aufgeführten Barren und Münzen mit den Aufzeichnungen der Nationalbank übereinstimmen. Die Prüfung der Liste ergab in verschiedener Beziehung Abweichungen von den Registrierungen der Schweizerischen Nationalbank, so dass heute noch nicht feststeht, ob es sich bei den auf der Liste der Belgischen Nationalbank namhaft gemachten Barren und Münzen um solche belgischer Provenienz handelt oder ob sie aus Vorkriegsbeständen der Reichsbank stammen. Die Belgische Nationalbank wurde deshalb gebeten, ihre Listen einer Nachprüfung zu unterziehen, deren Resultat noch nicht bekannt ist.
Sollte es sich erweisen, dass es sich bei den auf der Liste der Belgischen Nationalbank erwähnten Barren und Münzen tatsächlich um das gesuchte belgische Gold handelt, so hätte die Schweizerische Nationalbank seinerzeit für 378 Millionen Franken auf eigene Rechnung übernommen. Die restlichen 153 Millionen Franken wären von der Reichsbank ab ihrem Depot in Bern direkt an andere Banken, vorzugsweise an die Schwedische Reichsbank und an den Banco de Portugal, verkauft worden.5. Das Gutachten von Herrn Prof. Dr. Sauser-Hall, Genf
Für ihre eigenen Zwecke hat die Schweizerische Nationalbank bei Herrn Prof. Sauser-Hall, Ordinarius für internationales Recht an den Universitäten von Genf und Neuenburg, über den Fall des belgischen Goldes ein Rechtsgutachten einholen lassen18.
Dieses Gutachten, das kein Plaidoyer zugunsten der Nationalbank sein will, sondern die unabhängige Auffassung des Juristen darstellt und vorläufig noch vertraulichen Charakter hat, stützt sich auf das Völkerrecht, insbesondere auf die in der Beilage zur zweiten Haagerkonvention von 1899 und in der Beilage zur vierten Haagerkonvention von 1907 getroffenen Regelung, sowie auf das Privatrecht der in Betracht fallenden Staaten.
Der Verfasser des Gutachtens umschreibt zunächst die rechtliche Struktur der in Betracht kommenden Notenbanken, namentlich der Bank von Frankreich und der Belgischen Nationalbank. Im Zeitpunkt der beanstandeten Goldtransaktionen waren diese beiden Notenbanken private Institute. Der Staat besass zwar ein Mitspracherecht; aber es steht ausser Zweifel, dass dennoch der Goldbesitz, der den Verpflichtungen der Institute gegenüberstand, Eigentum der Bank darstellte und nicht dem Staat gehörte. Die Besetzungsmacht konnte auf keinen Fall den Goldbestand der Belgischen Nationalbank oder der Bank von Frankreich beschlagnahmen, requirieren oder sequestrieren. Diese Auffassung von der absoluten Unantastbarkeit der Aktiven einer privaten Notenbank hat im Krieg 1870/71 eine praktische Anwendung gefunden. Nachdem deutsche Truppen Werte der Filiale Reims der Banque de France genommen hatten, hat das deutsche Hauptquartier mit Rücksicht auf die rechtliche Struktur der Banque de France die vollständige Rückgabe dieser Werte angeordnet. Die juristische Natur der Banque de France und der Belgischen Nationalbank entspricht aber derjenigen der Banque de France von 1870/71.
Herr Prof. Sauser-Hall untersucht im weitern verschiedene Gesichtspunkte, die sich aus der Aushändigung des belgischen Golddepots durch die Bank von Frankreich an die Besetzungsmacht ergeben. Da genaue Tatbestände fehlen, stützt er sich auf verschiedene Annahmen:
a. Die Depotscheine könnten in die Hände der Besetzungsmacht gefallen sein und diese hätte gegen Rückgabe der Depotscheine das Gold abgehoben. Diese Handlung wäre rechtsungültig, weil die Besetzungsmacht nur die Aushändigung von Werten des Staates im besetzten Gebiet verlangen kann, während das Gold in Dakar lag.
b. Die Übergabe des Depots könnte mit Gewalt erzwungen worden sein. Gouverneur Fournier hat sich mit Erfolg dagegen gesträubt, und er ist abgesetzt worden, ohne indessen weiter gemassregelt zu werden. Übrigens wäre eine Übergabe wegen angedrohter Gewalt rechtsungültig.
c. Die Übergabe könnte erfolgt sein auf Grund einer politischen Vereinbarung zwischen der deutschen und der französischen Regierung zur Zeit der Kollaboration. Die Übergabe wäre rechtsungültig, weil die französische Regierung für diese Zwecke nicht über das belgische Gold bei der Banque de France verfügen durfte.
d. Für eine Übergabe auf Grund direkter Abmachungen zwischen der Banque de France und der Besetzungsmacht würde die Bank von Frankreich direkt verantwortlich sein. Die Übergabe wäre aber rechtsunwirksam, weil das Gold nicht der Banque de France gehörte.
Auf welche Annahme man sich auch stützen mag, immer ist die Übergabe erfolgt unter Bedingungen, die sie rechtsungültig machen.
Das Gutachten befasst sich ferner mit den Goldabtretungen der Deutschen Reichsbank an die Schweizerische Nationalbank.
Hier ist festzustellen: Das Reich oder die Reichsbank mussten wissen, dass sie das belgische Gold nicht zu Eigentum erwerben konnten. Sie können offensichtlich nicht ihren guten Glauben geltend machen.
Auf der ändern Seite war die Schweizerische Nationalbank bei ihren Goldkäufen von der Deutschen Reichsbank gutgläubig, da sie es mit einem regelmässigen Verkäufer zu tun hatte. Die Tatsache, dass die Schweizerische Nationalbank das Gold erworben hat durch Abhebungen von dem durch die Reichsbank in der Schweiz errichteten Depot, ist sehr wichtig für die Bestimmung des Gerichtsstandes. Als Gerichtsstand kann nur die Schweiz in Frage kommen. Sofern die Banque de France von der Reichsbank die Rückgabe verlangt, kann die letztere gegenüber der Schweizerischen Nationalbank keine Klage anstrengen, da sie das Gold nicht im guten Glauben erworben und weiter verkauft hat. Die Schweizerische Nationalbank kann nur belangt werden, wenn nachgewiesen wird, dass sie (juristisch) bösgläubig gehandelt hat.
Nach der Untersuchung all dieser Voraussetzungen prüft das Gutachten die verschiedenen Klagen, die gegen die Nationalbank erhoben werden könnten.
Nach dem römischen Recht kann eine geraubte Sache da geholt werden, wo sie sich befindet, und ein dritter Erwerber wird nicht durch seinen guten Glauben geschützt, sondern er muss die in seinem Besitz befindliche Sache abgeben.
Das moderne Recht hat sich in entgegengesetzter Richtung, d.h. in der Richtung des Schutzes des gutgläubigen Erwerbers entwickelt (le droit moderne... a forgé l’adage «la possession vaut titre»). Diese Rechtsauffassung deckt die Schweizerische Nationalbank.
Das heutige Recht angelsächsischer Prägung tendiert wieder stärker gegen das römische Recht hin und geht sogar in einigen Beziehungen darüber hinaus. Diese Tendenz ist anerkannt worden durch den Bundesratsbeschluss vom 10. Dezember 1945, der vorsieht, dass gestohlenes oder geraubtes Gut auch vom gutgläubigen Erwerber zurückerstattet werden muss und dass die Eidgenossenschaft diesen allenfalls entschädigt. Im vorliegenden Falle sind die Bestimmungen dieses Bundesratsbeschlusses nicht anwendbar, da das Gold weder geraubt noch mit Gewalt gestohlen werden konnte, indem es sich in Dakar und nicht in besetztem Gebiet befunden hat.
In den Schlussfolgerungen, die nach den bekanntgewordenen - und leider nicht restlos abgeklärten - Tatbeständen gezogen werden, gelangt Prof. Sauser-Hall zum Ergebnis, dass die Banque de France einen sehr schweren Fehler begangen hat, als sie das belgische Depot den deutschen Besetzungsbehörden übergab und dass sie für diesen Fehler verantwortlich ist. Die Banque de France kann eine Rückzahlung ausschliesslich von der Deutschen Reichsbank verlangen.
Unter den zahlreichen Folgerungen verdient eine noch besonders erwähnt zu werden. Herr Prof. Sauser-Hall hebt hervor, dass die Alliierten nicht einen Teil des Schweizergoldes in den Vereinigten Staaten blockieren dürfen, um die Diskussionsgrundlage zu verschieben, weil sie nur das ausgeschiedene Gold (Por individualisé) blockieren dürfen, das wirklich aus dem Depot der Belgischen Nationalbank stammt. Solches Gold befindet sich aber nicht in den Vereinigten Staaten.
In einer nachträglichen Ergänzung des Gutachtens befasste sich Herr Prof. Sauser-Hall mit den von Puhl in der Untersuchung durch die alliierten Behörden gemachten Aussagen. Er kommt zum Schluss, dass, falls diese Aussagen sich als richtig herausstellen sollten, die Rechtslage sich für die Nationalbank in verschiedener Beziehung verschlechtern würde19.
Da aber die Aussagen Puhls, wie sie in dem von den Alliierten vorgelegten Einvernahmeprotokoll niedergelegt sind, bestritten werden, erübrigt es sich vorderhand, auf die neuen Konklusionen des Herrn Prof. Dr. Sauser-Hall einzutreten.
ZUSAMMENFASSENDE SCHLUSSBEMERKUNGEN
1. Für die Goldpolitik der Nationalbank gegenüber der Deutschen Reichsbank während des letzten Weltkrieges waren rechtliche, währungspolitische und aussenpolitische Gesichtspunkte bestimmend.
Rechtlich ist die Nationalbank auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 27. September 1936 betreffend Währungsmassnahmen und der ihr vom Bundesrat erteilten Weisung verpflichtet, den Goldwert des Frankens auf einer Höhe zu halten, die gegenüber der gesetzlichen Münzparität einer ungefähr 30prozentigen Abwertung entspricht. Die Einhaltung dieser Verpflichtung zwang sie, zur Vermeidung grösserer Disparitäten gegenüber den massgebenden ausländischen Valuten, Gold zu festen Preisen zu kaufen und zu verkaufen.
Währungspolitisch kam dem Goldverkehr der Nationalbank mit dem Ausland in der Berichtsperiode um so grössere Bedeutung zu, als das englische Pfund wie auch der Dollar den Charakter eines in aller Welt anerkannten internationalen Zahlungsmittels einbüssten. Für die Abwicklung der Zahlungen von Land zu Land erlangte das Gold wieder mehr Bedeutung. Auch der Schweizerfranken wurde in immer grösserem Umfange für internationale Zahlungen verwendet. Bei beiden Kriegsparteien entstand ein grosser Bedarf an Schweizerfranken, den die Nationalbank, sehr oft unter Hintanstellung von Bedenken währungs- und geldmarkt- sowie preispolitischer Natur, nach Möglichkeit zu befriedigen suchte. Sie gab Schweizerfranken und nahm dafür Gold, z.T. sogar blockiertes Gold entgegen.
Aussenpolitisch hatte die von der Bundesversammlung am 30. August 1939 erneut bestätigte und bekräftigte Neutralität zum Inhalt, dass die Schweiz gegenüber allen Kriegsführenden in politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht eine absolut neutrale Haltung bewahren werde. An dieses Gebot hatte sich die Nationalbank in ihrer exponierten Stellung als Notenbank strikte zu halten. Nur so war es ihr möglich, den Zahlungsverkehr mit dem Ausland aufrechtzuerhalten und die ihr obliegende Aufgabe im Interesse des Landes zu erfüllen. Die sich aus der Neutralität notwendigerweise ergebende Gleichbehandlung der beiden Kriegsparteien liess ihr schlechterdings gar keine andere Wahl, als das offerierte Gold zur Beschaffung der begehrten Schweizerfranken von beiden Kriegsparteien entgegenzunehmen. Es wäre undenkbar gewesen, von alliierter Seite Gold, ja sogar gesperrtes Gold, anzunehmen, Deutschland gegenüber aber die Übernahme von Gold, das der Nationalbank zugestellt wurde und über das sie daher frei verfügen konnte, abzulehnen. Ganz unmöglich wäre dies gewesen in den Jahren, in denen unser Land von den Armeen der Achsenmächte umschlossen und einer ständigen, zeitweise unmittelbaren Kriegsgefahr ausgesetzt war.
Auch nach Eingang der Warnungen der alliierten Regierungen im Jahre 1944 konnte die Entgegennahme von deutschem Gold nicht vollständig abgelehnt werden20. Es ist daran zu erinnern, dass die Schweiz sich damals noch nicht ausser dem Bereich der militärischen Gefahren befand, musste doch der Bundesrat im Sommer 1944 auf Antrag des Generals zu zwei Malen grössere Truppenmassen aufbieten21. Die Weigerung, deutsches Gold entgegenzunehmen, hätte unser Land gerade während dieser Zeit in grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten versetzt, denn es hätte damit gerechnet werden müssen, dass der Handelsverkehr mit dem Ausland und damit der Import lebenswichtiger Güter, wie z. B. Kohle, zum Stillstand gekommen, der Transit durch Deutschland und die von Deutschland besetzten Gebiete unterbunden, ferner das freie Geleit der unter schweizerischer Flagge fahrenden Schiffe in Frage gestellt worden wäre.
2. Die Zahlen über den Goldverkehr der Nationalbank mit den ausländischen Zentralbanken und der Deutschen Reichsbank im besonderen illustrieren die dargelegten Grundsätze der Goldpolitik; sie zeigen,
a. dass die Nationalbank mit allen Notenbanken, die in Betracht kamen, Goldgeschäfte getätigt hat;
b. dass die Nationalbank von beiden Kriegsparteien Gold gekauft hat; die Übernahme von Gold der Alliierten übersteigt den Ankauf von Achsengold um ein Bedeutendes;
c. dass die Nationalbank alsbald nach Eingang der offiziellen Warnungen der Alliierten im Rahmen des Möglichen auf eine Abnahme der deutschen Goldzessionen hinwirkte.
3. Die chronologische Übersicht bestätigt das Zahlenbild und zeigt eindringlich den Kampf, den die Nationalbank während der Kriegsjahre nach beiden Seiten auszufechten hatte; sie bildet einen Beweis dafür, wie sehr die Nationalbank bestrebt war, die Goldpolitik im Interesse des Landes nach den Grundsätzen zu führen, wie sie aus den gegebenen rechtlichen, währungspolitischen und aussenpolitischen Verhältnissen der Kriegszeit resultierten.
Die Bundesbehörden, die periodisch vom Vorgehen der Nationalbank unterrichtet worden sind, hatten sich der Auffassung der Nationalbank, dass eine Abweisung der deutschen Goldeingänge nicht in Betracht gezogen werden konnte, stets angeschlossen.
4. Wenn nachträglich von den alliierten Regierungen geltend gemacht wird, die Nationalbank hätte von der Deutschen Reichsbank Gold, das aus besetztem Gebiete, insbesondere aus Belgien stammen soll, entgegengenommen, so muss die Nationalbank feststellen, dass sie hiebei in gutem Glauben gehandelt hat.
Aus vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass die Nationalbank bei der Entgegennahme von Gold aus dem Ausland und namentlich auch aus Deutschland nicht bloss eine währungspolitische, sondern ebensosehr eine kriegswirtschaftliche Aufgabe im Interesse der Erhaltung der wirtschaftlichen und politischen Integrität der Schweiz erfüllt hat. Die Nationalbank befand sich hier in einer Zwangslage; sie konnte unter den obwaltenden Verhältnissen nicht anders handeln als sie es getan hat. Eine andere Auffassung käme einer vollständigen Verkennung der Lage gleich, in der sich unser Land in den vergangenen Jahren befunden hat. [...]
[...]22
[...]23
- 1
- E 2800/1967/61/79.↩
- 2
- Cf. DDS, vol. 11, No 297.↩
- 3
- Non retrouvée. Sur la politique de la BNS en 1940, cf. DDS, vol. 13, table méthodique: Affaires financières internationales. Cf. aussi E 6100 (B) 1972/96/240.2.↩
- 4
- Cf. ci-dessus, No 371.↩
- 5
- Cf. table méthodique: II. 11.2. Grande-Bretagne. Relations économiques.↩
- 6
- Cf. DDS, vol. 13, doc. 139, dodis.ch/46896.↩
- 7
- Cf. DDS, vol. 13, doc. 269, dodis.ch/47026.↩
- 8
- Cf. le projet, daté du 2 février 1946, de cet article paru dans Schweizer Monatshefte, fasc. 12, mars 1946, pp. 746 ss., E 6100 (A) 25/2331.↩
- 9
- Non retrouvée. Une faute de frappe de la date expliquerait qu’il s’agisse en fait du document publié ci-dessus No 181.↩
- 10
- Cf. DDS, vol. 13, doc. 419, dodis.ch/47176. 1 Mit Bezug auf die mutmasslichen Goldbestände vor Ausbruch des Weltkrieges wird auf die Ausführungen auf S. 26[non reproduite]hienach verwiesen.↩
- 11
- Non reproduite.↩
- 12
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
- 13
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
- 14
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
- 15
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
- 16
- Sur les relations avec le Portugal en 1942, cf. E 2001 (E) 2/560.Sur les activités de V. Gautier aux Etats-Unis, cf. E 2001 (D) 2/252.Dans son rapport financier No 4 du 24 novembre 1942, le Ministre de Suisse à Washington, C. Bruggmann, écrit notamment: [...] . Im Prozess zwischen der belgischen Nationalbank und der Banque de France über die seinerzeit der letzteren zur Verwahrung übergebenen 220 Millionen Dollar in Gold stellte die Banque de France fest, dass das Gold der Reichsbank unter dem Zwange eines Befehls des französischen Staatsoberhaupts, Marschall Pétain, ausgeliefert wurde. Infolge dieses Zwanges sei die Banque de France von allen weiteren Verpflichtungen befreit. Ferner stellt sich die französische Notenbank auf den Standpunkt, dass die beiden Nominees der belgischen Nationalbank kein Recht zur Prozessführung besitzen, da die Zession des Anspruchs an sie rechtsungültig sei. Demgegenüber stellt der die belgischen Interessen vertretende Advokat fest, dass in einem Affidavit vom 12. Juli 1942 von Herrn Jean Martial, «local agent of the Bank of France», die letztere ihre Bereitwilligkeit erklärt habe, ihre Verpflichtungen unter dem Kontrakt zu erfüllen, was im Widerspruche zu der neuesten Stellungnahme stehe (E 2001 (E) 1968/78/341). Dans une lettre du 27 novembre 1942, il ajoute, dass laut meiner Kenntnis gelangten Gerüchten schweizerische Banken beim Transport des Goldes zwischen Dakar und Europa gewisse Dienste geleistet haben sollen. Nach den mir vorliegenden Informationen hätten eine oder mehrere schweizerische Banken (die A.G. Leu & Cie wurde mit Namen genannt) auf Frachtdokumenten als Empfängerin der Sendung fuguriert. Es ist klar, dass derartige Nachrichten, selbst wenn sie jeder Begründung entbehren, unsere Verhandlungsposition noch schwieriger gestalten. Ich wäre Ihnen daher verbunden, wenn Sie mir mitteilen wollten, ob und allenfalls in welchem Ausmasse die Anschuldigungen berechtigt sind, damit ich wenn möglich den Gerüchten entgegen treten kann (E 2001 (E) 1968/78/341). Ces rumeurs sont démenties à Berne où l’on estime qu’il y a eu confusion avec une autre entreprise inscrite sur les «listes noires» des Alliés. Néanmoins, l’affaire continue d’être suivie attentivement.↩
- 17
- Sur ces négociations, cf E 2001 (D) 2/231, E 7110/1973/134/6; E 7110/1967/135/17 et 18.↩
- 18
- Expertise du 28 mars 1946, E 2800/1967/61/79.↩
- 19
- Expertise du 18 avril 1946, E 2800/1967/61/79 et E 6100 (A) 25/2326.↩
- 20
- E 2001 (E) 2/560.↩
- 21
- Cf. table méthodique: V. Politique militaire.↩
- 22
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
- 23
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/48050. Pour le tableau, cf. dodis.ch/48050. For the table, cf. dodis.ch/48050. Per la tabella, cf. dodis.ch/48050.↩
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