Classement thématique série 1848–1945:
III. RELATIONS ÉCONOMIQUES INTERNATIONALES
III.1. ALLEMAGNE
III.1.1. ALLEMAGNE - RELATIONS ÉCONOMIQUES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 71
volume linkBern 1992
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1967/32#46657* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1967/32 1742 | |
Dossier title | Verhandlungen (1944–1944) | |
File reference archive | 900 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/47675
BESPRECHUNG MIT HERRN BUNDESPRÄSIDENTEN STAMPFLI
AM 20. JANUAR 1944 IN BERN
Wie vereinbart erwartete mich Bundespräsident Stämpfli um 14 Uhr punkt. Er war sehr dankbar für die Mitteilungen, die ich ihm machte3. Er ermächtigte mich, Herrn Minister Schmidt zu antworten.
Herr Schmidt telephonierte mir am 20. Januar 1944, abends 21.40 Uhr und ich gab ihm folgende Antwort:
Herrn Bundespräsident Stämpfli habe ich offiziell gesprochen und ihm alles gesagt. Die Mitteilungen haben ihn sehr interessiert und er wäre bereit gewesen, Herrn Schmidt selber zu empfangen. Zur Sache sagte er mir folgendes:
Die deutsche Regierung dürfe darauf abstellen, dass der Schweizerische Bundesrat nicht identisch ist mit der Meinung, die man aus den schweizerischen Zeitungen lesen kann. Leider hat der Bundesrat keine Möglichkeit, ausser wenn grobe Verstösse Vorkommen, gegen die Presse zu intervenieren. Er hat mir aber bestätigt, dass jeder Gedanke, die Schweiz gehe davon aus, mit Deutschland sei es fertig und man habe keine Rücksicht mehr zu nehmen, absolut falsch sei. Der Bundesrat legt im Gegenteil grosses Gewicht darauf, nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich mit Deutschland in guten Beziehungen zu stehen, ist doch Deutschland der grösste Abnehmer und gleichzeitig das Land, von dem wir am meisten beziehen. Das war nicht nur so, sondern wird so bleiben, auch in Zukunft, möge es mit Deutschland gehen wie es wolle. Von den Alliierten lassen wir uns von der neutralen Linie nicht abbringen. Der Bundesrat treibt keine Politik, die abhängig ist vom Kriegsunglück oder Kriegsglück. Davon kann keine Rede sein. Wir halten uns streng an eine objektive Neutralität.
Richtig ist, dass der Bundesrat eine starke Herabsetzung der Produktion von Kriegsmaterial angeordnet hat, aber das hat er nicht getan unter dem Drucke Englands oder Amerikas, sondern aus eigenen Erwägungen.
Diese gehen dahin, dass man im Bundesrat die Lage in Europa noch in gar keiner Weise als abgeklärt beurteilt, sondern eher befürchtet, dass es noch lange gehen wird, und dass als Folge des Krieges in den uns umgebenden Ländern ein wirkliches Chaos kommen könnte. Da müssen wir uns in der Schweiz vor plötzlicher Arbeitslosigkeit schützen und schon jetzt Umstellungen vornehmen, sonst greifen die bösen Tendenzen auch auf die Schweiz über, wenn wir nicht wirtschaftlich unserem Volk Arbeit und Ernährung bieten können. Diese Befürchtungen sind es, welche den Bundesrat zu Kürzungen veranlasst haben. Wir müssen für eine rechtzeitige Umstellung der Industrie sorgen. Wie schwer der Bundesrat auch mit der anderen Seite kämpft, beweist der Druck, dem wir uns widersetzen, wie z.B. der Massnahme der schwarzen Liste gegen die Firma Sulzer.
Was die Massnahme der Kürzung der Kontingente für kriegswichtige Waren und deren Ersatz durch andere Waren anbetrifft, sagte ich, da sei Herr Stämpfli nicht vollständig im Bilde gewesen, aber wenn Deutschland eine Erhöhung der Leistungen wolle, so müsse es in erster Linie auch in Kohle und Eisen mehr Leistungen machen. Dann werde der Plafond grösser und wir könnten auch wieder mehr liefern. Herr Seybodt sei jetzt in Berlin und er soll nur wieder kommen, die Schweizer Delegation sei bereit, mit ihm zu verhandeln.
Minister Schmidt dankte mir für diese Mitteilungen und sagte nur, eine Erhöhung der Kontingente für Kohle und Eisen hänge eben nicht nur vom Wirtschaftsministerium ab, sondern von der Organisation Todt. Aber vielleicht wäre das doch ein Weg, um weiter zu kommen. Auf jeden Fall wird er Herrn Staatssekretär Heyler benachrichtigen und dafür eintreten, dass Herr Seybodt wieder kommt.
In der an die Besprechung mit Herrn Bundespräsidenten Stämpfli anschliessenden Delegationssitzung habe ich ebenfalls von der Angelegenheit Kenntnis gegeben4.
- 1
- H. Koenig écrit une lettre d’accompagnement de cette notice (datée du 21 janvier 1944) pour le Directeur de la DC du Département de l’Economie publique J. Hotz: Zu Ihrer und Herrn Dr. Homberger’s vertraulichen Orientierung sende ich Ihnen eine kurze Aufzeichnung über das, was ich gestern abend noch Herrn Staatsminister a.D. K.S. auf seine telephonische Anfrage hin geantwortet habe. Ich hoffe nun nur, Herr Seybodt werde den Weg nach Bern wieder finden. Nach meiner Empfindung ist Herr Seybodt über die Besprechung des Herrn Staatssekretär Heyler mit Herrn Minister Schmidt nicht orientiert und er weiss wahrscheinlich nichts von der erfolgten Intervention, die - wie mir Herr Schmidt sagte - nur erfolgt ist zur persönlichen Orientierung des Herrn Staatssekretär (E 7110/1967/32/900Deutschland/1944/13).↩
- 2
- E 7110/1967/32/900 Deutschland/1944/13.↩
- 3
- Cf. E 7800/1/16.↩
- 4
- Cet entretien sur les relations économiques germano-suisses est aussi résumé dans une notice du Département politique: Heyler habe den besten Willen, es «nicht mit der Schweiz zu verderben». Er sehe ein, dass man die Schweiz jetzt und später brauche. Was die einzelnen Streitpunkte anbetreffe, so begreife er die von der Schweiz postulierte Verschärfung der Ausfuhrkontingentierung als im Interesse unseres Landes gelegen. Immerhin frage er sich, ob die ausfallenden Kontingente nicht auf andere, für die Schweiz interessantere Positionen umgelegt werden könnten. Wenn man hier noch mit sich reden lasse, so sei andererseits ein deutsches Nachgeben mit Bezug auf das schweizerische Vorgehen gegen die Reichsbankspitze ausgeschlossen. Deutschland brauche diese Devisen unter allen Umständen. Wenn die Reichsbankspitze tatsächlich beeinträchtigt werde, dann würde der Finanz-Versicherungsund Frankengrundschuldentransfer in Mitleidenschaft gezogen. (Notice de Lacher pour R. Kohli du 22 janvier 1944, E 2001 (E) 2/575). Sur la suite des négociations économiques germano-suisses, cf. le télégramme de P. Keller à la Légation de Suisse à Londres du 1er février 1944 (E 7110/1976/134/58) et le PVCF No 223 du 4 février 1944 (E 1004.1 1/442).↩
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