Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
4. Affaires financières internationales
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 218
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#7390* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 235 | |
Dossier title | Amérique latine (1939–1942) | |
File reference archive | C.22.41.10 • Additional component: Lateinamerika |
dodis.ch/46975
Le Premier-adjoint de la Division du Commerce du Département de l’Economie publique, J. Vollenweider, au Secrétaire général du Département de /’Economie publique, E. Péquignot1
Wir senden Ihnen hiermit die uns mit Notiz vom 20. dies übermittelten Schriftstücke (Brief von Herrn Dr. Ed. Sillig in Vevey an Herrn Bundespräsident Pilet-Golaz vom 14. und Kopie seiner Antwort vom 18. Dezember)2 zurück, indem wir zum Projekt des Herrn Alfred Dufour3 in Buenos Aires folgendes bemerken:
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Argentinien sind stets sehr freundschaftlich gewesen und sind es auch heute noch. Die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen wurden auf der Grundlage der Meistbegünstigung abgewickelt, obwohl diese nicht in einem Vertrag verankert war. (Schon in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde allerdings zwischen Argentinien und der Schweiz ein Handelsvertrag abgeschlossen, doch fand er nicht die Genehmigung des argentinischen Kongresses. Das gleiche Schicksal teilte bis jetzt auch ein neues, im Mai 19344 abgeschlossenes Handelsabkommen, dem ebenfalls argentinischerseits die notwendige Ratifikation versagt blieb und das deshalb noch nicht in Kraft gesetzt werden konnte.)
Wegen der argentinischen Devisenbeschränkungen sahen wir uns gezwungen, im Mai 1934 mit Argentinien ein Zahlungsabkommen abzuschliessen. Dieses ist aber für die Schweiz insofern sehr ungünstig, als Argentinien unserm Lande nur diejenigen Devisen gutschreibt, die es aus schweizerischen Warenbezügen wirklich erhält und anderseits dem Devisenkonto alle schweizerischen Lieferungen nach dem Werte cif5 argentinischen Hafen belastet. Sowohl bei der Einfuhr aus Argentinien als auch bei der Ausfuhr nach jenem Lande gehen demnach die Frachten ganz zulasten der Schweiz. Da bei der Einfuhr aus Argentinien der Frachtanteil am Preise der argentinischen Erzeugnisse franko Schweizergrenze 30-40% ausmacht, müssen wir demnach sehr grosse Mengen argentinischer Erzeugnisse kaufen, um auch nur die erforderlichen Devisen für unsere Ausfuhr nach Argentinien zu erhalten. Bei der Verrechnung über das Devisenkonto gehen zudem einige Millionen Franken für Finanzverpflichtungen den Warenlieferungen vor. Nach diesen Lieferungen kommen dann bei der Verrechnung über das Devisenkonto erst noch die Zinsen und Dividenden aus den schweizerischen privaten Kapitalanlagen in Argentinien. In den meisten Jahren bleibt für die Überweisung jener Zinsen und Dividenden im Devisenkonto überhaupt nichts mehr übrig. Glücklicherweise hat die argentinische Regierung bis jetzt nicht verlangt, dass die Zinsen und Dividenden jener Anlagen unbedingt über das Devisenkonto abgerechnet werden müssten, sondern die Überweisung konnte durch Kauf von Devisen auf dem freien Markt gedeckt werden. In den letzten Jahren konnte aber dieser Kauf meistens nur zu einem viel ungünstigeren Kurse bewerkstelligt werden, während gerade jetzt kein grosser Unterschied zwischen dem amtlichen Kurs der Verrechnung über das Devisenkonto und dem Kurs des freien Marktes besteht. Die Lage kann sich aber auch wieder ändern. Auch wäre es nicht unmöglich, dass eines Tages die argentinische Regierung auch die Überweisungen von Zinsen und Dividenden über das Devisenkonto des Abkommens mit der Schweiz vornehmen wollte, was dann für unsere Ausfuhr nach Argentinien von katastrophalen Folgen wäre. Die Vermehrung der schweizerischen Kapitalanlagen in Argentinien, die jetzt schon über 400 Millionen Franken betragen, ist deshalb nicht ganz unbedenklich. Man kann sich auch fragen, ob die Kriegszeit nun der gegebene Zeitpunkt wäre, um schweizerischerseits Kapitalexport zu betreiben, während doch unzweifelhaft der eigene Kapitalbedarf während eines längeren Krieges infolge der Preiserhöhungen der einzuführenden Waren und der Kosten der Mobilisation sehr stark anschwellen wird. Es ist dies ein Problem, das nicht nur unsere Abteilung berührt, sondern die ganze Wirtschaft, weil eine Zinsverteuerung insbesondere auch für die Landwirtschaft schwerwiegende Folgen haben kann.
Selbst wenn die zuständigen Stellen keine Bedenken gegen eine Kapitalausfuhr während des Krieges hätten, würde es uns scheinen, dass eine gewisse Zurückhaltung mindestens solange erforderlich wäre, als Argentinien die schweizerische Einfuhr ungünstiger behandelt als diejenige aus gewissen wichtigen Konkurrenzländern. Argentinien wendet nämlich seit einiger Zeit die aus devisenpolitischen Gründen eingeführten Einfuhrbeschränkungen auf die Schweiz viel schärfer an als auf Frankreich, Grossbritannien, Italien, Deutschland usw. Verschiedene unserer Industrien, die, wie die Stickereiindustrie, in Argentinien einen gewissen Ersatz für den Rückgang der Ausfuhr nach Grossbritannien und ändern Staaten während des Krieges finden könnten, sind dadurch sehr gehemmt. Angesichts der Tatsache, dass die Schweiz fortgesetzt aus Argentinien viel mehr bezieht als sie dorthin liefert, empfinden wir die schlechte Behandlung unseres Landes als unfreundlich. Obwohl unsere Gesandtschaft in Buenos Aires dies der argentinischen Regierung gegenüber schon wiederholt betont hat und obwohl sie auch auf die besonders hohen schweizerischen Bezüge im laufenden Jahre hinweisen konnte, haben sich die argentinischen Behörden noch nicht bereitgefunden, die erwähnte Schlechterstellung der Schweiz zu beseitigen6. Statt dass Argentinien der besondern Lage der Schweiz als Binnenland einigermassen Rechnung tragen würde, indem es nicht bei der Devisenverrechnung unser Land die volle Last der hohen Frachten tragen liesse, und statt dass es die schweizerischen Kapitalanlagen als eine erfreuliche und für das Land notwendige Erscheinung behandeln würde, benutzt es, wie gewisse europäische Staaten, den Umstand dazu, uns auf dem Gebiete der Einfuhrbeschränkungen zu drücken. Wie bereits erwähnt, müssen wir diese Behandlung nicht nur als unberechtigt, sondern auch als ungerecht und unfreundlich empfinden.
Nach dem Briefe des Herrn Dr. Sillig hätte der frühere argentinische Präsident General Justo erklärt, dass die argentinische Regierung für alle in Argentinien angelegten schweizerischen Kapitalien die Kursgarantie geben würde. Es ist uns nicht klar, inwieweit diese Erklärung, trotz dem Einfluss der genannten Persönlichkeit auf die argentinische Regierung, diese verpflichten könnte und inwieweit tatsächlich eine Kursgarantie gewährt würde. Dieser Punkt bedürfte zweifelsohne noch der nähern Abklärung.
Gemäss Ihrem Wunsche haben wir die Verhältnisse dargelegt, wie wir sie gegenwärtig sehen. Zusammenfassend möchten wir folgendes sagen:
Es ist begreiflich, dass Argentinien während des Krieges, der Grossbritannien und Frankreich weitgehend als Kapitalgeber ausschliessen wird, sich nach ändern Kapitalquellen umsieht, zumal der argentinischen Regierung eine allzu starke Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten nicht erwünscht ist, und diese übrigens mit Kapitalzufuhren nach Argentinien auch zurückhalten dürften, solange nicht zwischen den beiden Ländern eine Einigung über die seit Jahren schwebenden Probleme des gegenseitigen Warenaustausches zustande kommt. Auf der ändern Seite wächst aber während des Krieges auch der eigene schweizerische Kapitalbedarf, sodass wohl, sofern man nicht eine schwere Teuerung des Zinsfusses in Kauf nehmen will, für Kapitalexporte kein grosser Spielraum verbleiben wird. Bevor von Seiten eidgenössischer Behörden die Bestrebungen des Herrn Ing. Dufour nach vermehrten schweizerischen Kapitalexporten nach Argentinien in dem von Herrn Dr. Sillig angetönten Sinne unterstützt würden, müsste somit eingehender die Frage abgeklärt werden, ob ein solcher Kapitalexport im gegenwärtigen Augenblick erwünscht wäre. Sollte dies bejaht werden, so müsste zum mindesten die gegenwärtige Schlechterstellung der Schweiz bei der Einfuhr in Argentinien beseitigt werden und es müssten unbedingt bessere Bedingungen hinsichtlich der Verrechnung der Einfuhr und Ausfuhr im Zahlungsverkehr zwischen der Schweiz und Argentinien erreicht werden, bevor von Bundesseite her die Bestrebungen zu einer weitern Kapitalausfuhr nach Argentinien unterstützt werden könnten.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (D) 2/235. Paraphe: BM. Wirtschaftsbeziehungen mit Argentinien.↩
- 2
- Non reproduits.↩
- 3
- Il s’agit d’un projet d’investissements de capitaux suisses, notamment dans l’industrie électrotechnique.↩
- 4
- Cf. DDS, vol. 11, doc. 30, dodis.ch/45951, doc. 41, dodis.ch/45962, doc. 58, dodis.ch/45979.↩
- 5
- “Cast, insurance and freight” (mode de facturation).↩
- 6
- Cf. E 2001 (D) 1/ 288, 266 et 299.↩
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Mechanical and electrical engineering industries Investments and IRG