dodis.ch/45408
Der Vorsteher des Politischen Departementes, G.
Motta, an die Schweizerische Nationalbank
1
Wir beziehen uns auf unsere Zuschrift vom 2. Mai2 betreffend finanzielle Angelegenheiten mit Rumänien und beehren uns Ihnen mitzuteilen, dass uns in der Zwischenzeit eine weitere Beschwerde schweizerischer Gläubiger zugegangen ist, die ein Einschreiten der Gesandtschaft in Bukarest nötig macht. Es handelt sich, wie Sie der beiliegenden Eingabe des Schweizerischen Office für Forderungen in Rumänien entnehmen wollen, um die Durchführung der schweizerisch-rumänischen Abkommen vom 13. Juni 1924 und 31. Januar 1925 betreffend die Abtragung der rumänischen Schuldverpflichtungen3. Diese Abkommen wurden von den Gläubigervertretern und einer Delegation der rumänischen Regierung abgeschlossen und sind im Gesetzeswege in Rumänien in Kraft gesetzt worden. Das Politische Departement war offiziös bei den Verhandlungen beteiligt und ist auch im Schweizerischen Office, das die Durchführung des Abkommens zu überwachen hat, vertreten. Von den Abkommen werden Forderungen im Gesamtbetrage von ca. 22 Millionen Franken betroffen.
Das Office hat nun die Erfahrung machen müssen, dass die rumänische Finanz Verwaltung, die die Eintreibung der Forderungen zu besorgen hätte, sobald von dem rumänischen Office ein sogenanntes «Certificat de déchéance» ausgestellt ist, ihre Mitwirkung verweigert. Es handelt sich um ca. 250 Fälle für einen Gesamtbetrag von rund Fr. 2’500,000.-. In allen diesen Fällen ist das Eintreibungsverfahren nicht zur Durchführung gelangt, obwohl nach dem klaren Wortlaut der Abkommen die betreffenden Summen in der gleichen Art und Weise wie Steuern einzuheben wären. Es muss somit leider als erwiesen betrachtet werden, dass die Finanzorgane sich den Verpflichtungen, die sich aus dem Abkommen ergeben, entziehen und dadurch die Durchführung des Abkommens illusorisch machen. Es ist nun allerdings möglich, dass dieses Versagen der Finanzverwaltung nicht auf Direktiven des Finanzministeriums beruht, sondern auf dem Verhalten der untern Finanzorgane, die, statt ihre Beamtenpflichten zu erfüllen, von sich aus den Schuldnern Entgegenkommen zeigen. Wie dem auch sei, so darf vom Finanzministerium verlangt werden, dass es seine Organe dazu anhält, die Eintreibung der Forderung, wie dies in dem Abkommen vorgesehen ist, zu besorgen.
Sofern die Schweizerische Nationalbank oder Schweizerbanken eingeladen würden, sich durch Gewährung von Anleihen oder auf andere Weise an der Stabilisierung der rumänischen Währung zu beteiligen, so wäre es erwünscht, wenn die diplomatische Intervention, mit der die Schweizerische Gesandtschaft in Bukarest dieser Tage beauftragt wird, dadurch unterstützt werden könnte, dass auf diese ungünstigen Erfahrungen bei der Durchführung der schweizerisch-rumänischen Abkommen hingewiesen und es als notwendig bezeichnet wird, dass das rumänische Finanzministerium die nötigen Massnahmen trifft, dass diese Mängel beseitigt werden.