Ich beehre mich, Ihnen mein gestriges Telegramm Nr. 932 zu bestätigen.
Wie Sie daraus ersehen haben, ist nunmehr endlich ein gewisser Erfolg unserer Bemühungen zu verzeichnen, indem die Frage der Kohlenversorgung dem Ministerrat vorgelegt wird. Mit Lord Curzon selber konnte ich die Sache nie besprechen; er hat in den letzten zwei Monaten sozusagen niemanden empfangen, ausser hie und da einen alliierten Botschafter; gegenwärtig ist er überdies krank. Ich brachte daher unsere Lage bei dem derzeitigen Stellvertreter des Staatssekretärs, Sir Eyre Crowe, zur Sprache. Aus meiner Unterredung will ich Nachstehendes hervorheben:
«Eine Note des Auswärtigen Amtes vom 1. April3 wiederholt, dass die Regierung keine Interventionsbefugnis hat. Ich bemerkte, dass diese Antwort jeweilen auf meine verschiedenen mündlichen und schriftlichen Vorstellungen erteilt wurde, dass meine Regierung aber immerhin erwarten könne, in irgendeiner Weise die Unterstützung der britischen Behörden zu erhalten.
Da im Parlament der Vertreter des Handelsministeriums am 31. März von «Priorität zugunsten von alliierten Ländern» sprach, war anzunehmen, dass die Regierung trotz allem über gewisse Mittel zur Einwirkung verfügen muss.
(Sir E. Crowe bestritt die Richtigkeit der im Unterhaus gemachten Bemerkung). Ferner hat Mr. Craigie, als er dem politischen Departement eine Kopie der Antwort auf das Memorandum des Volkswirtschaftsdepartementes4 vom 20. Februar übergab, ausdrücklich beigefügt, dass jeder Spezialfall gerne von der britischen Gesandtschaft auf genommen werde, trotzdem in besagter Antwort die Unmöglichkeit der Intervention ebenfalls festgestellt wird. Solche Spezialfälle habe ich wiederholt beim Foreign Office zur Sprache gebracht, aber ohne dass irgendein Versuch gemacht worden wäre, mir zu helfen.
Mit der beständigen Antwort, dass der Regierung keine Mittel zur Intervention zur Verfügung stehen, können wir uns wohl kaum länger abfinden. Wenn die gegenwärtigen Vorschriften wirklich keinerlei offizielle Beihülfe gestatten, so müssen wir dringendst ersuchen, zu erwägen, ob diese Vorschriften nicht abgeändert werden können. Da es sich hiebei, wie schon bei Anlass früherer Unterredungen eindringlichst hervorgehoben, sozusagen um eine Existenzfrage für die Schweiz handelt, so gäbe ich der Hoffnung Ausdruck, es werde in Bälde unserem Ansuchen entgegengekommen werden.» (Indem ich das in Abschrift beiliegende Aide-Mémoire5 übergab, machte ich wiederum mit Nachdruck die Argumente geltend, die in Ihrem Schreiben vom 22. März enthalten sind.)
Wie schon eingangs erwähnt, wird nun Sir Eyre Crowe die ganze Kohlenfrage dem Ministerrat zu neuer Beratung vorlegen. Wann dies geschehen kann, ist vorläufig nicht vorauszusehen, nicht so sehr wegen der Abwesenheit des Premiers, als wegen der grossen Arbeitsanhäufung. Ich erhielt aber die Zusage, dass es sobald als möglich geschehen werde, und ersuchte um spezielle Hervorhebung der schlimmen Lage unseres Landes.
Sir E. Crowe konnte seinerseits nicht genug auf die schwierigen Verhältnisse in England selbst hinweisen: Diese seien der Grund, weshalb von der Kohlenkontrolle, sei es nun der «Controller» in London oder die Distriktkontrollen in der Provinz, keine Beihülfe zu erwarten ist. Ausserdem befänden sich einzelne überseeische Besitzungen, vor allem Ägypten, in einer geradezu verzweifelten Kohlenlage. Ebenso dringende Ansuchen um Versorgung würden auch von Frankreich, Italien und Griechenland gestellt, um nur die am meisten kohlenbedürftigen Länder zu nennen.
Ich behalte mir vor, über das Ergebnis weiterer bereits unternommener und auf nächste Tage angesetzter Schritte im Laufe der kommenden Woche zu berichten.