Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
4. Autriche-Hongrie
4.1. Traité de commerce
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 433
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E13#1000/38#373* | |
Old classification | CH-BAR E 13(-)1000/38 86 | |
Dossier title | Kündigung des Handelsvertrages vom 10.12.1891 am 19.09.1904 durch die Schweiz; Korrespondenz des Handelsdepartements mit der Schweizer Gesandtschaft in Wien; Bundesratsbeschlüsse; Einleitung der Verhandlungen zu einem neuen Vertrag (1903–1904) |
dodis.ch/42843 Le Chef du Département du Commerce, de l’Industrie et de l’Agriculture, L. Forrer, au Ministre de Suisse à Vienne, A. de Claparède1
Durch die schweizerische und die ausländische Presse ging dieser Tage das Gerücht, dass man in Bern nun auch zur Kündigung des Handelsvertrages mit Österreich-Ungarn zu schreiten beabsichtige.
Es liegt selbstverständlich nicht in unserem Interesse, dass die derzeitigen Bemühungen der Cabinets in Wien und Rom, sich über einen modus vivendi zu verständigen, durch solche Gerüchte beschleunigt werden. Dieselben entbehren jeder reellen Grundlage. Wenn man in Wien die Situation richtig auffasst, so wird man sich mit einer Verständigung mit Italien nicht übereilen, sondern aus dem Umstande, dass wir unsern Vertrag mit diesem Lande gekündigt haben, den grösstmöglichen Nutzen zu ziehen suchen. Von einer Kündigung unseres Vertrages mit Österreich-Ungarn kann heute noch keine Rede sein. Wir wünschen uns in keiner Weise mit ändern Ländern einzulassen, bevor wir uns mit Deutschland und Italien verständigt haben. Aller Voraussicht nach, wird dies geraume Zeit in Anspruch nehmen. Was Deutschland betrifft, so sind die Schwierigkeiten gross, und überdies ist kein Grund zur Eile vorhanden, da der jetzige Vertrag nicht gekündet ist; Italien anbelangend, sind wir entschlossen, einen neuen Vertrag nur unter günstigen Bedingungen abzuschliessen; Italien wird aber ebenfalls äusserst zähe sein, so dass ein rascher und glatter Verlauf der Unterhandlungen sehr unwahrscheinlich ist.
Aber auch für den Fall, dass wir mit Deutschland und Italien zum Ziele kommen, ist es noch keineswegs sicher, dass wir unsere Unterhandlungen mit Österreich-Ungarn durch eine Kündigung des jetzigen Vertrages einleiten werden. Es wird dies u. a. davon abhängen, was die deutsche Regierung tut. Nach allem zu schliessen, wird dieselbe eine Kündigung des Vertrages mit Österreich-Ungarn angesichts der vertragsfeindlichen Haltung der Agrarier im Reichstag schwerlich wagen, sondern eher den Weg der freiwilligen Revision betreten, den sie mit uns und mit Russland eingeschlagen hat. In diesem Falle dürften aber auch wir uns zum gleichen Vorgehen entschliessen. Dabei ist zu beachten, dass wir mit Österreich-Ungarn und mit Deutschland den gleichen Vertragstarif für die Einfuhr in die Schweiz vereinbart haben, dass ferner zwischen Österreich-Ungarn und Deutschland zum grossen Teil die gleichen Zölle vereinbart sind, die auch uns interessieren, und dass deshalb keines der drei Länder erhöhte Zölle in Kraft setzen kann, bevor sein Vertrag mit den beiden ändern abgelaufen ist.
Sie werden hieraus entnehmen, dass der österreichisch-ungarischen Regierung von unserer Seite keine Verlegenheiten drohen, und Sie werden es mit uns für zweckmässig halten, dass die erste Gelegenheit von Ihnen ergriffen werde, um im Ministerium des Auswärtigen die Lage in diesem Sinne wahrheitsgemäss darzustellen. Es liegt kein Grund vor, nicht durchaus offen zu sein, und wir zweifeln nicht daran, dass dies einen sehr günstigen, unsern Interessen möglicherweise förderlichen Eindruck erwecken werde. Wenn wir uns auch selbstverständlich zu keinen verbindlichen Erklärungen herbeilassen können, werden Ihre Auseinandersetzungen gleichwohl ihren Zweck, die österreichisch-ungarische Regierung zu beruhigen, nicht verfehlen können, weil sie durch die Lage im allgemeinen und durch unsere Situation im besondern plausibel sind3.