Die Genfer Indochinakonferenz von 1954

Das Who is Who der Weltpolitik gab sich die Klinke in die Hand: «Die Konferenz von Genf gab uns auch die Gelegenheit», resümierte Bundesrat Max Petitpierre im September 1954 vor dem versammelten diplomatischen Corps stolz, «in Bern Staatsmänner zu empfangen, von denen wir vor einigen Jahren nie gedacht hätten, dass sie eines Tages über die Schwelle des Bundeshauses treten würden» (dodis.ch/32116, Original französisch).

Politprominenz in der Rhonestadt

Zwischen April und Juli 1954 verhandelten in Genf hochrangige Vertreter der USA, Grossbritanniens, der UdSSR, Frankreichs, der Volksrepublik China, Nord- und Südkoreas, Laos', Kambodschas, Vietnams und des Viêt Minh über die Konflikte in Korea und Indochina. Die Schweiz nahm an den Verhandlungen in der Rhonestadt nicht teil, stellte sich jedoch für die Organisation der Konferenz zur Verfügung. Am 21. Juli 1954 endete diese mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens im Indochina-Konflikt.

Lob aus Moskau...

Aussenminister Petitpierre konnte am Rande der internationalen Zusammenkunft Konferenzteilnehmer wie den sowjetischen Aussenminister Wjatscheslaw M. Molotow, den chinesischen Ministerpräsidenten Zhou Enlai und Frankreichs Regierungschef Pierre Mendès France empfangen. Molotow lobte im Gespräch die «weise Politik» der schweizerischen Staatsmänner und die «günstige Atmosphäre» Genfs für internationale Konferenzen (dodis.ch/9031, Original französisch).

… und Peking

Auch Zhou Enlai gab sich beeindruckt über die Organisation der Konferenz (dodis.ch/8175). Der langjährige Regierungschef sollte sich gegenüber den schweizerischen Botschaftern in Peking noch bis in die 1970er Jahre hinein wohlwollend über den ebenbürtigen Empfang durch die neutrale Schweiz aussprechen, zumal die Volksrepublik, die 1954 ihr Début auf internationalem Parkett gab, vielerorts noch als «zweitrangige Nation» gegolten habe. «Genf sei für ihn die schönste Stadt Europas» (dodis.ch/35904).

UNO-Generalsekretär für Schweizer Korea-Engagement

Auch UNO-Generalsekretär Dag Hammerskjöld traf sich zu Besprechungen mit dem Bundesrat. Während eines Abendessens am Murtensee gelang es dem Schweden, Petitpierre davon abzubringen, die Schweizer Delegation bei der Überwachungskommission in Korea zurückzuziehen – eine Geste, welche die kommunistische Seite als ein Einschwenken auf die amerikanische Position interpretiert hätte, während das Fortbestehen des schweizerischen Korea-Engagements die Neutralitätspolitik festigte (dodis.ch/9580).

Positive Bilanz

Die Indochina-Konferenz sei «zweifellos ein positives Ereignis für die Schweiz» gewesen, konnte Petitpierre vor seinen Diplomaten bilanzieren: «Sie bot Staatsmännern die Gelegenheit unser Land kennen zu lernen, die es noch nie gesehen hatten und die hier ein günstiges Diskussions- und Arbeitsklima vorfanden […] Ohne die Vorteile, die uns die Genfer Konferenz gebracht hat, überbewerten zu wollen, denke ich, dass unsere internationale Stellung und besonders unsere Position als neutraler Staat gestärkt daraus hervorgegangen sind» (dodis.ch/9558, Original französisch).