dodis.ch/49318Der Bundesanwalt, R. Gerber, an den Direktor der Eidg. Militärverwaltung des Militärdepartements, A. Kaech1

Flugzeug-Beschaffung; Schmiergeldaffäre der multinationalen Flugzeugfirmen

Ich habe die Debatte betreffend die Tigerbeschaffung im Nationalrat2 mit grossem Interesse verfolgt und den Ausgang mit Genugtuung registriert.

Nach wie vor besteht jedoch ein gewisses Malaise wegen der bekanntgewordenen «Werbemethoden» von Flugzeugherstellern3. Zwar deutet nichts darauf hin, dass die Verwaltung in irgend einer Form in solche Schmiergeldpraktiken verwickelt gewesen wäre; unbestritten bleibt indessen, dass derartige, über die Schweiz abgewickelte Transaktionen dem Ansehen unseres Landes in hohem Masse schädlich sind. Unter diesem Gesichtspunkt ist es zu bedauern, dass keine rechtlichen Möglichkeiten zur Einleitung einer umfassenden Untersuchung bestehen.

Der Bundesanwaltschaft bleibt nach der von Herrn Bundespräsident Gnägi abgegebenen Zusicherung4 die Verpflichtung zu besonderer Wachsamkeit und zum sofortigen Eingreifen, sobald ihr im Zusammenhang mit der Tiger-Beschaffung5 irgendwelche konkrete Anhaltspunkte für ein der Bundesgerichtsbarkeit unterstehendes strafbares Verhalten zur Kenntnis gelangen sollten. Indessen ist die Bundesanwaltschaft6 diesbezüglich weitgehend von der Direktion der Eidg. Militärverwaltung abhängig und darauf angewiesen, von ihr über alle diesbezüglichen Hinweise, Beobachtungen sowie auch über allfällig umlaufende Gerüchte sofort benachrichtigt zu werden. In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, der Angelegenheit auch nach erfolgter Beschlussfassung durch das Parlament bezüglich der Tiger-Beschaffung Ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Interesse hätte die Bundesanwaltschaft auch daran gehabt, das Ergebnis der Erhebungen der niederländischen Untersuchungskommission kennenzulernen. Diese hat sich jedoch, wie uns das Eidg. Politische Departement auf Anfrage hin mitteilte7, in Schweigen gehüllt. Wir nehmen nicht an, dass dem Eidg. Militärdepartement dahingehende Informationen zugegangen sind.

Als8 einzig noch offenes Geschäft bleibt noch die Einfache Anfrage Grobet vom 5.3.19769 zu behandeln. Soweit das federführende Eidg. Militärdepartement dazu meine Mitwirkung benötigt, stehe ich Ihnen zur Verfügung. Der Kontakt zwischen den beidseitigen Sachbearbeitern, den Herren Saurer und Dr. Vogel, besteht bereits.

1
Schreiben: CH-BAR#E5001G#1986/106#1132* (741.4). Verfasst von U. Vogel. Visiert von A. Kaech.
2
Vgl. Amtl. Bull. NR, 1976, S. 281–307.
3
Zu den US-Untersuchungen in der Schweiz vgl. die Notizen von U. Vogel vom 27. August 1975, dodis.ch/50723 und dodis.ch/50519; das Telegramm Nr. 484 von Ch. Müller an die schweizerische Botschaft in Washington vom 27. Oktober 1975, dodis.ch/50724 sowie das Telegramm Nr. 62 von A. Hohl an die Politische Direktion des Politischen Departements vom 26. Januar 1976, dodis.ch/50725. Zur Lockheed-Affäre in Japan vgl. den Politischen Bericht Nr. 9 von A. Maillard vom 29. Juli 1976, dodis.ch/51755.
4
Handschriftliche Marginalie von A. Kaech vom 29. März 1976: Kurze Antwort und Kenntnisgabe des Schriftwechsels an GRD / GGSt / Kdo FF.
5
Zur Untersuchung in der Schweiz vgl. das Schreiben von R. Gnägi an R. Trechsel vom 21. Juli 1975, dodis.ch/50718 sowie den Bericht von R. Trechsel vom 18. August 1975, dodis.ch/50722. Allgemein zur Tiger-Beschaffung vgl. DDS, Bd. 27, Dok. 23, dodis.ch/49317; Dok. 41, dodis.ch/49316; Dok. 58, dodis.ch/49328, Punkt 4 sowie Dok. 72, dodis.ch/49315.
6
Handschriftliche Marginalie: Zusichern.
7
Vgl. dazu die Notiz der Bundesanwaltschaft vom 19. März 1976, CH-BAR#E4320C#1995/391#968* (930.3/378/1/P). Zur niederländischen Untersuchskommission vgl. den Bericht von R. Gerber vom 19. Februar 1976, dodis.ch/50782; die Notiz von A. Weitnauer vom 24. Februar 1976, dodis.ch/50781 sowie das BR-Prot. Nr. 349 vom 25. Februar 1976, dodis.ch/50783.
8
Handschriftliche Marginalie: Ist von BR auf EJPD «umgebucht» worden (Kz [H. R. Kurz] weiss Bescheid).
9
Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 880 vom 19. Mai 1976, dodis.ch/50726.