Vize-Premierminister Wang Zhen2 (ein alter Kampfgefährte Maos) hat mich anlässlich meines Abschiedsbesuches vom 26 d[es]s[elben]. gebeten, dem Bundesrat und dem Schweizervolk die Gefühle freundschaftlicher Verbundenheit des chinesischen Volkes zu übermitteln. Zuvor hat mich Aussenminister Huang Hua ersucht, Ihnen persönlich seine besten Grüsse und Wünsche auszusprechen.
Die Unterredung – in betont zeremonieller Form in der Halle des Volkes – lässt sich wie folgt zusammenfassen:
1. Die schweizerisch-chinesischen Beziehungen3 sind ausgezeichnet, und wir dürfen uns beidseitig darüber freuen. Unsere Beziehungen sind aber auch ausbaufähig und den Chinesen sind alle Initiativen in dieser Richtung stets willkommen.
2. Nach den dramatischen Ereignissen des Jahres 1976, die schwere Verluste verursacht haben4, und dem Sieg über die «Viererbande»5 ist die Zukunft Chinas lichter und klarer denn je. Dieser Optimismus wird sich auch auf dem Gebiet der bilateralen Beziehungen positiv auswirken und neue Möglichkeiten eröffnen. Als Beispiele wurden die Intensivierung der Handelsbeziehungen6, des Austausches in Wissenschaft und Forschung und die Möglichkeit einer allfälligen Einladung einer schweizerischen Parlamentarier-Delegation erwähnt7. Die Bedeutung persönlicher Kontakte wurde unterstrichen8.
3. Vize-Premier und Aussenminister warnten einmal mehr vor der Gefahr, die Westeuropa und auch der Schweiz seitens der UdSSR drohe9. Europa könne bei seinen Bemühungen um die Einigung und seine dringend nötige Stärkung stets mit China rechnen. Interessant war in diesem Zusammenhang die Bemerkung des Aussenministers: «Wir erklärten den Amerikanern, dass sie ein starkes Europa eines Tages sehr wahrscheinlich nötiger haben werden als umgekehrt. Die Entscheidung werde auch diesmal – und einmal mehr – in Europa gesucht.»
4. Ich habe im Verlaufe des Gesprächs die (von China übrigens voll anerkannte) traditionelle aussenpolitische Rolle der Schweiz in Erinnerung gerufen.
5. Ich benütze diese Gelegenheit, um Ihnen meinen Schlussbericht, in Form von Fragmenten meines China-Tagebuchs10, zugehen zu lassen. Ich gebe mir Rechenschaft, dass ich damit auf fast unzumutbare Weise zur Papierflut auf dem bundesrätlichen Schreibtisch beitrage. Vielleicht finden Sie dennoch gelegentlich Zeit und Musse, in diesen Notizen chinesischer Impressionen zu blättern.