dodis.ch/47873 Le Directeur de la Division du Commerce du Département de l'Economie publique au Ministre de Suisse à Washington, K. Bruggmann1

Das Politische Departement stellte uns Ihren Bericht über die 2. «UNRRA»-Konferenz zu, der auf den Beobachtungen des Herrn Legationsrat Feer fusst2

. Wir haben von diesem Bericht mit dem grössten Interesse Kenntnis genommen und gestatten uns, dazu zwei Bemerkungen zu machen:

1) Am Schluss Ihres Berichts erwähnen Sie, dass in London zwischen der schweizerischen Handelsdelegation und den «UNRRA »-Behörden für Europa eine Fühlungnahme stattgefunden habe, über deren Ergebnis Ihre Gesandtschaft nicht unterrichtet worden sei. Die zitierten Kontakte waren durchaus inoffizieller Natur und bezweckten, den «UNRRA»-Behörden in London die Dienste der schweizerischen Wirtschaft für gewisse Hilfe- und Wiederaufbau-Lieferungen anzubieten. Dies erfolgte in scharfer Trennung von Lieferungen anderer Art, welche die Schweiz im Rahmen ihrer humänitären Aktionen zu erbringen beabsichtigt. Die Handelsdelegation war bestrebt, von der «UNRRA» Aufträge auf rein kommerzieller Basis zu erhalten. Das Ergebnis ihrer Bemühungen lässt sich dahin zusammenfassen, dass auf Grund einer eingehenden Aufklärungsarbeit der Delegation über die bestehenden Liefermöglichkeiten die Schweiz von der «UNRRA» als «possible supply-source» anerkannt wurde. Diese Anerkennung kann gegenüber den Regierungen besetzter und inzwischen zum Teil befreiter Gebiete praktische Auswirkungen haben, da sich diese von sich aus um gewisse Nachkriegslieferungen aus der Schweiz interessierten, dabei bisher jedoch öfters auf den Widerstand der «UNRRA»-Behörden gestossen waren.

Man erklärte der Delegation weiter, dass die «UNRRA» selbst als Käufer schweizerischer Waren deshalb kaum in Betracht kommen könne, weil ihr dazu die finanziellen Mittel fehlten und sie von den Mitgliedstaaten gedrängt würde, damit sie selbst in erster Linie als Lieferanten berücksichtigt werden. Es überraschte uns, jüngst in der Presse zu lesen, dass die «UNRRA» in Schweden Aufträge für fertige Holzhäuser und andere Lieferungen erteilt habe. Direkte «UNRRA »-Aufträge an die Schweiz sind uns bis jetzt nicht bekannt geworden; es liegt einzig eine Anfrage der «UNRRA» um Preisangaben für Exportvieh vor. Hingegen laufen einige Bestellungen für Nachkriegslieferungen aus Frankreich und Holland.

2) Sie betonen mit Recht die Tatsache, dass die Schweiz über einen intakten Produktionsapparat und über genügend Arbeitskräfte verfügt, um Aufträge mit kurzen Lieferfristen im Rahmen der ersten Hilfeleistung an notleidende Bevölkerungen oder des Wiederaufbaus zerstörter Gebiete ausführen zu können. Sie denken dabei insbesondere auch an unsere schlecht beschäftigte Textilindustrie. Sie werden inzwischen die Abschrift unseres an die schweizerische Gesandtschaft in London gerichteten Briefes vom 7. Oktober 19443 erhalten haben, aus dem Sie ersehen, dass wir der «UNRRA» unsere Dienste auf diesem Gebiete erneut angeboten haben. Leider sind wir in dieser Sache bis heute ohne Nachrichten aus London geblieben. Wir bedauern, dass so wertvolle Zeit verloren geht, die auf den Winter hin im Sinne Ihrer Überlegungen und unserer seit Monaten unternommenen Bemühungen zu Gunsten notleidender Bevölkerungen genutzt werden könnte.

1
Lettre (Copie): E 2001 (E) 1/154. La lettre est signée: i. V. Keller. Cf. aussi: E 2001 (E) 1/208.
2
E 2001 (D) 3/491 (rapport du 2 octobre 1944).
3
E 2001 (E) 1/208.