Mit Schreiben vom 31. Mai2 haben Sie uns gebeten, Ihnen über unsere Einstellung zum Völkerbund gewisse nähere Aufschüsse zu geben.
Sicherlich ist zunächst Ihre Auffassung richtig, dass der Völkerbund juristisch immer noch existiert, dass er aber praktisch seine Tätigkeit eingestellt hat. Dieser Zustand ist auch im Hinblick auf den bisherigen Verbleib des Völkerbundssekretariates in Genf für die Schweiz der einzig erträgliche. Man könnte hinzufügen, dass die Schweiz, wenn der Völkerbund noch lebendig wäre, wohl oder übel aus ihm austreten müsste, dass sie aber, weil er praktisch tot ist, sich um sein Schicksal vorderhand desinteressieren kann. Das eidgenössische Budget pro 1941 enthält deshalb an Stelle eines Beitrages den Vermerk: «Vu les circonstances, il n’y a pas lieu d’inscrire un poste quelconque au budget». Bei dieser Situation erübrigen sich vorläufig auch weitere Entschlüsse3.
Dem Ideal einer friedlichen Organisation der Welt wird natürlich gerade die Schweiz nicht untreu werden. Das will aber nicht heissen, dass sie durch dick und dünn mit der Genfer Institution gehen muss, die einmal einen viel versprechenden Anfang in dieser Richtung bedeutete, aber ihren Hauptzweck nicht erfüllt hat. Das Problem Völkerbund ist, wie so viele andere, durch den Krieg in einen derartig fragwürdigen Schwebezustand geraten, dass wahrscheinlich bis zum Friedensschluss darüber keine bestimmten und klaren Definitionen mehr formuliert werden können. Es gehört zurzeit zu denjenigen, von denen man am besten nicht spricht.