dodis.ch/46724 Le Chef du Service de l’Etat-Major général, J. Labhart, au Chef du Département militaire, R. Minger1

Persönlich

Ich gestatte mir, Ihnen meinen Eindruck über die Gespräche mit den Herren der Deutschen Gesandtschaft anlässlich der Abendeinladung vom 29. November mitzuteilen und dazu folgendes zu berichten:

Nach Tisch gesellte sich sofort der Pressechef der Deutschen Gesandtschaft zu Herrn Dr. Faisst und mir und setzte sich neben mich. Er kam nach wenigen allgemeinen Redensarten auf die Haltung der schweizerischen Presse gegenüber Deutschland zu sprechen. Der Pressechef kritisierte die Haltung sowohl der bürgerlichen wie der linksgerichteten Presse gegenüber dem deutschen Reich und sagte mir, dass er bei allem Wohlwollen und Verständnis für unser Volk und unsere Einrichtungen nunmehr zum Schluss gekommen sei, dass es nicht mehr so weitergehen könne. Jeden Tag werde das deutsche Reich, seine Regierung und deren Institutionen mit einem Kübel Dreck (des nämlichen Ausdruckes bediente sich später auch noch Minister Köcher in der Unterredung mit Herrn Bundesrat) beworfen und das könne nicht mehr so weitergehen. Von Berlin erhalte die Gesandtschaft täglich Mitteilung, dass dieses Verhalten der Presse ein «Skandal» sei und nach ihrer Auffassung sei dem nur zu steuern durch ein «reinigendes Gewitter».

Ich versuchte wiederholt und Herrn Dr. Faisst hat mich darin unterstützt, diese Beurteilung unserer Schweizerpresse in ein anderes Licht zu rücken. Der Pressechef hatte dafür kein Verständnis und beharrte vorbehaltlos auf seiner Ansicht.

Gegen Ende dieser Unterhaltung kamen Sie, Herr Bundesrat, ebenfalls an unseren Tisch, worauf für einen Augenblick das Gesprächsthema gewechselt wurde. Neben Ihnen sassen Minister Köcher und Minister Tamaro. Ich war gespannt darauf, ob sich nunmehr dieses Gesprächsthema wiederholen würde. Das trat auch sofort ein und ich schliesse daraus, dass die Aufnahme dieser Unterhaltung mit Ihnen wie mit mir vorher verabredet war. Es fiel mir auf, wie auch Minister Tamaro die Vorhaltungen von Minister Köcher sehr lebhaft unterstützte.

Ich halte es für notwendig, dass über diese Unterhaltung auf der deutschen Gesandtschaft, die nicht gerade sehr taktvoll war, dem Bundesrat berichtet wird. Die Auslassungen des Pressechefs müssen m. E. als Drohung aufgefasst werden. Ich füge noch bei, dass anlässlich einer anderen Einladung einiger Wochen vorher Baron von Bibra mir gegenüber in ähnlichem Sinne auf die Pressefragen zu sprechen kam, sich jedoch weniger scharf ausdrückte.

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Lettre: E 2001 (D) 1/7. Le document a été transmis à Motta qui a écrit en tête de celui-ci: Auswärtiges, 1.XII.38, M.