dodis.ch/45613 Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess1, à la Légation de Suisse à Paris2

[...]

Was die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz anbetrifft, so glauben wir trotzdem hier nicht, dass die zollfreie Einfuhr Österreichs auf den deutschen Markt unserm Export nach Deutschland wesentlich schaden würde, da wir dort bereits mit der Produktion der hochentwickelten deutschen Industrie in Konkurrenz stehen. Die soeben erwähnte Äusserung des deutschen Grossindustriellen3 beweist jedoch, dass hier eine andere Auffassung möglich ist. Indessen befürchtet man bei uns eher die Konkurrenz Deutschlands auf dem österreichischen Markt. Immerhin muss man sagen, dass es sich auch hier um Annahmen handelt, und dass ein definitives Urteil zu fällen heute nicht möglich ist. Es kommt auch darauf an, welche Zölle an der österreichisch-deutschen Grenze aufrechterhalten werden und auf wie lange dies geschieht. Dem Vernehmen nach sollen einstweilen ziemlich wichtige Industriezölle weiter bestehen, und die Erfahrung zeigt, dass solche Provisorien oft ziemlich dauerhaft sind. Würde auf der ändern Seite die Zollunion der deutschen und der österreichischen Wirtschaft wirklich zu ernstlichem Nutzen gereichen und die wirtschaftliche Lage in diesen beiden Ländern besser gestalten, so würden wir aus der daherigen Steigerung der Kaufkraft Nutzen ziehen können. Ob aber dieser Effekt eintreten wird, ist, wie wir bereits hervorhoben, fraglich. [...]

Sie sehen also, dass es heute sehr schwer ist, die wirtschaftlichen Auswirkungen in bestimmter Weise vorauszusehen. Im allgemeinen wird man ja wohl sagen dürfen, dass vom Standpunkt der Schweiz aus der jetzige Zustand einer deutschösterreichischen Zollunion vorzuziehen sei. Durch eine Zusammenlegung der beiden Zollgebiete wird die Macht unseres Gegenkontrahenten bei Vertragsverhandlungen gestärkt, und solche Verhältnisse können sich bekanntlich unangenehm auswirken. Wir glauben indessen mit den Vertretern des Vororts, die wir heute zufällig in Zürich zu treffen Gelegenheit hatten, dass die ganze Lage auch deshalb um so ruhiger beurteilt werden soll, als die Realisierung des Projektes noch keineswegs sicher ist. Ganz abgesehen von allen äussern Schwierigkeiten, die an sich schon sehr gross sind und nach unserem Gefühle wohl die deutsch-österreichischen Bestrebungen zum Scheitern bringen werden, dürfte die Ausarbeitung des Zollunionsvertrages zwischen den Kontrahenten noch zu langen Diskussionen Anlass geben. Ob die dabei auftauchenden Schwierigkeiten überbrückt werden können, ist auch noch keineswegs sicher.

Aus allen diesen Gründen empfiehlt es sich, wie auch in der gestrigen Sitzung des Bundesrates betont wurde, dass sich die schweizerischen Vertreter reserviert verhalten. Rechtlich haben wir keine Möglichkeit, gegen die Zollunion Einspruch zu erheben. Unser Wunsch aber wird weder für das Scheitern noch für die Realisierung des Projektes von Bedeutung sein, und es hat daher auch keinen Zweck, sich in dieser Frage zu exponieren.

Viel mehr als die wirtschaftlichen Fragen haben politische Erwägungen zu der grossen Aufregung beigetragen, die man vielfach konstatieren konnte. Man betrachtet vielerorts die Zollunion als die Vorbereitung des politischen Anschlusses. Deutschland und Österreich versichern, dass es sich um eine rein wirtschaftliche Aktion und nur um eine völkerrechtliche, nicht aber um eine staatsrechtliche Bindung handle. Es ist nicht unsere Sache, darüber ein endgültiges Urteil zu fällen. Sicherlich kann nicht geleugnet werden, dass ein Zollanschluss den politischen Anschluss zu präparieren geeignet ist. Ob aus dieser Feststellung der Schluss gezogen werden darf, dass heute schon auf die politische Vereinigung hingezielt werde, ist eine andere Frage.

Sie wissen, dass der Bundesrat die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes als im Interesse der Schweiz gelegen betrachtet und wünscht, dass der Anschluss Österreichs an Deutschland nicht erfolge. Die Gründe hiefür brauchen wir Ihnen nicht auseinanderzusetzen. Trotzdem glauben wir in Übereinstimmung mit dem Bundesrat, dass die schweizerischen Vertreter auch in dieser Beziehung Reserve beobachten und auf eine Erörterung dieser Frage zurzeit nicht eintreten sollten. Sie sehen also, dass wir das deutsch-österreichische Projekt hier durchaus ruhig beurteilen und der Meinung sind, dass die Entwicklung der Dinge abzuwarten sei. Wir möchten jedoch gleichzeitig betonen, dass die wirtschaftliche Lage Europas eine ernste ist und dass die europäischen Probleme im allgemeinen, wie auch das österreichische im besondern, durch eine Verhinderung des heute in Frage stehenden Projektes nicht aus der Welt geschafft sind4

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1
En qualité de remplaçant du Chef du Département politique.
2
Lettre: E 2200 Paris 3/3.
3
Cet avis est mentionné dans un passage précédent de la lettre, qui n’a pas été retenu.
4
Dans une lettre du 22 avril 1931 à la Légation de Suisse à Paris, le Chef du Département politique G. Motta dit n’avoir rien à ajouter à cet exposé concernant les répercussions économiques que le projet d’union douanière austro-allemande peut avoir pour la Suisse. Il rappelle que le message du Conseil fédéral à l’Assemblée fédérale du ltT décembre 1922, concernant la participation financière de la Suisse à la reconstruction de l’Autriche estimait déjà que le démembrement de l’Autriche serait pour notre pays un dommage très sensible. (FF 1922, III, pp.833ss.) Et de conclure... Il est superflu de dire que toutes les considérations qui précèdent gardent, aujourd’hui encore comme en 1922, toute leur valeur. D’accord avec le Conseil fédéral et en complément des instructions qui vous ont déjà été données, nous avons donc l’honneur de vous faire connaître que, dans les entretiens au sujet de l’union douanière projetée entre l’Allemagne et l’Autriche, MM. les Chefs de Mission peuvent ne pas cacher qu’une union politique entre ces deux voisins n’est pas souhaitée par la Suisse. Cette attitude est du reste parfaitement conciliable avec une prudence extrême dans toutes nos déclarations (E 2200 Paris 3/3).