dodis.ch/43164 Der schweizerische Gesandte in Berlin, A. de Claparède, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departementes, L. Forrer1

handschriftlich

Ich beehre mich Ihnen hieneben einen Ausschnitt aus dem heutigen Berliner Lokal Anzeiger zu übersenden, in welchem gemeldet wird, dass manche Lausanner Zeitungen den Wunsch ausdrücken, es möchte der Deutsche Kaiser von Interlaken aus mit der Oberland-Montreuxbahn nach Chillon fahren. Durch diesen Besuch eines Kantons der französischen Schweiz würde am Besten das Gerücht widerlegt, der Kaiser habe unsern vorjährigen Manövern nicht beiwohnen wollen, weil dieselben in wälschen Kantonen stattgefunden haben.

Sie dürfen, Herr Bundespräsident, von dieser Meldung wohl schon Kenntnis erhalten haben; ich erlaube mir aber, zu denselben zu bemerken, dass ich auch von deutscher Seite und von Personen, welche dem Kaiser nahestehen, ähnliche Äusserungen mit dem Hinweis darauf gehört habe, dass der Kaiser für das Schloss Chillon ein ganz besonderes Interesse hege, was mir in der Tat aus Mitteilungen des Kaisers aus früheren Jahren bekannt war.

Ich frage mich daher, ob der mitfolgende Artikel auf eine deutsche Quelle zurückzuführen sei2.

1
Schreiben: E 2001 (A), Archiv-Nr. 95.
2
Der Kaiser, dem in der Wahl der Ausflugsziele freie Hand gelassen wurde, wollte offenbar dieses Projekt nicht verwirklichen. Der Kaiser besuchte vom 3.-7. September 1912 die Schweiz. Er logierte in Zürich und besichtigte am 4. und 5. September die Manöver des 3. Armeekorps in der Ostschweiz. Am 6. September besuchte er die Bundeshauptstadt. Der Berner Bundesrat E. Müller bedauerte in einem Schreiben vom 29. Juni 1912 an Forrer: [...] Gerne hätte ich gesehen, wenn man den Bernern etwas mehr hätte bieten können, ich meine der Stadt Bern. Man kann jetzt schon gelegentlich hören, dass sie es empfinden, dass der Kaiser nicht einmal hier übernachten soll. Aber ich muss gestehen, dass es schwierig ist, dies einzurichten und will daher auch deshalb nicht Opposition machen. [...] (ZB Zürich Ms Z II 555.5 Nr. 23).