dodis.ch/43010 Der Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartements, J. Zemp, an den schweizerischen Gesandten in Rom, J. P. Pioda1

Ich bin seit gestern abends im Besitze Ihres Geschätzten vom 25. ct.

Es ist ganz richtig, dass die deutsche Regierung auf unsere wiederholte Anfrage über ihre den Gotthardbahnrückkauf betreffenden Erschliessungen jeweilen erklären Hess, dass sie noch nicht im Stande sei, zu antworten, weil die Angelegenheit noch im Stadium der Untersuchung sich befinde. Auch der deutsche Gesandte in Bern, Herr v. Bülow, gab nie andere Erklärungen ab.

Dagegen habe ich Ihnen gelegentlich mitgeteilt, dass uns verschiedentliche Äusserungen von solchen Personen ausseramtlich zugekommen seien, welche der deutschen Regierung nahe stehen, und deren Mitteilungen auf eine günstige Aufnahme unserer Vorschläge bei der deutschen Regierung schliessen lassen. Ich glaube auch, Ihnen gegenüber die bestimmte, aus jenen Äusserungen geschöpfte Meinung ausgesprochen zu haben, dass die deutsche Regierung ihre Zustimmung zu einer Liquidation der internationalen Rechtsverhältnisse bei der Gotthardbahn lediglich von der Reduktion der Bergzuschläge abhängig machen werde.

Ganz vertraulich gebe ich Ihnen darüber folgende Details.

Als ich an die Prüfung der internationalen Verbindlichkeiten gegenüber den Subventionsstaaten herantrat, erhielt ich von einem Mitgliede der Gotthardbahndirektion die Meldung, dass ein Vertreter der deutschen Regierung im Verwaltungsrat der G. B. vertraulich sich dahin geäussert habe, dass die deutsche Regierung nicht an die Rückforderung der Subvention denke, dass sie aber Wert darauf lege, dass beim Übergang der Bahn an die Eidgenossenschaft die Bergzuschläge herabgesetzt werden.

Im Jahr 1905, anlässlich der zweiten Revisionskonferenz für das internationale Eisenbahnfrachtrecht, kam Herr Elsner, einer der deutschen Delegierten, bei einer persönlichen Begegnung mit mir, auf die bevorstehende Auseinandersetzung mit den zwei Subventionsstaaten zu sprechen. Er meinte, die Erledigung der Angelegenheit werde sich leicht machen, er als Referent im Reicheisenbahnamt habe die Akten studiert. Er sprach nicht direkt davon, dass unsere Vorschläge genehm seien, aber aus seinen Worten war dies zu erschliessen. Das Gespräch hierüber wurde nicht von mir begonnen, Herr Elsner hat den Gegenstand aufgegriffen.

Herr Elsner hat nachher, vor seinem Weggang von Bern zu einer ändern Person dasselbe erklärt und ist auch im gleichen Sinne verstanden worden.

Herr Weissenbach, Präsident der Generaldirektion der Schweiz. Bundesbahnen, hat seither in Berlin von der Leyen, Vortragender Rat im preussischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Erklärung erhalten, dass man in Berlin gewillt sei, auf der von uns gebotenen Grundlage zu einem Abschluss zu kommen.

Sie verstehen, Herr Minister, dass die Nennung der Namen als eine durchaus vertrauliche gelten muss, lediglich zu Ihrer Orientierung bestimmt.

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Schreiben: E 2200 Rom 2/Gotthard 1905-1907.