dodis.ch/41566 Le Ministre de Suisse à Paris, J. C. Kern, au Président de la Confédération, J. M. Knüsel1

Ich las in öffentlichen Blättern, dass sich zwischen dem Bundesrath u. der Regierung von Frankreich ein Anstand erhoben über die Frage: ob der neueingeführte Ausgangszoll auf Pferden mit den Bestimmungen des französisch. - schweizerisch. Handelsvertrages vereinbar sey? Herbet, mit dem ich wegen hinzuziehenden Informationen über eine ganz andere Frage lezte Woche zusammentrat, fragte mich, ob ich den Stand der diessfälligen Correspondenz kenne. Ich werde wohl wissen; dass die französische Regierung keineswegs einverstanden sey mit der Auslegung, welche der Bundesrath dem Art. 282 des Handelsvertrages gebe. Nach dieser Auslegung, so fuhr er fort, könnte ja jeder Staat zu jeder Zeit den Conventionaltarif bald über diesen, bald über jenen Artikel ändern, man brauche nur diese Änderung gegenüber allen Staaten einzuführen. Es könnte diess z.B. der Schweiz unter Umständen gar nicht Zusagen, indem man bei seinem für ihre Industrie wichtigen Artikel, der aber für andere Staaten wenig Bedeutung hätte, einen erhöhten Eingangszoll festsezen würde. Nach der französ. Ansicht sei diess gegenseitig zulässig bei Artikeln, welche im tarif conventionel aufgezählt seyen – Art. 28 beziehe sich nur auf im Tarif nicht genannte Artikel – diess das Räsonement von Herbet. Da er das Gutachten abzufassen hatte, so wird wohl auch die Correspondenz französischer Seits vom gleichen Gesichtspunkt ausgehen. Ich erwiederte ihm natürlich, dass mir die ganze Correspondenz unbekannt sey und dass ich daher auch nicht näher auf die Frage eingehen könne.

Mir scheint – beiläufig bemerkt – ein anderer Standpunkt einfacher u. geeignet, jeden Interpretationsstreit zu beseitigen.

Pferde werden bekanntlich bei Kriegszeiten als Kriegscontrebande angesehen. Die Schweiz hat also das Recht u. als neutraler Staat, der nach speziellen völkerrechtlichen Bestimmungen – die Neutralitätsgarantie ist auch – die Pflicht, die Ausfuhr von Kriegscontrebande zu untersagen. Mir hätte daher ein eigentliches Ausfuhrverbot von diesem Standpunkt aus, wie es ja jezt in Bezug auf Waffen angeordnet worden ist (laut Zeitungsberichten), zwekmässiger geschienen als eine Erhöhung des Ausfuhrzolles. Wie mir vorkam, würde dieses Procedere hier weit weniger Anstoss gefunden haben. Man darf, wo es sich um solche Fragen bei Kriegszeiten handelt, Pferde wohl mit Waffen auf die gleiche Linie stellen. Sie sind für Kriegszweke nicht selten ebenso wichtig. [...]3

1
Rapport politique: E 2300 Paris 19.
2
Cf. RO VIII, p. 201.
3
Suivent des informations sur les réactions à la politique de Napoléon.