dodis.ch/41107 Le Chargé d’affaires de Suisse à Vienne, L. Steiger, au Président de la Confédération, M. Munzinger1

Ich danke Ihnen verbindlichst in Erwiederung der sehr verehrlichen Zuschrift vom 26ten des vergangenen Monates2 für die vertraulichen Mittheilungen welche Sie mir über die von dem eidgenössischen Geschäftsträger in Paris gemachten Berichte wegen der Äusserungen des Fürsten Schwarzenberg gegen M. de La Cour erstatten.3 Dieselben stehen allerdings in einigem Gegensatz zu meinen letzten Berichten und ich begreife recht wohl, das Ew. Excellenz die ganze Sache auffallend finden. Ich erlaube mir, auf meine Depesche vom 5ten des vergangenen Monates4 zurückzukommen und Sie werden finden, dass dieselbe in einigem Einklänge mit den Berichten des Herrn de La Cour sich befindet. Ich habe damals von der Unterredung des Fürsten Schwarzenberg mit dem französischen Gesandten Bericht erstattet und die Klagen angeführt, die der Fürst gegen den Kanton Tessin ausgesprochen hatte. Es scheint nach Allem anzunehmen dass der Fürst in bittereren Worten gegen M. de La Cour sich geäussert hatte, als der letztere sich gegen mich aussprach. Es war allerdings die Stimmung des österreichischen Ministerpräsidenten keine sehr günstige gegen die Schweiz und gerade damals schien sie eine sehr heftige gewesen zu sein; der drohende Sturm scheint sich jedoch einigermassen gelegt zu haben. Die letzte Unterredung des österreichischen Ministerpräsidenten mit dem französischen Gesandten, von welcher ich in meiner letzten Depesche Mittheilung zu machen die Ehre hatte5, begegnete sich auf einem viel friedlicheren Felde, und Fürst Schwarzenberg scheint seine Ansichten bedeutend geändert zu haben. Ich habe es schon zu verschiedenen Malen erwähnt, und es sind dies die öfters ausgesprochenen Ansichten des österreichischen Premiers, dass er dem Bundesrathe den besten Willen zutraut, jedoch nicht glaubt, dass er die Macht besitze, seinen Verordnungen überall Geltung zu verschaffen; es ist nicht zu läugnen, dass die Resistenz einzelner Kantone diesen Ansichten Geltung verschafft mag haben, aber ebenso günstig wird es auch wirken, wenn man den erlassenen Verordnungen mit aller Energie Nachdruck giebt und ohne Rücksicht auf den Lärm einzelner Partheigänger sie in Wirksamkeit setzt; ganz gewiss haben die letzten Verfügungen6 die günstige Reaction in der Gesinnung des Fürsten zur Grundlage und ihnen dürfte ein wesentlicher Einfluss auf dieselbe zu Grunde liegen. Das Kreisschreiben vom 25ten des vergangenen Monates7 kann diese vortheilhafte Wirkung nur erhöhen und ich habe, wie ich in meiner heutigen Depesche zu bemerken die Ehre hatte, den Herrn Unterstaatssekretair Baron Werner davon in Kenntnis gesetzt; derselbe war bereits davon unterrichtet, war jedoch angenehm berührt, als ich ihm mittheilte, dass, um den Bundesbeschlüssen volle Geltung zu verschaffen, man in der Person des Herrn Nationalraths Brosi einen Commissair nach dem Tessin abgesendet habe;8 er äusserte sich sehr anerkennend über diese Rücksicht. Ich suchte allerdings auf die vielen Gerüchte anzuspielen, allein er gieng nicht darauf ein, und da ich nicht den Schein auf mich laden wollte, als schenke ich denselben irgend einen Glauben, so liess ich das Thema fallen. Die heutigen Journale bringen, entnommen dem Journal des Débats, die erwähnte Depesche des französischen Gesandten und ich kann nicht läugnen, dass mich dieselbe wieder in einige Unruhe versetzte, da solche eine so entschiedene Absicht des österreichischen Kabinettes zu einer Intervention beurkundete. Ich musste an der Aufrichtigkeit des französischen Gesandten zweifeln, da seine letzte Mittheilung in so grossem Widerspruche mit seinem Berichte an die französische Regierung war. Ich stattete dem piemontesischen Gesandten meinen Besuch ab und hatte mit ihm eine längere Unterredung in dieser Angelegenheit. Er hob einen grossen Theil meiner Bedenklichkeiten und Besorgnisse, indem er mich versicherte, dass allerdings zu jener Zeit, als M. de La Cour den Bericht an seine Regierung absandte, die Stimmung des Fürsten eine sehr irritirte gegen die Schweiz und besonders gegen den Kanton Tessin gewesen sei! Diese Stimmung habe sich jedoch merklich gebessert und der Fürst sei anderer Ansicht geworden; er habe erst vorgestern mit ihm eine Unterredung gehabt und ihn viel beruhigter gefunden. Graf Revel äusserte sich allerdings, dass diese Stimmung sich wieder verändern könne und es sei deshalb die grösste Vorsicht nöthig. Man will nach seiner Äusserung das Schwert des Damokles über der Eidgenossenschaft schweben lassen, indem man befürchtet, dass sonst der gute Wille, welchen man jetzt in der Flüchtlingsfrage zeigt, leicht wieder einschlummern könnte. Er theilte mir zu gleicher Zeit mit, dass er Briefe von Paris habe, die grossen Befürchtungen Raum geben, allein er glaube, dass für den Augenblick diese Besorgnisse übertrieben seien und man mit mehr Ruhe der Zukunft entgegensehen könne. Er wollte wissen, dass man von österreichischer Seite beabsichtige, einen Aufsichts-Cordon gegen Tessin zu ziehen, um der Einschwärzung revolutionärer Schriften Schranken zu setzen; würde sich dieses verwirklichen, so wäre neuer Grund zu Besorgnissen vorhanden. Ich glaube, diese mir gemachten Äusserungen als ziemlich aufrichtig betrachten zu können, da solche im Einklänge mit denjenigen des französischen Gesandten stehen und Graf Revel wohl keinen Grund zu einer Täuschung gegen mich haben dürfte. Ich theile Ew. Excellenz diese Unterredung so viel als möglich genau nach dem Wortlaut mit und werde fortwährend bemüht sein, diese Angelegenheit zu überwachen; alles, was mir gelingt, zu erfahren, werde ich ohne Verzögerung bemüht sein, Ew. Excellenz mitzutheilen; ich bitte auch, mich von allen Vorkommnissen bestens unterrichtet zu halten. Ich erlaube mir, die Auszüge aus der Correspondenz von La Cour, wie sie in den heutigen Zeitungen enthalten ist, einzusenden.9

1
E 2300 Wien 4.
2
E 2200 Wien 1/38.
3
Le 23 février 1851, Barman avait écrit à Munzinger: M. Brenier m’a donné ensuite connaissance d’une lettre [...] qui a été écrite le 18 par le Ministre de France à Vienne [E. de La Cour], Voici le sens de ce que le Prince de Schwarzenberg lui a dit: «Les bonnes intentions du Conseil fédéral ne suffisent pas; le mauvais vouloir ou l’impuissance du Gouvernement du Tessin subsiste toujours. Ce canton est pour la Lombardie un danger réel et permament contre lequel nous devons nous prémunir. Nous ne voulons pas nous amuser à établir un cordon de troupes; nous en serions les dupes. Il n’y a de moyen efficace que l’occupation du Tessin et la France sera obligée d’en agir de même envers les cantons de Genève et de Vaud». Mr. Brenier ne pense pas que l’Autriche soit, dans le moment, en position de réaliser sa menace; il croit seulement que dans le désir d’en finir, comme on dit, avec le principe révolutionnaire, elle veut se réserver son heure et conserver un prétexte pour intervenir au moment jugé favorable (E 2300Paris 4).
4
Non reproduite.
5
Du 28 février 1851, non reproduite.
6
Cf. le PVCF du 15 février 1851 (E 1004 1/7, no 616).
7
No 105.
8
J. R. Brosi ayant refusé sa nomination, le Conseil fédéral désigne A. R. von Planta le 10 mars 1851 (E 1004 1/7, no 910).
9
Non reproduits.