dodis.ch/38504 Rundschreiben des Delegierten des Bundesrats für Handelsverträge, K. Jacobi1

GESPRÄCH MIT WELTBANKPRÄSIDENT MCNAMARA

Im Verlaufe der diesjährigen Jahresversammlung der Bretton Woods Organisationen wurde der Unterzeichnete von Weltbankpräsident McNamara empfangen2. Hauptthemen des Gesprächs bildeten ein allgemeiner tour d’horizon über Entwicklungsfragen sowie die Beziehungen zwischen der Weltbankgruppe und der Schweiz3. Im Vordergrund der letzteren steht die Möglichkeit einer Volksabstimmung über das schweizerische Darlehen von 200 Mio. Franken an die vierte Wiederaufstockung der IDA4, gegen welche bekanntlich das Referendum ergriffen wurde. Dessen Zustandekommen hätte zur Folge, dass erstmals in der Geschichte der Weltbank eine an sie gerichtete Beitragsleistung Gegenstand einer Volksabstimmung würde. Weltbankpräsident McNamara und seine Mitarbeiter sind dementsprechend am Ausgang dieser allfälligen Volksabstimmung sehr interessiert, insbesondere wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Haltung gegenüber der Weltbank auch seitens der übrigen Geberländer. McNamara ist nicht zuletzt im Zusammenhang mit der komplexen und heiklen Ausgangslage für die fünfte Wiederaufstockung der IDA, die im Zeichen eines nachlassenden Leistungswillens der traditionellen Geberländer sowie abnehmender Überschüsse der Erdölländer steht, über die bevorstehende Auseinandersetzung in unserem Lande besorgt.

In den kommenden Monaten gedenkt die Weltbank eine neue Anleihe in der Schweiz aufzunehmen. In welchem Ausmass aus dem Resultat deren Zeichnungen Rückschlüsse auf die Haltung unserer Bevölkerung in einer allfälligen Abstimmung über unsere Leistung an die IDA gezogen werden dürfen, ist unseres Erachtens eher fragwürdig, da die Kreise der Anleihenszeichner kaum als repräsentativ für eine derartige Volksabstimmung angesehen werden können. Immerhin dürfte der Erfolg einer Weltbankanleihe nach dem Zustandekommen des Referendums gegen die IDA-4 zeigen, dass das Vertrauen der schweizerischen Gläubiger in diese Institution weiterhin besteht.

1
Rundschreiben: CH-BAR#E7110#1986/24#301* (799.2.1.0). Gerichtet an F. Leutwiler, J. R. Lademann, E. Thalmann, R. Keller, J. Zwahlen, M. Heimo, Th. Raeber, R. Wilhelm, R. Bieri, B. Müller, H.- U. Ernst, D. Kaeser, die schweizerische Botschaft in Washington und die schweizerischen Missionen bei den Europäischen Gemeinschaften und bei der OECD. Kopie u. a. an P. R. Jolles, P. Languetin, R. Probst, F. Rothenbühler, A. Dunkel, Ph. Lévy, P. Saladin, H. Stingelin, J.-P. Béguin, O. Zosso und R. Imhoof.
2
Vgl. die Beilage, dodis.ch/38504.
3
Zu den Beziehungen der Schweiz zur Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 88, dodis.ch/38459 und Dok. 108, dodis.ch/38470.
4
Zur Diskussion dazu vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 72, dodis.ch/38499, bes. Anm. 4.