[dodis.ch/57865](https://dodis.ch/57865)Gespräche des Präsidenten Havel mit den Präsidenten der eidgenössischen Räte sowie weiteren ParlamentsabgeordnetenCZ-AMZV Teritoriální odbory – obyčejné, Švýcarsko, 1990, č. 108/2001.Diese Notiz wurde am 28. November 1990 per Fax von der Botschaft der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik in Bern an die für die Schweiz zuständige Territorialabteilung 2 des Aussenministeriums in Prag übermittelt. Zum Besuch des tschechoslowaksichen Präsidenten Václav Havel in der Schweiz vgl. auch DDS 1990, Dok. 54, [dodis.ch/55850](http://dodis.ch/55850).Empfang des Präsidenten der ČSFR im Schweizer Parlament[Bern,] 28. November 1990Am Empfang nahmen ungefähr 50 Abgeordnete, der Nationalratspräsident, sein Vizepräsident, der Ständeratspräsident und die Vorsitzenden der Aussenausschüsse beider Kammern teil.
Präsident Havel bedankte sich für die unermüdliche Unterstützung unserer ehemaligen Opposition im Kampf um die Menschenrechte und für die Aufnahme von ca. 20000 tschechoslowakischen Flüchtlingen in der Schweiz.
Er erinnerte daran, dass wir noch viele Probleme lösen müssen, bevor wir einen solchen Lebensstandard anstreben können, wie ihn die Schweiz aufweist. Trotzdem könnten wir an ihren reichen demokratischen Traditionen, dem föderalen System von Bund, unabhängigen Kantonen und Gemeinden ein Beispiel nehmen. Er forderte die versammelten Abgeordneten auf, unseren Fachleuten und Abgeordneten beim Sammeln von Erfahrungen behilflich zu sein.
Auf die Fragen der Abgeordneten sprach er über die Einrichtung eines KSZE-Sekretariats in Prag und was dies für die neue Tschechoslowakei bedeutet. Er erinnerte an die kriegerischen Konflikte in der Geschichte Mitteleuropas und skizzierte seine Vision neuer europäischen Systeme auf dem vereinigten Kontinent.
Auf die Frage, wie die Schweiz der sich entwickelnden Demokratie in der ČSFR helfen könne, informierte er über die neuen Rechtsgrundlagen, die eine funktionierende Marktwirtschaft erlauben und dadurch auch ausländische Firmen anziehen sollen. Er erläuterte den Bedarf eines kurzfristigen Finanzdarlehens bereits jetzt und das Interesse an umfangreicher Hilfe bei Erziehung, Ausbildung und Know-how.
Zur Zukunft des KSZE-Prozesses fügte er hinzu, jedes Volk strebe nach Eigenständigkeit. Der Westen habe diese Phase bereits durchlaufen, und der Osten solle sie möglichst schnell absolvieren, um an der europäischen Integration teilnehmen zu können. Er schloss die Eingliederung von mehreren Ländern in die KSZE nicht aus.